Liebe ist kein Beinbruch
paar Stunden in Sweetness, Georgia, sein, und es gab Schlimmeres, als die Zeit an der Seite eines ansehnlichen Mannes zu verbringen. Auch wenn er sie nur eingeladen hatte, weil …
Nikki runzelte die Stirn. Warum hatte er sie eingeladen?
Er lächelte und wirkte – falls das überhaupt möglich war – noch attraktiver.
Der Grund ist egal, sagte sie zu sich selbst, während sie die Treppe hinunterging. Sie konnte in den nächsten Stunden so tun, als würde er etwas in ihr sehen, das noch kein Mann zuvor in ihr erkannt hatte. Sweetness schuldete ihr einen traumhaften Abend.
„Fertig?“, fragte er.
„Fertig“, sagte sie.
Porter war erleichtert, dass das Wetter sich hielt. Doc Riley hatte die ganze Woche über behauptet, dass seine großen Zehen schmerzten, was bedeutete, dass es Regen geben würde. Aber das Letzte, was die Armstrongs wollten, war, dass ihre Gäste sahen, in was für ein hässliches Schlammloch dieser Ort sich verwandelte, wenn strömender Regen auf den roten Lehm traf.
Er war sich der zierlichen Frau neben ihm überdeutlich bewusst und versuchte diesen Ort mit ihren Augen zu betrachten. Es war ein wunderschöner Abend. Es duftete nach frisch gemähtem Gras, und die Insekten summten.
Dr. Salinger nieste und schlug mit der flachen Hand nach etwas in ihrem Nacken.
Er zuckte zusammen. Vielleicht war es doch nicht so schön, wenn man allergisch auf frisch gemähtes Gras war und Moskitos anzog. „Gott segne Sie.“ Er blieb stehen, angelte ein sauberes Taschentuch aus seiner Gesäßtasche und reichte es ihr.
„Danke“, erwiderte sie und putzte sich die Nase. „Warum sagen Südstaatler das?“
„Warum sagen wir was?“
„‚Gott segne Sie!‘, nachdem jemand geniest hat?“
Er lachte. „Ist das typisch für die Südstaaten?“ Dann zuckte er die Achseln. „Ich habe nie darüber nachgedacht. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“
„Sie sind mir nicht zu nahe getreten. Ich finde nur, dass es interessant ist, wie verschieden die Menschen und wie unterschiedlich die Sitten in den verschiedenen Teilen unseres Landes sind.“
Sie klang so sachlich, als würde sie eine wissenschaftliche Studie betreiben. Die kleine Frau Doktor klang … einsam. „Haben Sie Familie in Broadway?“
„Nein.“
„Woanders?“
„Nein.“
Eine Waise. „Das tut mir leid.“
„Ist ja nicht Ihre Schuld“, murmelte sie. „Ich war ein Einzelkind. Mein Vater starb, als ich noch sehr klein war, und meine Mutter, als ich die Highschool besuchte. Aber ich bin geliebt worden.“
Ich bin geliebt worden. Vergangenheit. Porters Herz zog sich zusammen. Und sie hatte ganz allein das College und die medizinische Fakultät gemeistert. Sehr beeindruckend! „Sosehr meine Brüder und ich uns auch manchmal streiten – ich könnte mir eine Welt ohne die beiden nicht vorstellen.“
„Sie können sich glücklich schätzen, einander zu haben. Leben Ihre Eltern noch?“
„Pop ist schon lange tot. Doch Mom ist so energiegeladen wie immer. Sie lebt nördlich von Atlanta.“
„Sind Sie dort aufgewachsen?“
Porter blieb stehen und sah sie in der nächtlichen Dunkelheit an. „Sie wissen es nicht?“
Sie blieb ebenfalls stehen. „Was soll ich wissen?“
„Sweetness ist die Stadt, in der meine Brüder und ich aufgewachsen sind. Vor zehn Jahren hat ein Tornado die Stadt komplett verwüstet.“
Das Mondlicht erhellte ihr Gesicht. Ihre erstaunlichen Augen weiteten sich. „Darum also wollen Sie die Stadt wieder aufbauen! Es ist … Ihre Heimat. “
Der Klang ihrer Stimme war ehrfürchtig. Und beinahe nei-disch. Plötzlich und vollkommen unerwartet war sein Hals wie zugeschnürt. „Das … das stimmt.“
„Ich habe mich in letzter Minute entschieden, mich der Frauengruppe anzuschließen. Ich schätze, ich habe das Kleingedruckte nicht gelesen.“
Als sie sich in Bewegung setzten, versuchte Porter sich auf das, was er gerade erfahren hatte, einen Reim zu machen. Dr. Salinger wirkte nicht wie eine Frau, die Entscheidungen in letzter Minute traf. Irgendetwas hatte sie zu diesem Schritt gezwungen. Eine Jobkündigung, eine Zwangsversteigerung … eine schlimme Trennung?
Ich bin geliebt worden.
Ein übereilter Aufbruch würde auch erklären, warum die meisten Frauen mit Tonnen von Gepäck und persönlichen Dingen angereist waren und Dr. Salinger mit nichts weiter als zwei kleinen Koffern hier aufgetaucht war. Zum Glück für ihn hatte sie lieber ihr mobiles Röntgengerät anstelle eines zusätzlichen Koffers mit
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