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Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)

Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)

Titel: Liebe auf den zweiten Blick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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und ins Gefängnis kam, verloren wir unseren Ernährer. Ich musste auf die Bühne, damit wir überhaupt was zu essen bekamen. Bis dahin hatte ich ein behütetes Leben geführt. Die Erfahrung öffnete mir die Augen.«
    »Es tut mir aufrichtig leid, dass du und deine Mutter darunter leiden mussten …«, begann Clarissa, aber Molly war noch nicht fertig.
    »Es war alles umsonst«, fuhr sie fort. »Ich hab es für Mutter getan, aber sie starb an gebrochenem Herzen … nach dem Skandal um ihren geliebten Jeremy. Und dann starb er …« Sie schoss einen wütenden Blick zu Clarissa und fuhr mit sich überschlagender Stimme fort: »Sie haben die beiden auf dem Gewissen.«
    »Ich …«
    »Ich hab mir geschworen, dass ich es Ihnen irgendwann heimzahlen werde.«
    Clarissa betrachtete Molly mit Bestürzung in den Augen. »Und dann hast du all die Jahre darauf gewartet, dass du Vergeltung üben kannst.«
    »Ehrlich gesagt hab ich nie wirklich geglaubt, dass ich die Chance jemals bekommen würde«, räumte Molly ein. Sie nahm den Brieföffner vom Schreibtisch und spielte geistesabwesend damit herum. »Aber dann, zu Beginn der Saison, als Sie und Lydia und ein paar von Ihren blasierten Freunden ein Theaterstück besuchten, in dem ich mitspielte, war ich endlich am Zug.«
    Clarissas Augen weiteten sich verblüfft. »Ein Theaterstück? Ich bin erst einmal in meinem Leben im Theater gewesen. In einer Tragödie von Shakespeare, in meiner ersten Saison.« Sie überlegte krampfhaft, aber der Titel wollte ihr nicht einfallen. Sie hatte ohne ihre Brille sowieso nicht viel mitbekommen und war vor lauter Langeweile eingenickt. »Sie haben in diesem Stück mitgespielt?«
    Molly nickte. »Allerdings starb meine Rolle schon im ersten Akt. Als ich auf der Bühne die Tote mimte, sah ich Sie in einer der Logen sitzen. Ich hab mich dann heimlich aus der Garderobe ins Foyer geschlichen und Sie genauer in Augenschein genommen, damit ich mir auch ganz sicher sein konnte. Ich bekam mit, wie Lydia davon sprach, dass Sie eine neue Zofe bräuchten, weil Ihre alte nicht mehr mit nach London kommen wollte. Ich stand direkt hinter Ihnen, als sie unvermittelt zu mir herumschwenkten und sich umschauten. Sie haben mich direkt angesehen und mich nicht wiedererkannt. Da fiel mir auf, dass Sie Ihre Brille nicht trugen.«
    »Da hatte Lydia sie mir wohl schon weggenommen«, sagte Clarissa leise.
    Molly nickte. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich tätig geworden wäre, wenn mir das Schicksal nicht so deutlich die Hand gereicht hätte. Denn an dem besagten Abend kam ich müde und wütend nach Hause und wachte mitten in der Nacht davon auf, dass es nach Rauch roch. Es brannte. Ich schaffte es zwar, aus dem Fenster zu steigen, aber meine Sachen musste ich zurücklassen. Da ich in dem Feuer meine gesamte Habe verlor, musste ich mir schnell etwas zum Anziehen stibitzen. Bei Tagesanbruch sah ich, was ich mir von der Wäscheleine organisiert hatte. Ich trug die Uniform einer Zofe.« Sie lachte bellend auf. »Es schien mir ein Wink des Schicksals. Ich ließ alle in dem Glauben, dass ich in dem Feuer umgekommen wäre, und bewarb mich bei Ihnen um die Anstellung als Zofe.«
    »Hattest du denn gar keine Bedenken, dass dich jemand wiedererkennt?«, fragte Clarissa interessiert. »Nicht unbedingt ich, sondern jemand anders, Theatergäste oder so. Immerhin hattest du als Schauspielerin gearbeitet, da war dein Gesicht doch einem größeren Publikum bekannt.«
    »Nicht wirklich. Niemand kümmert sich groß um Bedienstete«, erwiderte Molly achselzuckend. »Ich hatte viel größere Bedenken, ob ich die Stelle überhaupt bekommen würde. Zumal ich keinen Schimmer hatte, was eine Zofe so alles macht. Ich muss wohl recht gut geschauspielert haben, denn schon am Nachmittag fing ich bei Ihnen an.«
    »Und dann begannen die Unfälle«, schloss Clarissa. »Dir hab ich es vermutlich zu verdanken, dass ich die Treppe hinuntergestürzt bin, oder?«
    »Stimmt. Sie sind gar nicht über Ihren Rocksaum gestolpert, sondern über meinen Schuh. Ich hab ihn schnell wieder angezogen und bin wie der Blitz zu Ihnen runtergestürmt, um nachzusehen, ob Sie sich bei dem Sturz was gebrochen hatten.«
    »Und die Sache mit der Kutsche?«
    Molly schüttelte den Kopf. »Das war wirklich ein Unfall. Damit hatte ich nichts zu tun.«
    »Die vergiftete Torte?«
    »Schätze mal, da hab ich zu wenig Gift genommen.«
    »Und wie war das mit dem Springbrunnen?«
    Molly biss ärgerlich die Kiefer aufeinander.

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