Liebesfee schießt quer
mit dem Kopf. Damit hatte sie sich noch nie auseinander gesetzt.
„Nun.
Ich verfüge zwar über außergewöhnliche Fähigkeiten, was die Entwicklung meiner
Zauberpfeile angeht, allerdings fehlt mir ein wenig die Kontrolle über sie.“
„Aha.“
Lila schnipste mit den Finger. Ihr war gerade so etwas wie eine Erleuchtung
gekommen. „Deshalb die Abwehrsysteme. Du hast einfach nur Angst, dass dir
jemand deine Pfeile klaut und damit besser umgehen könnte, als du.“
Amor
legte eine Hand ans Kinn und sah aus, als müsste er über diese Unterstellung
erst sehr genau nachdenken. Dann seufzte er abermals. „Möglich“, sagte er.
„Aber das spielt überhaupt keine Rolle. Ich werde immer der königliche Amor
sein und du nur eine kleine Liebesfee, die es vielleicht irgendwann einmal
schafft, ihre Prüfung zu bestehen. Vorausgesetzt, du hörst endlich mit all
diesen Dummheiten auf, die du dir ständig einfallen lässt.“
Schmollend
schob Lila die Unterlippe vor.
„Und
außerdem: Was soll das mit dieser Vorliebe für Feiertage? So ein Quatsch. Das
ganze Leben ist ein Fest. Du solltest jeden Tag feiern. So wie ich.“
Lila
verschränkte die Arme vor der Brust. Was sollte das denn nun werden? Eine
Moralpredigt von Partykönig Amor. Vermutlich war er einfach nur verrückt, und
sie hatte den richtigen Zeitpunkt verpasst, um sich aus dem Staub zu machen.
„Aber
dann hättest du das hier niemals von mir bekommen.“ Amor hielt plötzlich einen
himmelblauen Köcher in den Händen. Ein goldener Bogen und zwei passende Pfeile
steckten darin und funkelten um die Wette.
„Das
wird dein Problem lösen.“
Lila
zog die Augenbrauen zusammen. „Was denn für ein Problem?“
„Hugo
und Granata natürlich“, sagte er, als wäre es das Selbstverständlichste der
Welt. „Die beiden flüchtigen Seelen. Darum geht es hier doch. Solange sie nicht
gefangen in der Hölle schmoren, wirst du deinen Lui nicht wieder in die Arme
schließen oder irgendeinen Feiertag begehen können. Du wirst in Arabellas rosa
Zelle sitzen, lernen und warten müssen, auf eine Prüfung, die niemals kommen
wird.“
„Wie
meinst du das?“
„Arabella
und Luzifer werden es nicht schaffen, die Seelen einzufangen.“
Ohne
ein weiteres Wort reichte Amor ihr den Köcher. Sie wusste nicht, was ihn in
seiner Annahme so sicher machte. Vielleicht konnte er nicht nur Gedanken lesen,
sondern auch in die Zukunft sehen.
Es
war ihr vollkommen egal. Die Aussicht, mit Amors Pfeilen alles wieder in
Ordnung bringen zu können, genügte ihr. Nun konnte sie ihrem Lui zur Rettung
eilen und endlich die vielen feucht-fröhlichen Stunden nachholen, die sie in
den vergangenen Wochen und Monaten verpasst hatte.
„Danke“,
sagte sie und drückte Amor einen überschwänglichen Kuss auf die speckige Wange.
„Tausendmal danke.“
*
Viel
zu spät fiel Lila auf, dass sie Amor gar nicht danach gefragt hatte, wie die
Pfeile zu benutzen waren. Skeptisch betrachtete sie den Köcher, den sie auf dem
unbequemen Stuhl von Arabellas Strafzelle abgestellt hatte.
Lila
war gerade erst wieder angekommen, und überraschenderweise hatte niemand der
anderen Feen ihren kleinen Ausflug bemerkt. Alle taten beschäftigt. Niemand
schien die Zeit zu finden, sich über vernachlässigte Strafarbeiten zu
echauffieren. Dabei hatte Arabella bei ihrer Abreise strikte Anweisungen
erteilt. Nur wollte sich mittlerweile offenbar niemand mehr daran halten. Alles
lief eigenartig durcheinander.
Kurz
entschlossen zog Lila einen der goldenen Pfeile aus dem Köcher. Er summte
leise, als sie mit einem Finger an ihm entlang fuhr. Sie fand, dass es sich um
eine äußerst hübsche Liebeswaffe handelte. Eigentlich wäre es doch eine
Schande, sie für eine verdorbene Seele, wie die von Hugo oder Granata zu
verbraten. Obendrein wusste sie nicht einmal, wie genau sie damit umgehen
sollte.
„Na
ja.“ Mit einem Schulterzucken steckte sie den Pfeil zurück an seinen Platz. Sie
verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte, was sie nun mit ihrer
Errungenschaft anfangen sollte. Natürlich war ihr klar, dass sie sich
schleunigst auf den Weg hätte machen sollen, um Arabella und Luzifer beim Seelenfangen
zu helfen. Aber wo hielten sich die beiden auf und wie sollte sie es am besten
anstellen, um ein möglichst positives Ergebnis zu erzielen?
In
ihre Gedanken schlich sich ein höhnisches Lachen. Es war sehr leise, als käme
es von weit weg, doch es war eindeutig da.
„Amor?“,
fragte Lila und sah sich
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