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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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wenig er eigentlich von seinem Kollegen wusste. Aus den Akten war ihm Steinrauschs Familiensituation zwar bekannt, doch sonst war ihm sein privates Umfeld völlig fremd. Er wusste nichts über seine Hobbys, Geburtstage oder auch Probleme.
    »Was machen Ihre Söhne?«, fragte er wie aus einem inneren Zwang heraus.
    »Tobias«, Steinrausch schaute ihn überrascht an, »das ist der Große, studiert an der FH Maschinenbau. Jonas macht erst nächstes Jahr Abitur am Friedrich-Spee-Gymnasium.«
    Lichthaus erinnerte sich dunkel daran, dass Steinrausch in Ehrang wohnte und hatte irgendwann einmal das dortige Schulzentrum wahrgenommen.
    »Er will zur Polizei. Ich habe ihm gesagt, er würde spinnen.«
    Lichthaus grinste. »Ich würde meiner Tochter ebenfalls abraten.«
    Sie fuhren über die Mosel und dann die Bitburger Straße hinauf, da das Kampftraining wegen des Wetters in eine Reithalle bei Aach verlegt worden war.
    »Meine Familie stammt eigentlich hier aus Pallien«, begann Steinrausch. »Mein Großvater ist in dem Haus geboren, das 1910 wegen der neuen Brücke abgerissen worden ist. Da steht jetzt der Brückenpfeiler. Er hat mir immer erzählt, wie er den Kaiser bei der Einweihung gesehen hat. Danach sind sie nach Ehrang gezogen, und da wohnen wir bis heute. Aufregend was?«
    Lichthaus zuckte die Schultern. Wieso entschuldigte Steinrausch sich für sein ruhiges Leben? Er war nicht der Karrieretyp wie Schröder, doch das machte ihn nur sympathischer.
    »Ich war heute Mittag mal auf der Homepage von dieser Vinland Gruppe, um mir die Wegbeschreibung runterzuladen«, er schaute Lichthaus an und grinste. »Die nehmen das alles sehr ernst und tun so, als wären sie fünfhundert Jahre zurückversetzt. Namensweihen, Bernsteinbohren und so ein Zeug, living history, also. Da gibt es auch Chatrooms zu allen möglichen Themen. Wie baue ich mir einen Schild, wie finde ich Gleichgesinnte und so weiter«, er schüttelte den Kopf. »Na ja, jedem Narren seine Kappe.«
    »Was denken Sie? Ist das so ein Sammelbecken für Spinner und Perverse?«
    »Den Äußerungen im Netz nach sind das ganz normale Typen. Mir kommt es ein bisschen so vor, als träumten sie von einer Zeit, die weniger kompliziert war als heute. Mann gegen Mann, Aufrichtigkeit und ehrlicher Wettbewerb. Kein Psychoscheiß, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Lichthaus nickte. »Auf jeden Fall sollten wir die Leute ernst nehmen, sonst kooperieren sie nicht.«
    Sie bogen ins Tal nach Aach ab und erreichten, nachdem Steinrausch sich zweimal verfahren hatte, über matschige Wege um kurz nach sieben die Reithalle. Der Hof war groß und gepflegt, doch die Halle war eines dieser hässlichen Dinger, die schnell aus Fertigteilen zusammengebaut worden waren. An die Eingangstür hatte irgendjemand einen Zettel geklebt: Heute Schwertkampftraining. Vor der Längsseite waren bereits einige Wagen geparkt, allesamt Geländefahrzeuge, wie Lichthaus feststellte. Wohl die modernen Turnierpferde. Einen Pajero konnte er leider nicht erkennen. Die Luft hier oben war vom Regen sauber gewaschen, und es roch wunderbar nach Pferden. Hinten auf der Koppel konnte man sie hören, dazwischen leise Befehle, es wurde also noch trainiert. Er blieb einen Augenblick stehen und atmete tief ein, als Steinrausch zu ihm trat und sich umblickte.
    »Hier könnte man sich wohlfühlen.«
    Lichthaus nickte und ging seufzend zur Tür. Als er sie aufzog, hörten sie das metallische Klirren von aufeinanderprallenden Waffen. In dem schmalen Gang war es muffig, und es roch nach altem Schweiß und Bohnerwachs. Links waren Umkleiden und Duschen, von einer funzeligen Birne beleuchtet, obwohl es draußen noch hell war, rechts ein karger Aufenthaltsraum mit Tischen und einer alten Einbauküche.
    Gerade als sie weiter in Richtung Halle gehen wollten, flog die Schwingtür auf und eine schwere Gestalt warf einen dunklen Schatten in den Flur. Der Mann war bärtig und sah mit dem kantigen Helm und den roten Haaren tatsächlich aus wie ein Wikinger. Seine Beine waren dick mit lederbewehrten Beinschonern gepolstert. Den Oberkörper bedeckte ein Kettenhemd, seine Handschuhe hielt er in der linken, sein Schwert in der rechten Hand. Er betrachtete sie einen Moment lang, dann ging er in die Küche. Die beiden folgten ihm.
    »Wenn ihr zuschauen wollt, geradeaus durch die Tür oder draußen durchs Tor.« Er warf Handschuhe und Schwert auf den Tisch, zog aus dem Kühlschank eine Flasche Bier und trank sie in einem Zug halb leer.
    »Da drin ist

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