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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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gleich im Hof auspackte und, als er die Mutter sah, hinzufügte: »Mira Mamita todo lo que te trajé para Navidad, whisky, chocolate, pâte, perfume! Mamita, vamos a hacer la fiesta!«
    Aber die Alte hatte die Geschenke nicht einmal angesehen.
    Sie hatte sich Jo langsam genähert, sich vor ihm hingekniet, sein Gesicht in die Hände genommen, ihn mit Tränen in den Augen angesehen und ihm, beinahe in einem Kuss, so nahe waren ihre Lippen beieinander, zugeflüstert: »Está muerta Jo!« – »Sie ist tot!«
     
    ––– ¤ –––
     
    Zwei Tage zuvor war Régis gekommen, um die Geschenke ihres Bruders aus Miami zu bringen. Er hatte Nieve mit der Kleinen im Patio vorgefunden.
    Als er ihr verkündet hatte, dass Jo nach Paris geflogen war, hatte sich in Nieves Gesicht für einen Moment Panik breitgemacht.
    Aber er hatte dem keine große Beachtung geschenkt, denn er war in Eile gewesen.
    Dennoch hatte er genug Zeit gehabt, einen Mann zu bemerken, der, die Kleine auf dem Schoß, im Patio auf dem Mäuerchen saß.
    »Das war Reglitas Vater«, erklärte Mamita, während sie Jo, der kraftlos im Hof sitzen geblieben war, einen Whisky brachte.
    »Ein Schurke! Ein guajiro aus Oriente. Er hat sich aus dem Staub gemacht, noch bevor die Kleine geboren wurde, hat nie wieder von sich hören lassen, ist sie nie besuchen gekommen. Ich weiß nicht, welcher Scheißkerl ihm erzählt hat, dass Nieve mit einem Ausländer verlobt ist. Jedenfalls hat er angefangen, im Viertel rumzuschnüffeln. Und dann, eines Abends, das war vor zwei Tagen, stand er auf einmal vor der Tür.
    Nieve hat zu ihm gesagt, dass er verschwinden soll. Aber er hat sie erpresst, er hat die Kleine gestreichelt und ihr gedroht, dass er die Vaterschaft anerkennen würde, um zu verhindern, dass sie nach Europa gehen könne. Er wollte einfach nur Geld, das ist offensichtlich.
    Aber Nieve hat nicht nachgegeben und dann ist er gegangen.
    Am nächsten Tag kam er wieder. Also hat Nieve ihm vorgeschlagen, einen Rum trinken zu gehen. Sie dachte, es wäre falsch gewesen, sich am Abend vorher so aggressiv verhalten zu haben, immerhin ist er ja der Vater der Kleinen.
    Nach zwei Stunden kam sie wieder und bat mich, ihr Zöpfe einzuflechten. Ich habe nicht gewagt, ihr Fragen zu stellen.
    Sie ist an dem Abend nicht nach Hause gekommen. Ein Mädchen aus unserem Viertel hat mir erzählt, dass sie sie mit einem Ausländer gesehen hätte, in der Casa de la Música.
    Der Ausländer war offenbar fasziniert von Nieve. Sie haben stundenlang miteinander getanzt.
    Gestern Morgen kamen die Bullen und haben mir mitgeteilt, dass man sie unter einem Baum gefunden hat, auf dem Platz an der Ecke 42. und 25. Straße. Sie ist erwürgt worden. Sie konnten nicht sagen, ob sie vergewaltigt worden ist. Mit einem blöden Grinsen haben sie mir gesagt, dass man das bei Nutten nie wissen könne. Auf jeden Fall hatte sie viel Alkohol im Blut. Anscheinend war es ihnen scheißegal, dass sie nicht den geringsten Hinweis auf ihren Mörder hatten. Ich habe ihnen auch nichts von dem guajiro erzählt, was hätte das gebracht, sie ist ja ohnehin tot!«
    »Wo ist sie jetzt?«, fragte Jo und stürzte seinen dritten Whisky runter.
    »Im Leichenschauhaus.«
    »Wir fahren hin, Mamita! Lass die Kleine bei der Nachbarin.«
     
    ––– ¤ –––
     
    Da die Besuchszeit vorbei war, musste er dem Wächter zehn Dollar zahlen, damit er Nieves Schublade öffnete.
    »Diese Schweine!«, flüsterte Mamita weinend, »sie lassen sich sogar die Toten bezahlen!«
    In ihrer Eisenkiste schien Nieve zu schlafen. Ihre Zöpfe waren ordentlich geflochten, ihr Kleid unversehrt. Einen Kampf hatte es nicht gegeben, so viel war sicher.
    »Wie viel kostet es, sie anständig bestatten zu lassen, irgendwo, wo die Kleine sie später besuchen kann?«
    »Wir sind illegal hier, Jo! Ansonsten wäre es gratis.«
    »Man muss hundert Dollar rechnen, für eine provisorische Genehmigung auf dem Cristobal Colon«, sagte der Wächter. »Ich kann das für Sie arrangieren, kommen Sie morgen früh wieder.«
    Als er die Schublade schließen wollte, hielt die Alte ihn zurück.
    »Soll ich ihr nicht ihre Zöpfe aufmachen, bevor sie bestattet wird?«
    »Gern, Mamita, tu das. Das fände ich schön.«
    Zärtlich hatte die Alte Nieves Zöpfe aufgemacht und lange ihr Gesicht gestreichelt.
    Ohne die Zöpfe wirkte Nieve noch kindlicher, afrikanischer. Als Mamita fertig war, legte Jo seine Lippen auf die Stirn der Toten. Ihr Kopf war eiskalt, wie Leichen nun einmal

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