Lichtschwester
Und mit diesem Stein sei es jedem ein leichtes, ihm zu folgen.«
»Ich verstehe das nicht. Warum müssen wir ihm denn überhaupt folgen?« fragte ein Junge, der am selben Tag wie Terri eingeschult worden war.
»Ihr wißt doch noch, was wir euch an Merkwürdigkeiten über Storos erzählt haben?« erwiderte Dugan. Da nickten die Jungs. »Also, ich glaube, daß sein jährlicher Ausflug etwas mit seiner wahren Natur zu tun hat. Denkt doch nur daran, daß Colin ihm im Vorjahr nicht folgen konnte!« Das ließe sich auch ganz anders erklären, dachte Terri. »Storos verbirgt etwas ... Und ich glaube, daß wir das, was er verbirgt, es sei was es sei, gut brauchen könnten. Vielleicht ist er ein Kobold, dann könnten wir an Zauberpfeile kommen. Oder an Gold, wenn er ein Drache ist ... Wer will ihm also nachgehen?« schloß Dugan drängend.
»Und es darf nur einer sein«, warnte Colin. »Wenn zu viele gin-gen... könnte man hier in der Schule Verdacht schöpfen.« Ein langes Schweigen war die Antwort. Alle Jungs überdachten den Plan und sahen einander immer wieder nachdenklich an, aber keiner tat den Mund auf.
»Ich werde gehen«, meldete sich Terri plötzlich und sehr zu ihrer eigenen Verblüffung - und alles fuhr zu ihr herum und starrte sie erschrocken an. »Ich meine, nun, ich habe meinem Vater immer beim Aufspüren von Tieren geholfen und war darin sehr gut, und mit ihm dürfte es wohl auch kaum schwieriger sein«, sprudelte sie hervor. Ihr Herz raste, und ihre Hände zitterten. Aber die Jungs protestierten sogleich: »Ein Mädchen kann das doch nicht!« riefen sie immer wieder.
Bis Colin die Hand hob, sie also zum Verstummen brachte, und dann Terri einen merkwürdigen Blick zuwarf. »Ich sage ... laßt sie es versuchen. Wir werden ja sehen, ob sie das schafft.« Dugan wollte Einspruch erheben - biß sich aber auf die Zunge, als er die große Erleichterung in den Gesichtern all der Jungs sah, und fügte sich achselzuckend.
Terri atmete erleichtert auf. Sie ließen sie also gehen. Ja, nun konnte sie ihnen beweisen, daß sie mehr war als nur ein Mädchen. Als sie sich umblickte, gewahrte sie, daß einige ihrer Mitschüler sie respektvoll ansahen. Da wußte sie, daß sie - was immer auch folgen mochte - gut daran getan hatte, sich freiwillig für diese Aufgabe zu melden. Denn jetzt wurde sie zum ersten Mal an dieser Schule nicht mehr als Mädchen behandelt. Später an jenem Nachmittag versteckte sie sich dann draußen beim Schultor und wartete auf Storos. Dabei befühlte sie immer wieder das Amulett, das ihr nun um den Hals hing. Colin hatte gesagt, es zeige durch Glühen an, wenn sie auf dem rechten Weg sei. Und sie hoffte inbrünstig, daß er damit recht habe. Es würde ja alles so viel leichter machen. Dann überprüfte sie - wohl zum zehnten Mal in dieser Stunde des Wartens - den Inhalt ihres Rucksacks. Alles war da: ihre Wegzehrung und ihr Schlafsack und, vor allem, ihr erstes Zauberbuch.
Endlich sah sie Storos durchs Schultor schreiten. Er hatte einen langen Spazierstock in der Hand und trug einen Knappsack über der Schulter. Terri blieb in ihrem Versteck hinter dem großen Felsen, bis er auf einem schmalen Pfad den Wald betreten hatte, und nahm die Verfolgung auf, als er außer Sicht war. Als sie den Waldweg erreichte, zog sie ihren Amulettstein hervor und beschrieb damit langsam einen Kreis um sich. Und tatsächlich: Er erglühte, wenn sie ihn in die Richtung hielt, in der Storos verschwunden war. Es funktionierte! Da lächelte Terri erleichtert und schritt, mit dem Amulett als Führer, tiefer in den Forst hinein.
Etwa eine Meile konnte sie Storos so leicht folgen, daß sie schon unruhig zu werden begann - vielleicht geht er ja bloß zum Markt, dachte sie, oder zu einem kranken Verwandten ... oder vielleicht haben diese Kerle mir nur einen Streich spielen wollen. Bei der Vorstellung, daß Dugan und seine Freunde sich nun über sie lustig machten, wurde sie so ärgerlich und dadurch so unvorsichtig, daß sie fast in eine Lichtung hineinspaziert wäre, in deren Mitte sie mit einemmal Storos, unbeweglich wie ein Vogel, stehen sah.
Da duckte sie sich schnell hinter ein paar Büsche und beobachtete ihn wie gebannt. Nach etwa einer Viertelstunde begann er, mit den Händen ein kompliziertes Muster in die Luft zu zeichnen und dazu ein Lied in einer ihr unbekannten Sprache zu singen. Er fing ganz leise an und sang immer lauter, so laut schließlich, daß sie sich die Ohren
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