Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Jungen schnell in die Wohnung, helfe ihnen, ihre Mäntel und Stiefel auszuziehen, biete ihnen heiße Schokolade an. Es gefällt mir, sie beide zu versorgen, als wären sie meine Söhne, Zwillinge, und als wir die süße Schokolade trinken, betrachte ich Jotam, seine Nähe macht meine Sehnsucht nach seinem Vater realer, gibt ihr eine Form, zwischen uns scheint eine körperliche Intimität zu entstehen, nur dadurch, dass ich seinen Sohn eingeladen habe, ihm zu essen und zu trinken gebe, ihm, zu Gilis Erstaunen, durch die Haare streiche und versuche, etwas mehr zu erfahren.
Wie geht es deiner Schwester, erkundige ich mich, ist sie auch krank? Und er sagt, nein, sie ist gesund, und dein Papa? Was ist mit deinem Papa? Mit Absicht präzisiere ich diese Frage nicht, und er sagt, Papa ist gesund, seine Zunge fährt über seine aufgesprungenen Lippen, an denen kleine Hautfetzen hängen, sein Gesicht zeigt einen ungewöhnlichen, fast ein wenig lächerlichen Ernst, und Gili drängt ihn, komm, gehen wir spielen, meine Mama hat mir ein Auto mit Fernbedienung geschenkt, und schon lassen sie das Auto durch die Wohnung fahren, stellen ihm Hindernisse in den Weg, lachen schadenfroh über seine blinden Bemühungen und die seines Fahrers mit dem schauerlichen Plastiklächeln auf dem Gesicht. Die Anwesenheit des neuen Jungen erfüllt die Wohnung, jede seiner Bewegungen ist bedeutungsvoll, denn sie ist Teil der Bewegungen seines Vaters, dieser etwas harten, verhaltenen Bewegungen, gegen seinen Sohn sieht meiner plötzlich so gewöhnlich aus, und ich stehe vor dem großen Fenster, vor dem wenigen Licht, das gegen die heraufkommende Dämmerung ankämpft, und lausche auf die innere Melodie, die immer lauter wird, warum kommt er nicht, ich bin jetzt doch fast seine Frau, ich versorge seinen Sohn, als wäre er mein eigener, warum nutzt er die Gelegenheit nicht? Ob er noch immer dort ist, in seinem bequemen Sessel vor den violetten Chiffongardinen, die vor den Fenstern wehen, er nickt teilnahmsvoll, mit leicht geöffnetem Mund, als hörte er mit den Lippen und nicht mit den Ohren, verteilt Rezepte an leidende Patienten und ignoriert mich, und ich beschließe, dort anzurufen, schließlich hat er mir damals die Nummer gegeben, hat sie eilig hinten auf das Rezept notiert, ich werde ihm sagen, dass er hier ein Pfand hat und dass er selbst kommen soll, um es abzuholen, und ich wähle rasch, bevor ich es mir anders überlegen kann, aber ich höre nur die kühle Stimme der Sekretärin, Dr. Schefer ist beschäftigt, sagt sie, hinterlassen Sie Ihre Nummer, er wird zurückrufen, und ich lege sofort auf, vielleicht wird er etwas später selbst abnehmen, wenn ich meine Nummer hinterlasse, muss ich warten, bis er anruft, und dazu habe ich keine Lust, ich möchte die Wirklichkeit verändern, nicht geduldig auf eine Veränderung warten.
Die Tatsache, dass sein Sohn in meiner Wohnung zu Gast ist, verleiht mir, obwohl er selbst so unerreichbar ist, einen plötzlichen Vorteil, Jotam ist meine Geisel, er ist mein Gefangener, angenommen, er würde jetzt hinfallen und sich verletzen, könnte ich seinen Vater sofort anrufen, sogar wenn er mitten in einer wichtigen Besprechung wäre, oder wenn er plötzlich Fieber bekäme oder sogar, wenn sie plötzlich anfangen würden zu streiten und Jotam unbedingt nach Hause wollte, ich gehe hinüber ins Kinderzimmer, dort sitzen sie beide auf dem Teppich und spielen mit den Playmobilfiguren, mein Bruder, mein Bruder, rufen die kleinen Figuren mit ihren Stimmen, und ich frage Jotam, hat dein Vater ein Handy? Ja, sagt er, klar, und ich sage, schön, weißt du die Nummer auswendig?
Klar weiß ich die, sagt er stolz, warum sollte ich sie nicht wissen, und ich hole schnell Zettel und Bleistift, doch dann gerät er plötzlich durcheinander, er murmelt Zahlen und zögert, man hört die Fragezeichen nach jeder Zahl, als wüsste ich die Nummer schon und wollte ihn nur prüfen, ich komme ein bisschen durcheinander mit der Nummer von zu Hause, gibt er verlegen zu, und ich versuche, ihm langsam die einzelnen Ziffern aus dem Mund zu ziehen, aber ohne Erfolg, bis ich ihn in Ruhe lasse.
Wozu brauchst du seine Nummer, Mama, fragt Gili, er schaut mich scharf an, und ich sage, falls Jotam heimgehen will, es ist doch besser, seine Mutter nicht zu stören, nicht wahr? Jotam protestiert, aber ich will noch gar nicht heimgehen, und ich sage schnell, natürlich nicht, ich habe die Nummer nur zur Sicherheit wissen wollen, ich lasse sie wieder ihre
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