Liebe ist Finsternis (Valerie Dearborn) (German Edition)
den Grund dafür, dass Val das Kleid brauchte, verriet sie entweder nicht oder sie wusste ihn nicht. Die Modistin bezeichnete die Veranstaltung als Ball und die ganzen Ballkleider schienen diese Aussage zu unterstützen. Gigantische Prinzessinnenkleider, die Korsette erforderten, wurden ausgepackt.
Wenn eine Bauch-plättende Strumpfhose nicht ausreichte, war sie ehrlich gesagt nicht sicher, ob sie hingehen sollte. Für den Rest des Tages würde sie nichts mehr essen. Die Kleider waren maßgeschneidert für die Oscarverleihung oder die Golden Globe Awards, nicht für jemanden wie sie.
Da war sie wieder — die Unwirklichkeit ihrer Situation. Sie war ein normales Mädchen und er war... nun ja, tot.
Die Modistin begutachtete Val kritisch und entschied sich sofort gegen zahlreiche Kleider. Die Frau sagte, die Farbe harmonisiere nicht mit ihrem Haar oder Teint, wobei Val sich eher fragte, ob die Kleider stattdessen nicht mit ihrer Persönlichkeit harmonisierten. Es waren weiche Kleider, die von einer graziösen Frau getragen werden mussten. Val war nicht gut darin, graziös zu sein. Sie beherrschte hysterisch, wütend, lebhaft, verängstigt und gereizt perfekt.
Schließlich waren alle Kleidungsstücke und Accessoires ausgewählt. Die Ballkleider waren wieder eingepackt und weggeräumt, die Modistin mitsamt Assistenten wieder weggerauscht und Valerie war alleine. Sie trug ein tiefblaues Abendkleid in der Farbe des Ozeans und wartete auf Lucas.
Ihre Brüste wurde in dem Kleid nach oben gedrückt, ihre Taille in dem Korsett eingezwängt. Sie hatte es wirklich nicht nötig, so begehrenswert auszusehen.
Ein zusätzliches Accessoire war Val gegeben worden, das ihr bewusst machte, dass dies keine gewöhnliche Party sein würde. Es war eine kleine Handtasche, die an ihrem Handgelenk hing. Sie war aus schwarzem Samt mit eingewebtem Schwertlilienmuster und hatte vorne ein goldenes ,L‘ aufgestickt. Die Modistin hatte gesagt, es wäre, damit jeder wissen würden, zu wem sie gehörte.
Ohne Zeit zu verlieren, trug Val ihren Lippenstift auf und war ausgehbereit. Ihr Haar war zu einer Masse auf ihrem Kopf hochgesteckt, so dass ihr Nacken frei lag. Etwas, von dem sie dachte, dass es unglaublich dämlich sein könnte, aber die Assistentin der Modistin bestand darauf, dass es eine Notwendigkeit war.
Val dachte darüber nach, ihr Haar zu öffnen, aber sie war nicht sicher, ob sie wirklich so kleinlich sein sollte. Sie vermutete, dass von ihr größere Kompromisse erwartet werden würden, bevor die Nacht vorüber sein würde, also ließ sie ihr Haar in Ruhe und wartete.
Als es sechs Uhr schlug, sah sie aus dem Fenster und beobachtete die vorbeigehenden Leute, die durch den ewigen Regen eilten, um nach Hause zu kommen, wahrscheinlich zu einer Familie und einem heißen Abendessen. Ein kleiner Schwall von Macht zog über sie hinweg, wie Nadelstiche auf ihrer Haut. Sie drehte sich um und sah Lucas aus ihrem Schlafzimmer kommen, während eine große Hand die Manschetten seines strahlend weißen Hemdes befestigte. Du liebe Güte, er hätte in einem Magazin Model für alles von 50,000-Dollar-Uhren bis hin zu teurem Rasierwasser sein können.
Er trug einen schwarzen Smoking ohne Krawatte. Der Kragen war wieder geöffnet und sie konnte die Einbuchtung an seiner Kehle sehen, zu der ihre Augen wanderten, ohne dass sie es ändern konnte. Seine tiefblauen Augen hoben sich, und er nahm ihre Erscheinung in sich auf, an ihrem voluminösen Rock beginnend, über ihre eingeschnürte Taille und dann schnell zu ihrem Gesicht wandernd. Ihr fiel auf, dass das Abendkleid zu seinen Augen passte, und sie fragte sich, ob dies Absicht war. Er sah ihre Lippen an, und sie verspürte den Drang sie zu lecken, versuchte aber fieberhaft still zu halten.
Ein samtener Umhang lag über einem Arm. Er hielt ihn ihr auf, damit sie ihn umlegen konnte. Leicht lächelnd beobachtete er sie, als sie auf ihn zukam, und Valerie errötete und schaute weg. Er befestigte den Kragen an ihrem Nacken, rote Rubine glitzerten an der Spange.
Er warf ihr den Umhang um die Schultern, wie ein Matador, der einen Stier reizte. Ich möchte nicht das Tier sein .
Der Umhang war mit Pelz gefüttert und ihre Hände strichen rhythmisch über die Weichheit, im Versuch ihre Nerven zu beruhigen. Sie konnte sein Rasierwasser riechen und es kam ihr vor, als sei es genauso schwer und einhüllend wie der Umhang. Er war es, dieser maskuline Duft, der sie sich entspannt und nahezu berauscht fühlen
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