Liebe, unendlich wie das Meer
Du hättest ihn rausgeholt, oder? Deshalb hast du ihn ja gesucht. Weil du ihn retten wolltest.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ein Mörder verhält sich anders.“
Alex öffnete den Mund, sagte aber nichts. Immerhin nickte er ein wenig.
„Also hast du ihn nicht getötet“, wiederholte Cassandra fest. „Ganz gleich, was du für mich zu empfinden glaubst …“
„Ich weiß, was ich für dich empfinde. Ich liebe dich.“
Das stieß er mit so grimmigem Gesichtsausdruck hervor, dass sie nicht einen Moment daran zweifelte.
Er liebte sie wirklich.
Die Erkenntnis kam zu überraschend. Sprachlos starrte sie ihn an, unfähig, ein Wort herauszubringen.
Endlos schien sich das Schweigen zwischen ihnen zu dehnen. Hin- und hergerissen zwischen Ungläubigkeit und Glück, zerbrach sich Cass den Kopf, was sie jetzt sagen sollte.
Schließlich räusperte Alex sich und ging langsam zur Tür.
„Tut mir leid, dass ich dir das alles so vor die Füße gekippt habe“, sagte er beim Hinausgehen. „Ich wollte nur … dass du es weißt. Ich habe nicht erwartet, dass du es verstehst oder mir verzeihst. Aber ich wollte dir nie …“
Jetzt sag doch endlich was, du dumme Kuh, drängte ihre innere Stimme.
„Ich bin schwanger“, platzte sie heraus.
Das hielt ihn zumindest erst einmal auf. Bevor er sich wieder rühren konnte, sprang Cass auf, lief auf ihn zu und schlang die Arme um ihn.
Zuerst wirkte er wie vor den Kopf geschlagen, doch dann erwiderte er die Umarmung. Und als er sich wieder von ihr lösen wollte, hielt sie ihn mit aller Kraft fest.
„Ich liebe dich, Alex. Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich. Und du wirst Vater.“
Alex drehte sich auf die Seite und zog Cassandra dabei eng an sich. Er lege ihr die Hand auf den Bauch und strich zärtlich darüber. Das hatte er die ganze Nacht immer wieder getan, während sie ruhig in seinen Armen schlief. Das Glücksgefühl, das dabei jedes Mal in ihm aufstieg, war unermesslich.
Cassandra würde ihm ein Kind schenken. Und sie liebte ihn ebenso sehr, wie er sie liebte. Er hatte sie gebeten, seine Frau zu werden, und sie hatte Ja gesagt.
Auf einmal sah er das Gesicht seines Vaters vor sich, und er erinnerte sich an den Tag vor vielen Jahren, als sie zusammen auf dem Bootssteg gestanden hatten. Es war der Abend vor ihrem endgültigen Abschied gewesen. Alex hatte damals gedacht, dass er nach der Regatta in vier oder sechs Wochen zurück sein würde – doch sein Vater schien etwas geahnt zu haben.
„Weißt du, mein Sohn, das Leben führt einen an die unterschiedlichsten Orte, aber ganz gleich, was passiert, es ist gut, ein Zuhause zu haben. Ich hoffe, du weißt, dass du immer hierher zurückkommen kannst. Wir werden für dich da sein und auf dich warten.“
Damals hatte Alex mit der Arroganz der Jugend nur die Schultern gezuckt. Doch es war das letzte Mal gewesen, dass er seinen Vater lebend sah. Und seine Mutter. Er war zu beschäftigt gewesen, um sich noch einmal zu Hause blicken zu lassen, und vier Jahre später waren sie im See ertrunken.
Wieder stieg das Bild der furchtbaren Sturmnacht in ihm auf. Auch seinen Freund Reese hatte das Wasser verschlungen.
Während er zärtlich Cassandras Bauch streichelte, spürte er plötzlich, dass sich in ihm etwas veränderte.
Cass regte sich verschlafen und hob den Kopf. „Guten Morgen, mein … was ist passiert?“
„Ich gehe nicht mehr aufs Meer“, sagte er. „Ich werde nicht mehr segeln. Ich bleibe bei dir und unserem Kind.“
„Was? Du willst das Segeln aufgeben?“
„Ja.“
Sie wirkte erleichtert, aber gleichzeitig liebevoll besorgt. „Aber du liebst das Meer und …“
„Ich liebe dich“, unterbrach er sie und küsste sie. „Im Vergleich dazu ist der Sieg bei einer Regatta nichtig und leer. Nichts auf der Welt ist es wert, von dir getrennt zu sein. Nichts.“
Auf keinen Fall würde er sie und sein Kind sich selbst überlassen, während er auf den Weltmeeren herumsegelte. Er wollte nicht, dass sie sich ständig Sorgen um ihn machte. Auch seine Schwestern hatten das nicht verdient.
Ab jetzt würde er selbst über sein Leben bestimmen und sich nicht mehr dem Ehrgeiz unterwerfen.
Alex drückte Cassandra noch enger an sich und spürte ihre weiche Haut an seinem Körper. Ganz besonders an einer Stelle.
Sie lächelte verführerisch und rieb sich an ihm. Unglaublich, dass sie ihn schon wieder wollte. Aber beschweren würde er sich natürlich nicht …
Gerade wollte er sie noch einmal küssen, als ihm etwas
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