Liebe Unerwuenscht
Wie sollte ich ahnen, dass das nicht vorbeigehen wird?« Caroline starrte auf Jennifer, die völlig durchnässt vor ihrer Tür im Regen stand und jetzt sagte: »Mein Leben ist der Horror. Ich kann nicht mehr ohne dich sein.«
»Und deshalb hast du beschlossen, dir den Tod zu holen?« Caroline zog Jennifer in den Schutz des Flurs. »Komm erst mal rein«, sagte sie dabei. »Und dann – erkläre mir, was dein Auftritt zu bedeuten hat.«
Jennifer stand tropfend da, strich sich durch ihr nasses Haar. Caroline schien ihr Geständnis irgendwie nicht registriert zu haben. Also noch mal von vorn, Jennifer.
Doch noch ehe sie loslegen konnte, hob Caroline die Hand und bedeutete ihr mitzukommen. Sie führte Jennifer ins Bad, nahm ein Handtuch aus dem Schrank, wickelte sie darin ein und begann sie notdürftig abzutrocknen. Jennifer ließ die Prozedur widerspruchslos über sich ergehen.
Nach zwei Minuten schien Caroline sie endlich für salonfähig zu halten. Sie hielt inne und lächelte sanft. »So, nun machst du mir wenigstens keine Wasserflecke aufs Sofa. Willst du einen Kaffee?«
»Nein. Ich will mit dir reden.«
Caroline ging ins Wohnzimmer, Jennifer folgte ihr.
»Ich höre«, sagte Caroline, während sie sich in einen der Sessel setzte. Jennifer nahm, wo sie doch nun extra dafür trockengerubbelt worden war, das Sofa. Sie war verwirrt. Ihr drängte sich der Eindruck auf, als wäre Caroline überhaupt nicht ein bisschen neugierig, warum sie gekommen war.
»Ich bin nicht mehr ich selbst«, sagte Jennifer leise, aber mit fester Stimme. »Ich kann es nicht leiden, wenn das so ist.«
»Dann tu was dagegen.«
»Ich bin ja gerade dabei«, erwiderte Jennifer gereizt. »Wenn du mir endlich mal richtig zuhören würdest.«
Caroline lächelte. »Ich höre dir zu. Aber ich höre nichts Neues.«
»Wie bitte? Nichts Neues? Ich sage dir gerade, dass ich mich ohne dich scheußlich fühle!«
»Und erwartest von mir, dass ich . . . was . . . tue?« Caroline sah Jennifer fragend an.
Die stöhnte verzweifelt auf. »Was soll ich denn noch sagen, damit du endlich kapierst, dass ich . . .« Jennifer sprang auf, suchte verzweifelt nach Worten. ». . . dass ich gegen jede meiner Überzeugungen in dich verliebt bin!«
Endlich war es heraus. Jennifer sah Caroline bange fragend an.
Caroline hatte es geahnt, als Jennifer im Regen vor ihrer Tür gestanden hatte. Es war soweit. Jennifer hatte den Punkt erreicht, ihr Gefühl den inneren Widerstand besiegt. Still sah Caroline Jennifer an, nach wie vor lächelnd. Dann stand sie auf und trat zu ihr. »Na? War das jetzt so schwer?«
Jennifer schaute sie verwirrt an. Was war denn das für eine Antwort? Was war das für eine Reaktion? Caroline zeigte nicht die geringste Überraschung. Dann begriff sie: Caroline war nicht überrascht. Sie hat gewusst, mit welchen Gefühlen du dich herumschlägst, aber nichts gesagt. »Du wusstest es?« fragte sie, mehr um sich die Bestätigung zu holen.
»Ich hatte so eine Ahnung.«
»Und hast nichts gesagt?«
»Hättest du es denn hören wollen?«
Verdutztes Schweigen. »Nein«, gab Jennifer dann zu. Sie hob die Hand, strich sanft über Carolines Gesicht. »Beinah beängstigend, wie gut du mich kennst.« Sie lächelte verschmitzt. »Ich weiß gar nicht, ob ich mich darauf einlassen soll. Mit einer Frau zusammen zu sein, die mich so leicht durchschaut. Ich meine, ist das nicht zum Nachteil in einer Beziehung? Ich kenne mich da nicht so aus.«
Caroline blinzelte irritiert. Auf Jennifers Geständnis ihre Gefühle angehend war sie innerlich vorbereitet gewesen, doch jetzt hatte Jennifer es geschafft, sie zu überraschen. Hatte sie wirklich »Beziehung« gesagt?
Jennifer gab Caroline einen flüchtigen Kuss auf den Mund. »Was ist los? Du sagst ja gar nichts.« Ein erneuter Kuss. »Alles in Ordnung?«
»Könntest du das bitte wiederholen?« fragte Caroline.
»Was meinst du?« stellte Jennifer sich dumm.
»Du weißt, was ich meine.«
»Nein«, beteuerte die.
»Jennifer! Meinst du das ernst? Bist du dir im klaren, worüber du sprichst?«
»Darüber, dass wir herausfinden müssen, wer morgens zuerst ins Bad darf?«
Caroline schüttelte ungläubig den Kopf. »Ja, zum Beispiel«, war alles, was sie sagen konnte.
»Nachdem wir herausgefunden haben, wo wir eigentlich wohnen wollen, natürlich. Bei dir oder bei mir«, fuhr Jennifer unbeirrt fort. Jetzt, da sie sich an die Vorstellung gewöhnt hatte, fand sie mehr und mehr Gefallen daran. »Ich
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