Liebeserwachen in Virgin River
sie bei ihm und der brandneuen Firma angefangen hatte, war eins der Dinge, auf die sie am meisten stolz war, die Tatsache, dass sie vor nichts und niemandem zurückschreckte. Sie produzierten Software, die in der Vermögensverwaltung zum Einsatz kam – alles, von individuell angepassten Buchhaltungssystemen für Firmen bis hin zu Software für die Verwaltung der heimischen Finanzen. Einige ihrer Kunden waren Großkonzerne, die dem Unternehmen eine Menge Geld und viele Herausforderungen einbrachten. Allerdings ließ sich Jillian nie aus der Ruhe bringen und begegnete allem mit Mut und Einfallsreichtum. In ihrem Job konnten Katastrophen passieren, wie zum Beispiel eine Software, die nicht funktionierte, oder die Gefahr, einen Großkunden an die Konkurrenz zu verlieren. In der Öffentlichkeitsarbeit war es Jillians Aufgabe, stets für ein positives Image der Firma zu sorgen. Hin und wieder hatte es harte Zeiten gegeben, in denen die Zukunft des Unternehmens an einem seidenen Faden hing, aber auch da hatte Jillian nicht geweint. Sie hatte gekämpft !
Doch als Harry ihr jetzt sagte, dass er nach wie vor an sie glaubte, hätte sie beinahe die Beherrschung verloren. In dem Moment hätte sie tatsächlich am liebsten einfach geheult. Sie setzte sich gerade. „Was will er?“, fragte sie leise.
„Irgendeine Vereinbarung. Und deinen Rücktritt.“
Sie hob die Mappe mit dem belastenden Beweismaterial hoch. „Ist so ein Zeug überhaupt zulässig?“
„Beim Zivilgericht, sehr wahrscheinlich ja. Für die Zeitungen, auf jeden Fall.“
„Harry, ich habe gedacht, dass ihm etwas an mir liegt. Vorher hat er mich extrem lange angebaggert! Sollen wir ihn etwa damit durchkommen lassen?“
Harry beugte sich vor und faltete auf dem Schreibtisch die Hände. „Ich würde nichts lieber tun als kämpfen, Jill. In zehn Jahren hast du mir nicht den geringsten Hinweis geliefert, dass es dir an Professionalität, Loyalität und Ehrlichkeit mangeln könnte. Bislang hatte ich noch keine Angestellten, die länger und härter gearbeitet oder mehr von ihrem Privatleben geopfert hätten. Du gehörst zu meiner Familie! Solltest du eine Seite besitzen, die dazu fähig wäre, einen Mitarbeiter auszunutzen, habe ich nie etwas davon bemerkt. Entweder bin ich nicht in der Lage, den Charakter eines Menschen richtig einzuschätzen, oder dieser kleine Mistkerl hat uns alle getäuscht. Und falls ich tatsächlich über eine so schlechte Menschenkenntnis verfügen sollte, habe ich es dennoch geschafft, ein erfolgreiches Softwareunternehmen aufzubauen. Also, Fakt ist Folgendes: Wie es scheint, hat er sich gut vorbereitet. Wir hatten auch früher schon mit ähnlichen Vorfällen zu tun und konnten die Sache stets intern regeln. Die Personalabteilung und unsere Anwälte werden sich mit seiner Beschwerde und den Beweisen befassen und sich mit ihm zusammensetzen. Wenn sie zu dem Schluss gelangen, dass es sich potenziell nachteilig auswirken könnte, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit dir und der Firma ein Gerichtsprozess erspart bleibt. Denk bitte daran, dass wir zweitausendfünfhundert Angestellte haben, die nicht gezwungen sein sollten, das Risiko mit uns zu tragen. Es würde mich zwar maßlos ärgern, trotzdem könnte es sein, dass wir gezwungen sind, den Schaden zu begrenzen.“
„Und das bedeutet?“
„Im Moment möchte ich, dass du dir den Rest der Woche freinimmst. Du sollst aber in dem Wissen nach Hause gehen, dass ich alles machen werde, um dich und das Unternehmen in dieser Schlammschlacht zu schützen. Falls ich gezwungen sein sollte, ein Opfer zu bringen, Jill, werde ich dich nicht hängen lassen. Ich habe nicht vor, dich den Haien zum Fraß vorzuwerfen. Das Mindeste, was ich tun kann, ist dafür zu sorgen, dass bei jeglicher Einigung eine Vertraulichkeitsvereinbarung Priorität hat, sodass deine Zukunftsaussichten durch diesen Mist nicht beeinträchtigt sein werden. Die Hälfte meiner Konkurrenten ist doch eh schon seit fünf Jahren hinter dir her.“
„Aber ich habe meine Entscheidung vor langer Zeit getroffen und BSS gewählt.“
„Das weiß ich. Besorge dir einen Anwalt, Jill. Nur für den Fall, dass du einen brauchst. Steh das nicht alleine durch und verlass dich nicht auf mich, wenn ich für das Wohl einer ganzen Firma verantwortlich wird.“
„Wirst du ihm einen Haufen Geld zahlen?“
„Nicht, falls ich es vermeiden kann.“
Sie lachte kläglich und strich sich mit der Hand über den Mund. „Du hast mich reich
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