Liebe Unerwuenscht
Tassen Kaffee auf den Tisch stellte, an dem sie saß, eine zu ihr schob und sich an den Tisch setzte.
»Du?«
Jennifer lächelte. »Gut, dass ich mir die Versammlung nicht habe entgehen lassen.«
»Woher wusstest du?«
»Hausmann hat es mir gesagt. Schließlich musste er ja vorher wissen, ob ich seinem Vorschlag zustimmen würde. Er verlangte nicht wenig. Im Gegenzug musste ich versprechen, die Abteilungen für einen Zeitraum von drei Jahren zu bewahren und euch Gelegenheit zu geben, aus den roten Zahlen rauszukommen. Netterweise stellte er mir frei, ob ich an der plastischen Chirurgie festhalten will. Wenn ja, dann aber nur als Neubau.«
»Und wenn wir es in den drei Jahren nicht schaffen, die Zahlen zu bringen?«
»Dann bekomme ich Platz für meine plastische Chirurgie, beziehungsweise, sollte ich mich zum Neubau jetzt entschließen, mehr Platz. Aber ich glaube, ich warte lieber.«
»Weil du nicht daran glaubst, dass wir es schaffen?«
»Weil ich es mir zur Zeit nicht leisten kann. Das Risiko bei Hausmanns Lösung liegt mal wieder auf meiner Seite.«
Caroline lächelte. »Ist das nicht immer so? Du bist die Geschäftsfrau.«
Jennifer nickte langsam. »Ja, da hast du recht.«
Sie schwiegen eine Weile.
»Wie du da vorhin geredet hast, hätte man meinen können, du bist eine von meinen Leuten«, sagte Jennifer plötzlich.
»Dein schlechter Einfluss«, erwiderte Caroline trocken.
»Na, dann habe ich ja wenigstens etwas bei dir hinterlassen.« Jennifer zögerte. Überlegte, ob sie Caroline, hier und jetzt, sagen sollte, welch verwirrenden Gefühle sie beherrschten. Und dass sie immer neue Worte dafür fand. So wie in diesem Moment zum Beispiel. Einsamkeit, rief es in ihr. Ja, sie fühlte sich einsam. Zumindest würde sie das tun, sobald Caroline aufstand und ging.
Die Vielzahl der Worte, die es für dieses Gefühl für Caroline in ihr gab, verwunderten Jennifer nicht länger. Es war doch ganz logisch, dass ein Gefühl für eine solche Frau wie Caroline nicht mit einem Wort auskam. Schon gar nicht, wenn dieses Gefühl noch auf der Suche danach war, wo es eigentlich hinwollte.
Aber eines war sicher: Sie wollte mehr hinterlassen, als dass Caroline sie als Quelle ihrer neuen radikalen Ansichten sah.
Jennifer entschloss sich zu einem Vorstoß. »Ich habe eine Frage an dich.«
Caroline sah sie abwartend an. »Wie ist es in der Zwischenzeit um deine Schwäche für mich bestellt? Du erinnerst dich?« Die Worte kamen zögernd über Jennifers Lippen und sehr leise.
Ja, Caroline erinnerte sich an das Gespräch. Es war ja nun nicht gerade Ewigkeiten her. Damals hatte sie auf Jennifers Frage »Was willst du?« hilflos geantwortet »Keine Ahnung«, obwohl sie genau wusste, was sie wollte. Ihre Gedanken riefen, erschreckend klar, Jennifers Namen. Warum fragte Jennifer ausgerechnet jetzt danach? War sie etwa an dem bewussten Punkt angekommen?
»Caroline?« erinnerte Jennifer sie an die ausstehende Antwort.
»Warum willst du das wissen?« fragte sie dagegen.
Entmutigt brach Jennifer den Vorstoß ab. War doch sowieso unsinnig. Glaubte sie etwa, Caroline wolle hier, in der Kantine des Krankenhauses, irgendwelche Gefühle analysieren? Jennifer zog sich zurück. »Ach, nur so.«
Caroline stand auf. »Na dann, danke für den Kaffee.« – Nein, offenbar war Jennifer doch nicht an dem Punkt angekommen.
Jennifer saß in ihrem Wagen und haderte mit sich selbst. Hatte sie erwartet, Caroline sagte »Ich liebe dich«, und sie brauchte nur zu erwidern »Ich dich auch«?
Hättest du das gesagt?
Erst fehlt sie dir, dann sehnst du dich nach ihr, fühlst dich einsam ohne sie und nun . . . liebst du sie?
Jennifer fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Wie konnte sie so was denken? Mal ganz davon abgesehen: Caroline hatte nie gesagt, dass sie sie liebte.
Doch! Auf Mallorca in der Bar. Fast wie nebenbei. Du warst entsetzt, und Caroline bot dir ein anderes Wort dafür an. Und das war dir sehr recht. Damals.
Was war passiert? Was hatte sich geändert?
Jennifer überlegte angestrengt, kam aber auf nichts, was sie als auslösendes Ereignis benennen konnte. Dieses Gefühl hatte sich langsam eingeschlichen. Unauffällig. Als sie es bemerkt hatte, war alles schon zu spät gewesen.
»Zu spät? Wofür?« fragte Beatrice, zu der Jennifer gefahren war, um ihr ihr Leid zu klagen. »Doch nur dafür, sich mit dem zufriedenzugeben, was bisher dein Leben war. Sorry. Ich kann die Katastrophe nicht erkennen, von der du
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