Liebe
die Verabsolutierung von Liebe zu den Menschen und zur Welt weitergegeben. Diese Belastung der Seele der Tochter quält sie und ebenso das Mädchen. Ich will in einfachen Worten der Mutter das sagen, doch ich verspüre einen bohrenden Schmerz in der Schläfe. Die Seele ihres Kinds nimmt zu mir Kontakt auf und will eine Information übermitteln.
„Übermittle ihr, dass sie sterben wollte, als sie mit mir schwanger ging.“
Ich betrachte die Vergangenheit und sehe ein sehr starkes Selbstvernichtungsprogramm im fünften, sechsten, siebenten und achten Schwangerschaftsmonat. Verursacht wurde es durch Vorwürfe gegenüber dem Ehemann.
„Als Sie mit Ihrer Tochter schwanger waren, wollten Sie in der zweiten Hälfte Ihrer Schwangerschaft nicht mehr leben.“
„Nein, so war das nicht.“
„Aber Ihrem Mann haben Sie vieles übel genommen?“
„Ja, sehr heftig. Er hat in dieser Zeit getrunken.“
„Es ist so, dass die äußeren Vorwürfe gegen Ihren Mann in Ihr Inneres als Lebensunlust eingedrungen sind. Und dieses Programm, das in der Seele der Tochter verstärkt wurde, führte zum Tod des Mädchens. Analoge Emotionen haben Sie auch an die anderen Kinder weitergegeben.“
„Ja!“, nickt sie. „Mein zweites Kind wurde von einem Auto angefahren und blieb wie durch ein Wunder am Leben.“
„Reinigen Sie Ihre Seele“, wende ich mich an die Frau, „und beten Sie für die Nachkommen — die geborenen, die ungeborenen und die verstorbenen. Übrigens steht Ihrer Tochter bevor, in einigen Jahren erneut auf die Welt zu kommen. Und ihre künftigen gesundheitlichen Probleme nach ihrer Geburt haben sich auch auf Sie ausgewirkt. Je mehr Sie die Seele der Tochter reinigen, indem Sie Ihr ganzes Leben überprüfen und anstelle von Klagen das Gefühl der Liebe verspüren, desto leichter fallt es ihr, sich auf die kommende Geburt vorzubereiten und sie zu vollziehen.“
„Ihr zweites Buch hat bei mir ein bedrückendes Gefühl hervorgerufen“, beschwert sich eine Patientin. „Ein Empfinden von Ausweglosigkeit. Man kann nicht das ganze Leben in Reue verbringen. Ein normaler Mensch kann nicht ohne Kränkungen leben, wie sehr wir sie auch in uns unterdrücken. Und schließlich habe ich allen bereits verziehen. Sie aber sagen, dass in meinem Innern noch sehr viele Kränkungen sind.“
„Ich sehe, was Sie nicht sehen“, antworte ich. „Und glauben Sie mir: Die Seele ist bedeutend schwieriger zu reinigen als das Gewissen. Wer sagt, dass man nicht gekränkt sein darf? Doch die Kränkung darf man nicht unterdrücken. Egal wie stark die Kränkung äußerlich auch war, innerlich darf immer nur Liebe sein. In der Tiefe der Seele jedes Menschen ist Gott, und wir müssen ihn immer lieben. Und Reue ist nur der erste Schritt. Einen seicht gewordenen Teich muss man von Schlamm reinigen, bevor man reines Wasser hineinlässt. Doch Sie denken nur an den Schlamm.“
„Nun gut, dann sagen Sie bitte, wie ich mich bei Vorwürfen gegenüber meiner Umgebung verhalten soll, wenn man mir ständig Anlässe für Vorwürfe gibt?“
„Erstens ist es notwendig, die eigene Seele ständig durch Gedanken, Worte und Emotionen zu überzeugen, dass die Liebe zu Gott das höchste Glück ist. Sagen Sie neunzig Mal ,Ja’ und einmal ,Nein’, und Sie können dann alles von vom beginnen. Was die Vorwürfe betrifft. Den Vorwürfen geht die Furcht voraus, etwas zu verlieren. Jeder Mensch wird von Gott geleitet, und sein Verhalten soll Sie Gott näher bringen, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht. Versuchen Sie mit dem Empfinden zu leben, dass selbst der Ihnen nahe stehende Mensch Sie jede Sekunde verraten und kränken, sich mit Ihnen verzanken oder sterben kann. Anfangs wird es schwer sein, doch dann bleibt die Liebe und die Vorwürfe verschwinden.“
Dem jungen Mann in meiner Sprechstunde hatte ich erklärt, dass seine Minderwertigkeitskomplexe das Ergebnis innerer Überheblichkeit sind. Seine Seele sei auf Vollkommenheit, gewaltigen inneren Dünkel und Verachtung von Menschen orientiert. Deshalb demütigten ihn die Menschen und deshalb käme es zu Schicksalsschlägen.
„Kann, abgesehen von Beten, auch Fasten und Hungern helfen?“
„Natürlich. Abschalten vom üblichen Rhythmus des Umgangs, besondere Atemübungen und eingeschränkte Ernährung sind sehr hilfreich.“
Nach einiger Zeit kam er wieder in die Sprechstunde und begann zu berichten.
„Sofort als ich zu fasten begann, verspürte ich eine starke Verbesserung meines Gedächtnisses und
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