Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)
Wissenswertes über Unwissen
There are known knowns:
There are things we know that we know.
There are known unknowns: that is to say
there are things that we now know we don’t know.
But there are also unknown unknowns:
there are things we do not know we don’t know.
And each year we discover
a few more of those unknown unknowns
Donald Rumsfeld
Was ist Unwissen?
Wissenslücken entstehen gewöhnlich durch die alte Kulturtechnik des Vergessens. Auf deutlich weniger beschämende Art und Weise wird dieses Buch bei jedem Leser 42 zusätzliche Wissenslücken ausbilden. Jede einzelne davon ist eine Qualitätswissenslücke, an der nicht nur wir uns die Zähne ausbeißen, sondern auch der Rest der Menschheit samt vielen überdurchschnittlich intelligenten Forschern. Das Lexikon des Unwissens ist das erste Buch, nach dessen Lektüre man weniger weiß als zuvor – das aber auf hohem Niveau.
Stellt man sich den Erkenntnisstand der Menschheit als eine große Landkarte vor, so bildet das gesammelte Wissen die Landmassen dieser imaginären Welt. Das Unwissen verbirgt sich in den Meeren und Seen. Aufgabe der Wissenschaft ist es, die nassen Stellen auf der Landkarte zurückzudrängen. Das ist nicht einfach, manchmal tauchen an Stellen, die man schon lange trockengelegt glaubte, wieder neue Pfützen auf. Ein Beispiel ist die Frage, wann und durch wen Amerika besiedelt wurde: Sie galt mehr als ein halbes Jahrhundert als geklärt, ist seit einigen Jahren aber wegen neuer Funde wieder vollkommen offen. Forscher vermehren eben nicht nur das Wissen der Menschheit, sondern auch das Unwissen. So waren Ende des 19. Jahrhunderts viele Physiker davon überzeugt, die Welt vollständig erforscht zu haben und nur noch Detailfragen klären zu müssen. Bis sich durch Quantenmechanik und Relativitätstheorie herausstellte, dass sie einfach in vielerlei Hinsicht zu kurz gedacht hatten – ein riesiges neues Meer aus Unwissen schwappte heran.
Unwissen lässt sich nur entlang seiner Ränder beschreiben – indem man sich an den letzten Gewissheiten entlanghangelt. Ein Beitrag im Lexikon des Unwissen funktioniert daher, um zum Landkartenbild zurückzukehren, wie die Umrundung eines Sees: Man blickt von allen möglichen Perspektiven auf das Unbekannte, versinkt gelegentlich in sumpfigen Bereichen, läuft vielleicht einmal auf einem Steg etwas weiter hinaus, kann aber trotzdem nie sagen, was genau sich dort draußen verbirgt. Die Uferlinie zwischen Wissen und Nichtwissen ist dabei nicht eindeutig auszumachen, denn fast immer konkurrieren mehrere Theorien zur Lösung eines bestimmten Problems.
Das Unwissen, mit dem wir uns hier beschäftigen, muss drei Kriterien erfüllen: Es darf keine vorherrschende, von großen Teilen der Fachwelt akzeptierte Lösung des Problems geben, die nur noch in Detailfragen Nacharbeit erfordert. Das Problem muss aber zumindest so gründlich bearbeitet sein, dass es entlang seiner Ränder klar beschreibbar ist. Und es sollte sich um ein grundsätzlich lösbares Problem handeln. Viele offene Fragen aus der Geschichte etwa werden wir – wenn nicht doch noch jemand eine Zeitmaschine erfindet – nicht mehr beantworten können.
Die eingangs zitierte Beschreibung von Donald Rumsfeld wurde zu Unrecht häufig belacht, denn sie ist ein Meilenstein in der öffentlichen Darstellung des Unwissens. Demnach lässt sich Unwissen in zwei Kategorien einteilen, Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie nicht wissen, und Dinge, von denen wir nicht einmal wissen, dass wir sie nicht wissen. In diesem Buch kann es nur um die erste Kategorie, die «known unknowns», gehen, weil es zur zweiten zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sagen gibt.
Warum ausgerechnet Unwissen?
In Douglas Adams’ «Per Anhalter durch die Galaxis» entwickeln pandimensionale, hyperintelligente Wesen den Computer Deep Thought, der die Antwort auf die Frage nach «dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest» liefern soll. Siebeneinhalb Millionen Jahre später ist diese Antwort fertig berechnet und lautet «42». Erst jetzt wird Deep Thoughts Erbauern klar, dass sie gar nicht wissen, wie die Frage lautet. Bis die berechnet ist, dauert es weitere zehn Millionen Jahre. Daraus kann man zweierlei lernen: Erstens sollte man die Frage kennen, wenn man die Antwort verstehen will. Und zweitens ist es oft schwieriger, die richtige Frage zu stellen, als sie zu beantworten – dasselbe Phänomen kann man beobachten, wenn man unerfahrenen Google-Nutzern über die Schulter schaut.
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