Lichtschwester
unsicher, während sie noch suchend in ihrem Schulheft blätterte - sie hätte sich dafür ohrfeigen können, daß sie so in den Tag hineingeträumt hatte! »Also, mit Arsen und Silber ... ja?« bohrte Storos weiter. »Ja, hm, also ...«
»Colin«, schnitt Storos ihr das Wort ab, »was meinst du denn?« »Ja, mit Arsen und Silber«, erwiderte Colin selbstsicher und warf Terri einen triumphierenden Blick zu. Und da fühlte sie, wie ihr das Blut in die Wangen schoß.
Storos sah Colin mit hochgezogener Braue an. »Stimmt genau. Einen Troll tötet man am besten mit in Arsen getauchten Silber-pfeilen.« Dann rieb er sich mit dem Finger seine lange, gebogene Nase. »Und warum ist das so?«
»Warum ?« fragte Colin verblüfft. »Meister ... was meinst du mit >warum«
»Ich will wissen: warum mit Silber und mit Arsen? Warum nicht mit Gold und Arsen oder mit Silber und Quecksilber? Warum?«
»Nun, ich nehme an ... oh, das ist eben so. Das weiß doch jeder.«
Colin sah aus, als ob er am liebsten irgendwo weit fort gewesen wäre - nur nicht in diesem Klassenzimmer-, und ließ seine Augen nervös hin und her huschen. Terri wußte die Antwort, traute sich aber nicht, sich jetzt zu melden.
Da kniff Storos mißmutig die Augen zusammen, wandte sich an einen anderen Jungen und wiederholte ungeduldig: »Warum?« Der sah nur vor sich auf den Boden und versuchte nicht einmal zu antworten ... Nach einer Minute vergeblichen Wartens fragte Storos den nächsten und den nächsten, aber stets mit demselben Resultat.
Endlich schlug er mit der Faust auf den Tisch und musterte seine Schüler einen nach dem anderen. Terri machte sich ganz klein auf ihrem Stuhl und wäre am liebsten unsichtbar geworden.
»Oh, ich sehe, hier in meinem Klassenzimmer sitzen keine Schüler, sondern lauter Schafsköpfe!« sagte Storos sodann in leisem, aber schneidendem Ton. »Schafsköpfe, die ohne alle Überlegung tun, was man ihnen sagt.« Er verschränkte kühl die Arme über der Brust und starrte einen nach dem anderen tadelnd an. »Also, warum versuchen wir es nicht erneut?! Ich stelle euch Fragen, und ihr werdet sie mir nicht nur beantworten, sondern mir eure Antworten auch hübsch begründen!«
Da überfiel er sie, wie ein auf seine Beute herabstoßender Falke, mit vielerlei Fragen. Und wenn ein Schüler eine nicht beantworten konnte, stellte er sie dem nächsten und dem nächsten, bis er eine befriedigende Antwort samt Begründung erhalten hatte ... Und dabei sparte er keinen aus.
Als endlich die Pausenglocke erklang und alle erleichtert von den Plätzen aufstehen wollten, gebot ihnen Storos mit hoch erhobenen Händen, noch sitzenzubleiben.
»Ich werde in den nächsten Tagen nicht hier sein«, verkündete er. Da blickten die Schüler einander vielsagend an. »Ihr bekommt eine Vertretung, glaubt aber ja nicht, daß ihr faulenzen könnt ... Mein Stellvertreter weiß, was er zu tun hat!« Er zog einen Mundwinkel hoch. »Und wenn ich zurück bin, will ich hier Zauberlehrlinge vor mir sehen und keine Schafsköpfe mehr.« Sprach's und schritt mit wehendem Umhang hinaus. Da entspannte sich alles sichtlich. Es hob ein großes Palaver an. Terri fühlte sich ganz erschöpft und ausgepumpt. Sie klappte ihr Buch zu und wollte schon aufbrechen, als ein Gesprächsfetzen, den sie zufällig auffing, sie innehalten und neugierig zuhören ließ.
»Nun ist es soweit«, sagte Dugan eben zu einigen der Jungs. »Wenn wir ihm folgen wollen, dann heute nachmittag. Wer übernimmt das?« Während er sich nun fragend in der Runde umsah, machte sich Terri an ihrem Pult zu schaffen und spitzte dabei die Ohren. Wem denn folgen? fragte sie sich erstaunt.
»Colin, erzähle ihnen mal, wie das letztes Jahr abgelaufen ist.«
»Nun«, begann Colin, »ich wartete, bis Storos zum Schultor hinaus war, und schlich ihm dann einfach hinterher. Ich habe ein paarmal meine Spürzauber ausprobiert, leider vergeblich. Storos hatte zu viele Gegenmagien erstellt.« Nun zog er einen an seiner Halskette befestigten glatten, weißen Stein unterm Hemd hervor. Einige der Jungs pfiffen leise durch die Zähne. Da reckte Terri den Kopf, um einen Blick darauf werfen zu können. Keiner der Jungs schien sich ihrer Gegenwart bewußt ... sie hatten sie wohl völlig vergessen.
»Dies Amulett hat mir mein Bruder gegeben«, fuhr Colin fort. »Er möchte genauso gern wie wir wissen, wohin Storos einmal jährlich verschwindet.
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