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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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aber es war eine leere Schönheit, wie bei einer Frau, die keine erotische Ausstrahlung besitzt; wunderbar sah er aus und alt, aber obwohl er noch immer regelmäßig ins Oberhaus ging, an den Zusammenkünften des Kronrats teilnahm, in vielen Ausschüssen saß und oft in der Liste der alljährlich zum Geburtstag des Königs mit Orden und Ehrungen Ausgezeichneten erschien, hätte er ebenso gut aus wunderbarem altem Pappkarton sein können.
    Lady Montdore hingegen war wirklich aus Fleisch und Blut, eine geborene Perrotte, die hübsche Tochter eines Landadeligen von geringem Vermögen und geringem Verdienst, sodass ihre Heirat mit Lord Montdore das, was sie vernünftigerweise je hatte erhoffen dürfen, weit übertraf. Während ihre Habgier, ihr Snobismus und ihre grobe Art mit der Zeit sprichwörtlich wurden und den Stoff zu mancher Legende lieferten, setzte sich bei den Leuten die Ansicht durch, Lady Montdore müsse entweder niedriger oder transatlantischer Herkunft sein, aber in Wirklichkeit war sie von untadelig vornehmer Abstammung und war ordnungsgemäß zu dem erzogen worden, was man »eine Dame« zu nennen pflegte; es gab also keine mildernden Umstände, und sie hätte es besser wissen müssen.
    Ohne Zweifel muss ihre vulgäre Art mit den Jahren immer deutlicher und ungehemmter zutage getreten sein. Aber ihr Gatte schien nichts davon zu bemerken, und die Ehe war ein Erfolg. Lady Montdore schob ihn bald auf das Gleis einer öffentlichen Karriere, deren Früchte er ohne übermäßig viel Arbeit genießen konnte, denn stets sorgte seine Gemahlin dafür, dass ihm ein Schwarm tatkräftiger Untergebener zur Seite stand, und obwohl er vorgab, das gesellige Leben zu verachten, welches andererseits dem Dasein von Lady Montdore erst wirklich seinen Sinn gab, fügte er sich doch sehr taktvoll ein, ließ seiner natürlichen Begabung für die gefällige Konversation ihren Lauf und nahm die Bewunderung der Leute entgegen wie etwas, das ihm ganz selbstverständlich zustand.
    »Ist Lord Montdore nicht wunderbar? Sonia ist natürlich unmöglich, aber er ist so brillant, ein Schatz, ich mag ihn wirklich.«
    Die Leute taten gern so, als würden sie allein seinetwegen in sein Haus kommen, aber das war völliger Unsinn, denn wenn es auf Lady Montdores Partys lebhaft und lustig zuging, so lag dies nicht an ihm, und so unausstehlich sie in vieler Hinsicht sein mochte – als Gastgeberin war sie unübertroffen.
    Kurz, sie waren glücklich miteinander und passten ausgezeichnet zusammen. Doch es gab ein Kümmernis, das sie während vieler Ehejahre tief betrübte: Sie hatten keine Kinder. Lord Montdore litt darunter, weil er sich naturgemäß einen Erben wünschte, außerdem auch aus eher gefühlsbestimmten Gründen. Lady Montdore litt noch heftiger. Zum einen, weil sie sich einen Erben wünschte, zum anderen aber auch, weil ihr jede Art von Versagen verhasst war, weil sie es nicht ertragen konnte, wenn ihr etwas nicht gelang, und außerdem sehnte sie sich nach einem Ding, auf das sie all jene Energien konzentrieren konnte, die weder von der Gesellschaft noch von der Karriere ihres Mannes in Anspruch genommen wurden. Sie waren schon beinahe zwanzig Jahre verheiratet und hatten den Gedanken an ein Kind längst aufgegeben, als sich Lady Montdore ein wenig unwohl zu fühlen begann. Sie achtete nicht weiter darauf, ging ihren gewohnten Geschäften nach und bemerkte erst zwei Monate vor der Geburt, dass ein Kind unterwegs war. Sie war allerdings so klug, sich gegen den Spott, den eine solche Lage oft auf sich zieht, mit der Behauptung abzuschirmen, sie habe das Geheimnis mit Absicht so lange für sich behalten, sodass schließlich kein allgemeines Gelächter losbrach, sondern jeder sagte: »Ist Sonia nicht absolut phänomenal?«
    Ich weiß dies alles, weil mein Onkel Davey Warbeck es mir erzählt hat. Er selbst hat während vieler Jahre die meisten der im Gesundheitslexikon verzeichneten Unpässlichkeiten durchlitten – oder genossen – und kennt sich im Klatsch und Tratsch der Privatkliniken gut aus.
    Dass es sich bei diesem Kind, als es dann zur Welt kam, um eine Tochter handelte, scheint die Montdores nicht bekümmert zu haben. Möglich, dass sie Polly zunächst gar nicht als Einzelkind ansahen, denn Lady Montdore war damals noch keine vierzig, und als ihnen im Laufe der Zeit klar wurde, dass sie kein weiteres Kind bekommen würden, da liebten sie Polly längst so sehr, dass der Gedanke, sie könnte auch anders sein, ein anderer Mensch, ein

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