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Lichtlos 2 (German Edition)

Lichtlos 2 (German Edition)

Titel: Lichtlos 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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getötet werde.
    Während ich mich in gebeugter Haltung voranbewege, Dunkelheit vor und hinter mir, die Pistole und die Taschenlampe umklammert halte und meine Hände fast auf dem Boden schleifen, komme ich mir vor wie ein Troll, abgesehen davon, dass ich natürlich keine Kinder fresse, eher wie Gollum denn wie ein Troll, Gollum, der den Hobbit Frodo in die Höhle der riesigen, spinnenartigen Kankra führt, abgesehen davon, dass ich mehr von Frodo als von Gollum an mir habe und eher geführt werde als führe, was heißt, dass ich derjenige bin, der gebissen, durch gesponnene Seidenfäden, die so unnachgiebig sind wie Draht, zurückgehalten und zur Seite gelegt werden wird, damit ich später, wenn es der Spinne gerade passt, bei lebendigem Leib verspeist werden kann.
    Es erstaunt mich einigermaßen, dass es dort keine Kankra gibt, und nachdem ich fast den ganzen Weg nach Mordor zurückgelegt habe und meine Waden von der Anstrengung schmerzen, mich in dieser Gorillahaltung voranzubewegen, erreiche ich das Ende des Tunnels. Eine eiserne Leiter führt zu einem offenen Einstiegsloch hinauf, durch das das erste blassrote Licht des Morgens fällt.
    Als ich mich aus dem Schacht stemme, stehe ich in einer Betonmulde von einem Meter zwanzig Breite. Hinter mir führt nach Osten hin ein langer Hang zu Leitplanken und der Küstenstraße hinauf. Vor mir liegt die Landstraße, die zum Harmony Corner führt, vielleicht zweihundert Meter links von mir gelegen. Als die Nacht sich zum westlichen Horizont zurückzieht und die flamingofarbene Dämmerung einen größeren Teil des Himmels überströmt, kann ich die malerische Raststätte sehen, den Diner, wo etliche Fahrzeuge geparkt sind, da der Ansturm zum Frühstück beginnt, aber nicht die Bungalows zwischen den schützenden Bäumen.
    Falls mich einer der Harmonys zufällig sehen sollte, bin ich so weit entfernt, dass er nicht wissen wird, wer ich bin.
    Das Brummen eines Motors lenkt meine Aufmerksamkeit auf das offene Einstiegsloch, wo sich eine Reihe von Edelstahlkeilen plötzlich vom Rand aus zur Mitte bewegen und so ineinandergreifen, dass sich dort wohl ein wasserdichtes Siegel bilden muss. Ich würde gern glauben, dass ich irgendwo einen Freund habe. Aber stattdessen bereitet mir das Gefühl Sorgen, dass ich nicht etwa Beistand erhalte, sondern manipuliert werde.
    Jeder Angehörige der Familie Harmony ist ein Gefangener, aber auch eine Waffe, die von Hiskott gegen mich eingesetzt werden kann. Ich bin einer. Sie sind viele. Während der Frühschicht muss vielleicht ein Drittel von ihnen im Familienbetrieb arbeiten, doch die anderen stehen zur Verfügung, um nach mir zu suchen und Hiskott zu beschützen, was sie tun müssen, weil ihnen gar nichts anderes übrig bleibt; wenn sie es wagen, sich ihm zu widersetzen, insbesondere in einer Krisensituation wie dieser, wird er sie dafür benutzen, ein paar weitere aus ihren eigenen Reihen abzuschlachten.
    Ich will keinem von ihnen etwas antun. Unter den derzeitigen Umständen kann ich nicht an so vielen vorbeischleichen und zu dem Haus gelangen, in dem sich Norris Hiskott einquartiert hat. Daher ist es erforderlich, die Umstände zu verändern.
    Im Norden liegt die Kreuzung der Landstraße mit der Abfahrt von der Küstenstraße. Als ich darauf zugehe, stecke ich die kleine Taschenlampe ein und klemme die Pistole unter meinen Gürtel, an meinen Unterleib, zwischen dem T-Shirt und dem Sweatshirt.
    Hundert Meter vor der Kreuzung bleibe ich stehen, lasse mich auf ein Knie sinken und warte auf dem Seitenstreifen der Fahrbahn.
    Innerhalb von einer Minute taucht ein Ford Explorer am oberen Ende der Ausfahrt auf.
    Ich hebe einen kleinen Stein auf und tue so, als faszinierte er mich genug, um ihn genauer zu untersuchen. Vielleicht ist es ein kleiner Goldklumpen, oder vielleicht hat die Natur durch die Witterung ein auf wundersame Weise detailliertes Porträt von Jesus hineingeritzt.
    Der Explorer verlangsamt am Stoppschild, gleitet, ohne vollständig anzuhalten, über die Kreuzung, biegt nach links ab und fährt mit erhöhter Geschwindigkeit an mir vorbei.
    Als zwei Minuten später ein Sattelschlepper am oberen Ende der Ausfahrt aufragt, lasse ich den Stein fallen und erhebe mich.
    Was ich jetzt vorhabe, ist schlimm. Es ist nicht so schrecklich, wie beispielsweise eine Milliarde Dollar aus der Investmentfirma herauszuziehen, die man leitet, und sie zu unterschlagen. Es ist auch nicht so schlimm, wie ein Beamter im öffentlichen Dienst zu sein, der

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