Liaden 3: Gestrandet auf Vandar
verneigte sie sich noch einmal. Dann spürte sie, wie Val Con nach ihrer Hand griff und sich gemeinsam mit ihr vor den Zuhörern verbeugte. Sein emotionales Muster, das sie tief in ihrem Geist empfing, strahlte einen schier unglaublichen Glanz und Wärme aus.
In diesem Moment brach ein donnernder Applaus los, die Leute jubelten ihnen zu, und es dauerte lange, bis der Beifall abflaute.
Die Preisrichter waren von der Vorstellung bei Weitem nicht so begeistert wie das Publikum. Am Ende der ersten Runde stand das Schneewind Trio auf Platz zwei; und der Punktevorsprung der Siegergruppe, die, wie Zhena Wrand ihnen vorhergesagt hatte, so traditionell wie nur möglich auftrat, war gewaltig.
Die Zuhörer machten indes keinen Hehl, wem sie den Vorzug gaben. Das Schneewind Trio war ein großer Erfolg. Es bestand immer noch die Chance, dass sie in der zweiten Runde, nach der Pause, punktemäßig aufholten. Auf jeden Fall wurden sie von Fans umschwärmt, während sie durch den Saal gingen.
Hinterher stand Hakan mit einer Liste in der Hand da und las Kem, Miri und Val Con vor, welche Angebote man ihnen unterbreitet hatte. »Wir sollen auf dem Frühlingsfest in Laxom auftreten, drei Tage in einem Club, eine Nacht bei einem Konzert in der Festhalle. Dann gibt es ein Angebot für eine Tournee, aber davon halte ich nicht besonders viel. Meistens einmalige Auftritte in kleineren Clubs. Hier offeriert uns jemand einen Vertrag für ein ganzes Jahr: Auftritte an vier Abenden, drei Abende frei…«
»Hakan?«, unterbrach Miri ihn schließlich.
»Miri?«
»Sollten wir nicht lieber warten, bis der Winterjahrmarkt zu Ende ist, bevor wir irgendeine Entscheidung treffen? Noch haben wir nicht gesiegt. Wenn wir nicht auf Platz eins landen, kann sich der Wind eventuell schnell drehen, und man will uns vielleicht gar nicht mehr engagieren.«
»Aber ein paar dieser Leute wollen noch heute Abend eine Zusage von uns. Zhena Ovlia zum Beispiel…«
»Zhena Ovlia sollte erst einmal gutes Benehmen lernen«, mischte Kem sich unverhofft ein. »Ich finde, es ist schlechter Stil, jemanden in einer solchen Wettbewerbssituation zu bedrängen.«
Miri schmunzelte beifällig.
»Moment mal!«, hielt Hakan dagegen. »Sie meint es sicher nur gut, und wenn wir noch heute Abend verbindlich zusagen …«
»Wenn diese Leute wirklich so erpicht darauf sind, uns Angebote zu unterbreiten, dann können sie auch bis morgen auf unsere Entscheidung warten«, wandte Val Con ruhig ein. »Wir wissen erst nach der zweiten Runde, wo wir stehen … Ob wir unter den Preisträgern sind, ob wir den zweiten Platz behaupten können oder auf den dritten abrutschen. Morgen ist immer noch Zeit, um uns zu beraten. Wir sollten nichts überstürzen.«
»Das finde ich auch«, pflichtete Miri ihm bei. »Und jetzt mache ich mir Gedanken darüber, welche Stücke wir heute noch spielen.«
Auf einmal waren sich alle wieder einig. Gemeinsam zog man los, um zu beraten und zu proben.
Wieder wurde die Reihenfolge der Auftritte durch das Los bestimmt, und den größten Teil des Abends mussten sie sich mit der Rolle der Zuhörer begnügen; sie sollten als letzte Gruppe auftreten, gleich nach dem Trio, das in Führung lag.
»Cha’trez, hast du Lust auf einen kleinen Spaziergang?«, fragte Val Con, als die zweite Gruppe die Bühne betrat.
Miri blinzelte ihn an. »Ausgerechnet jetzt schlägst du einen Spaziergang vor? Wozu soll das gut sein?«
Er lachte leise. »Um deine innere Anspannung abzubauen. Du wirkst unglaublich verkrampft. Machst du dir Sorgen?«
»Ja, verdammt noch mal! Natürlich bin ich besorgt. Das wärst du auch, wenn du Nerven hättest wie ein normaler Sterblicher. Für mich ist das hier ganz neu. Ich habe noch nie vor so vielen Leuten gesungen, und jetzt ist der Saal noch viel voller als bei der ersten Runde. Ich habe Angst, dass ich meinen Text vergesse, dass auf einmal meine Stimme versagt, dass ich stolpere, wenn ich zum Mikrofon gehe und auf die Schnauze falle …«
Val Con nahm ihre Hand, um ihr Trost und Sicherheit zu geben. »Miri, du wirst deine Sache sehr gut machen. Du schaffst immer alles, was du dir vorgenommen hast. Warum traust du dir so wenig zu?«
Er lächelte sie zärtlich an und streckte die Hand aus, um ihr übers Haar zu streichen, ohne die schockierte Miene der Zhena zu sehen, die direkt hinter ihnen saß. »Du bist sehr talentiert, Cha’trez. Das weiß ich, denn ich sehe dich in meinem Geist, so wie du mich sehen kannst. Dass du vor einem
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