Liebe
bezogen wird?“, frage ich.
„Sicherlich, weil sie falsche Informationen geben?“, antwortet die Frau.
„Nein, weil sie genaue geben. Es ist gefährlich, die Zukunft zu kennen.“
„Gut, aber warum sagen Hellseher die Zukunft voraus und fühlen sich normal?“
„Erinnern Sie sich an die Geschichte: Krösus beschloss, Hellseher zu prüfen. Und nur eine Hellseherin sagte genau, was er in der genannten Zeit getan hatte. Krösus fragte, was geschehen würde, wenn er ins Nachbarreich einmarschieren würde. ,Du wirst ein großes Reich zerstören’, sagte die Hellseherin. Und ein Reich ging unter. Nur das war sein Reich. Orakel gaben nicht von ungefähr eine unbestimmte Antwort. Wir sind zu sehr von der Zukunft abhängig, sie schafft uns. Doch je klarer wir die Zukunft sehen, umso stärker ist die Versuchung, sie zum höchsten Ziel zu machen. Wenn der Mensch die Zukunft nicht kennt, begreift er, dass seine Liebe zu Gott und Ethik der beste Schutz sind. Je genauer der Mensch seine Zukunft kennt, umso größer ist die Versuchung, ohne sich selbst zu ändern sein Schicksal zu ändern. Und das endet beklagenswert. Deshalb ist es nicht jedem gegeben, die Zukunft zu kennen. Wenn Informationen gegeben werden, dann müssen sie eine Wahl zulassen. Und in Abhängigkeit von seiner richtigen Ausrichtung wählt der Mensch die wahrscheinlichere Variante aus. Oft erhalten Hellseher Informationen von irgendwelchen Wesen. Und die Verantwortung für die mitgeteilten Informationen wird auf die Hellseher übertragen. Hierbei gibt es einen Filter, den gefährliche Informationen nicht passieren. Wenn der Hellseher sich konkret äußert, dann fragt er entweder an, was dem Klienten gesagt werden kann, oder er spürt, welche Informationen gegeben werden können, oder er blockiert im Voraus Informationen, die dem Klienten schaden können, d. h. er nimmt sie einfach nicht entgegen. Sie haben ohne Filter gearbeitet. Es verhält sich so, dass eine ungenaue Information über die Zukunft, auch eine schlechte Information, für die Gesundheit des Klienten nicht allzu gefährlich ist. Manchmal ist sie sogar von Nutzen. Eine genaue Information kann jedoch den Menschen ruinieren. Und Sie haben eine solche Information gegeben. Wenn das Selbstvernichtungsprogramm, das in der Frau ausgelöst wurde, sie krank macht und ihren Kindern schadet, dann können Sie dafür mit Ihrer Gesundheit und dem Schicksal Ihrer Kinder büßen müssen. Mit dieser Handlung haben Sie Ihre Orientierung auf Vollkommenheit und Zukunft mehrfach verstärkt. Dementsprechend werden Ihnen sowohl Zukunft als auch Vollkommenheit genommen. Das erfolgt durch schwere Erkrankungen, Schicksalsschläge und Tod.“
Die Frau denkt nach.
„Gut, und was sagen Sie den Patienten, wenn Sie ihre Zukunft sehen?“
„Erstens sage ich ihnen niemals, was ich wirklich sehe, sondern spreche von Möglichkeiten: Es ist möglich — das bedeutet nicht, das es ganz bestimmt eintritt. Ich sage: Wenn Sie sich nicht ändern, kann Ihnen Folgendes passieren... Das heißt, der Mensch begreift, dass er seine Zukunft ändert, indem er sich ändert. Ich selbst untersage mir, die konkrete Zukunft zu sehen — das ist unethisch. Ich nenne ein Beispiel:
Im Ausland habe ich einen Vortrag gehalten. Neben mir saß die Dolmetscherin. In der Pause sagte sie zu mir: ,Ich habe eine Bitte an Sie. Schauen Sie nicht finster drein, wenn ich langsam übersetze.’ Ich war verwirrt, mir war das ihr gegenüber peinlich. Einige Tage später übermittelte mir ihr Schicksal unerwartet eine Information: ,Sie wird langsam und qualvoll sterben, wenn ihr Sohn nicht zur Welt kommt.’ Wir hatten eine gemeinsame Bekannte. Ich überlegte: Soll ich diese Information weitergeben oder nicht? Die Dolmetscherin war über dreißig, sie hatte offenbar bereits Kinder, außerdem war seitens des Schicksals kein Wunsch geäußert worden, die Information weiterzugeben.
,Weißt du’, sagte ich der Bekannten. ,Das Schicksal übermittelt, dass es für deine Freundin sinnvoll ist, ein Kind zu haben.’
Nach einigen Tagen sagte die Bekannte:
,Die Dolmetscherin lässt dir Dank sagen.’
,Wofür denn Dank.‘
,Vor vier Monaten hat sie geheiratet und lange überlegt, ob sie ein Kind haben soll oder nicht. Anfangs war sie der Auffassung, dass ein Kind ihrer Arbeit und ihren Plänen schaden würde, doch da übermittelst du plötzlich die Information. Sie hat sich für das Kind entschieden.’
,Die Information lautete anfangs bedeutend härter’,
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