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0263 - Wenn die Totengeister schreien

0263 - Wenn die Totengeister schreien

Titel: 0263 - Wenn die Totengeister schreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Sie wirbelte in das geräumige Wohnzimmer, hieb mit der flachen Hand auf den Lichtschalter und ließ sich in den Ledersessel fallen: Tief durchatmend streckte sie die Arme aus und lachte. Es war so schön, verliebt zu sein!
    Da sah sie den Schädel.
    Er lag auf dem Kaminsims. Und er sah erschreckend echt aus.
    Carmens Lachen riß ab. Wie war das Ding hierhergekommen? Hatte sich jemand vom Personal einen bösen Streich erlaubt? Oder vielleicht einer von Sir Glenns mißratenen Söhnchen?
    Da bewegte sich der Schädel. Klappte die Kiefer auf - und schrie!
    ***
    Sir Glenn Kyll, achtzehnter Earl of Ralbury, schreckt hoch. »Was, zum Teufel ist das denn schon wieder? Mister Pickfort! Mister Pickford!«
    »Glenn, man flucht nicht am heiligen Sonntag«, rügte Lady Mabel Gartling-Kyll, ehelich angetraute Haftverschärfung des achtzehnten Earls. Der maß sie mit einem strafenden Blick. Seine anerzogene Höflichkeit verbot ihm, seiner besseren Hälfte ein paar passende Worte zum Thema »heiliger Sonntag« zu sagen. Hatte er sie nicht erst vor zwei Wochen dabei erwischt, wie sie am heiligen Sonntag mit dem Reverend um Geld pokerte?
    Mister Pickford kam.
    Mister Pickford sah nicht nur aus wie der typische britische Butler, sondern er war es auch. »Sie geruhten zu rufen, Sir Glenn?«
    Der weißhaarige Earl nickte grimmig. »Haben Sie diesen infernalischen Schrei gehört, Mister Pickford?«
    »In der Tat, Sir.«
    »Dann schauen Sie nach, wer ihn von sich gab, aus welchem Grund, und belehren Sie besagte Person darüber, daß es heiliger Sonntag ist und Lady Mabel nicht in ihrer Andacht gestört zu werden wünscht.«
    »Wie Sie befehlen, Sir«, flüsterte Mister Pickford und rauschte davon.
    Der Schrei war, wenn er sich recht erinnerte, aus dem Gästetrakt von Ralbury Castle gekommen. Dort wohnte zur Zeit nur eine Person: die junge und überaus attraktive Carmen Visher. Sir Glenn hatte sie angestellt, um die riesige Bibliothek durchzusehen, zu entstauben und ein System in die gewaltige Sammlung zu bringen. Indessen ging der Butler mit Lady Mabel dahingehend konform, daß Miss Carmens fachliche Qualitäten nicht der einzige Grund für ihr Hiersein waren. Wie gesagt, sie war überaus attraktiv, und sie wußte ihre körperlichen Vorzüge durch entsprechende Kleidung noch zu betonen. Sehr zum Vergnügen Sir Glenns und zum äußersten Mißfallen seines Hausdrachens.
    Der Schrei entstammte aber keiner weiblichen Kehle, sondern…
    Mister Pickford hegte einen üblen Verdacht.
    Er klopfte laut an die äußere Tür der Zimmerflucht, ehe er trotz fehlender Aufforderung eintrat und gleich bis in den Wohnraum stakste. Da saß die hübsche Miss Carmen im Sessel, leicht vorgebeugt und verkrampft, starrte den Kamin an und rührte sich nicht.
    Zu Mister Pickfords Beruhigung war der Kamin recht normal.
    »Miss Carmen! Ist Ihnen nicht gut? Was ist geschehen? Wer schrie?« fragte der Butler besorgt. Aber erst, als er die Schultern des Mädchens berührte, löste sich der Krampf. Carmen Visher sah ihn an wie ein Gespenst.
    »Sie, Mister Pickford? Wie kommen Sie herein?«
    »Jemand schrie«, sagte der Butler ruhig. »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Der Schädel«, flüsterte sie. »Der Schädel hat geschrien. Da hat er gestanden, und jetzt - ist er weg!« Sie deutete anklagend auf den Kamin.
    Pickford schluckte. Sein Verdacht…
    »Sind Sie sicher, daß Sie keiner Täuschung unterlagen, Miss Carmen?« fragte er dennoch. Sie schüttelte nur den Kopf. »Mister Pickford, was bedeutet das? Wie kommt der Schädel in mein Zimmer? Und wie konnte er wieder verschwinden? Er sah so verdammt echt aus…«
    Pickford hätte ihr sagen können, daß der Schädel nicht nur echt aussah, sondern es auch war, aber er unterließ es. »Ich bin überzeugt, daß seine Lordschaft in Kürze mit Ihnen darüber sprechen und eine Erklärung abgeben wird«, sagte er. »Kann ich im Augenblick etwas für Sie tun?«
    »Finden Sie heraus, wer für diesen blödsinnigen Scherz verantwortlich ist!« verlangte sie. »Er hat mich zu Tode erschreckt!« Sie fühlte, wie sie wieder ruhiger wurde.
    »Sehr wohl. Wenn Sie etwas benötigen, läuten Sie bitte«, sagte Pickford und zog sich zurück.
    »Das ging ja schnell«, empfing ihn Sir Glenn im Rauchzimmer. Er selbst hütete sich, dem Nikotin zu verfallen, aber Lady Mabel paffte schwarze Havannas in rauhen Mengen. Da sie aber Gesellschaft brauchte, mußte der Earl notgedrungen den Qualm mit einatmen. Seit dreißig Jahren versuchte er ihr die Zigarren

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