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Wo die Wahrheit ruht

Wo die Wahrheit ruht

Titel: Wo die Wahrheit ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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PROLOG
    P oint Pleasant, Pennsylvania
13. Juni 1986
    “Was soll das heißen, sie ist tot?”
    Die beiden Männer standen unter einem mondlosen Nachthimmel. Sie waren Anfang zwanzig, kräftig gebaut und beinahe gleich groß. Obwohl sie die ganze Nacht gefeiert hatten, waren sie schlagartig wieder nüchtern.
    “Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?” Die Stimme des Mannes zitterte, als er sich durchs Haar fuhr. “Eben war noch alles okay! Und dann hat sie plötzlich aufgehört zu atmen. Von einer Minute auf die andere!”
    “Erzähl keinen Scheiß! Du hattest gerade noch Sex mit ihr, verdammt noch mal! Du musst doch wissen, was passiert ist. Während er dies sagte, warf er unablässig kurze, ängstliche Blicke zu dem Wagen hinüber, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. “Was hast du mit ihr angestellt?”
    “Nichts! Ich habe ihr nur ein paar Ohrfeigen verpasst, als sie anfing, nach mir zu schlagen. Ich wollte sie doch nur zur Ruhe bringen …” Er rang nach Atem. “Und dann ist sie mit dem Hinterkopf gegen die Tür geknallt.”
    “Oh Gott.”
    “Ich wollte sie nicht umbringen, ich schwör's dir.”
    “Vielleicht lebt sie ja noch.” Nachdem er endlich den Mut gefasst hatte zu handeln, ging einer der beiden zu dem alten Chevy Impala hinüber, der abseits der Straße parkte, und spähte hinein. Er schluckte, als er den leblosen Körper erblickte, der mit schlaff herabhängendem Arm ausgestreckt auf dem Rücksitz lag. Mühsam unterdrückte er die aufsteigende Übelkeit und öffnete die Tür.
    “Hey, was machst du denn da?”
    “Nachsehen, ob sie noch atmet.” Er beugte sich über den Körper des Mädchens, hielt ihr zwei Finger an den Hals und suchte nach ihrem Puls.
    “Und?”
    “Sie ist tot. Und wir stecken bis zum Hals in der Scheiße.” Panik stieg in ihm auf. Er lehnte sich gegen den Wagen und presste die Hände an die Schläfen. “Ich habe dir gleich gesagt, dass das eine blöde Idee ist, aber du wolltest ja nicht auf mich hören.”
    “Hey, erzähl doch keinen Mist. Als wir draußen standen und du darauf warten musstest, an die Reihe zu kommen, da warst du genauso scharf darauf, sie zu bumsen, wie ich.”
    “Ach, halt's Maul.”
    “Ich denk ja nicht daran. Du steckst da genauso tief mit drin.”
    “Du hast sie umgebracht, nicht ich.”
    “Und du hast sie in den Wagen gezerrt.”
    “Mir wird schlecht.” Kaum stand der kleinere der beiden Männer wieder auf seinen Beinen, begann er erneut zu wanken und presste seine Hände gegen den Bauch. “Was sollen wir jetzt nur tun?”, jammerte er.
    “Das Wichtigste zuerst …”
    “Das heißt?”
    “Wir müssen die Leiche loswerden.”
    Der Kleinere blickte sich suchend um. “Und wie?”
    “In den Fluss werfen?”
    “Bist du verrückt?” Seine Übelkeit machte ihm sichtlich zu schaffen. “Da werden die Bullen doch zuerst suchen. Und wenn sie erst einmal die Leiche haben, dann finden sie auch Spuren, da kannst du Gift drauf nehmen.”
    “Dann lass
du
dir doch was einfallen, Einstein.”
    Einen Augenblick war es still. Obwohl er krampfhaft versuchte, seinen revoltierenden Magen in den Griff zu bekommen, blickte er seinen Freund konzentriert an: “Sie ist getrampt, also hätte jeder sie aufgabeln können, stimmt's?”
    “Stimmt.”
    “Außerdem weiß jeder in der Stadt, dass sie eine kleine Ausreißerin ist. Als Fünfzehnjährige ist sie das erste Mal abgehauen und dann noch einmal mit siebzehn. Bis Tennessee hat sie es damals geschafft und sich dann noch eine geschlagene Woche dort rumgetrieben, bevor sie sich überhaupt bei ihren Eltern gemeldet hat.”
    “Worauf willst du hinaus?”
    “Niemand wird sonderlich überrascht sein, zu hören, dass sie es wieder getan hat. Erinnerst du dich? Polizeichef Baxter war letztes Mal ziemlich angepisst. Tagelang haben seine gesamte Polizeitruppe und über hundert Freiwillige die ganze Umgebung nach ihr abgesucht.”
    “Das heißt?”
    “Das heißt, dass sie sich dieses Mal vermutlich nicht gerade den Arsch aufreißen werden, um sie zu finden. Klar, sie müssen zwangsläufig die üblichen Schritte einleiten. Aber nach ein paar Tagen werden sie annehmen, dass die Streunerin wieder abgehauen ist und diesmal gar nicht zurückkommen will.”
    Endlich hatte auch sein Freund den Plan kapiert. “Und wir müssen sie nur irgendwo vergraben, wo niemand sie findet.”
    “Keine leichte Aufgabe.”
    “Kein Problem. Ich kenne genau den richtigen Platz dafür.”

1. KAPITEL
    B oston, Massachusetts

9.

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