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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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vernichtete das antike Volk, dessen Kunst erstaunlich komplex war, das den schnaubenden Stier im Bauch der Erde anbetete? Waren es mächtige Naturgewalten, eine Reihe von Erdbeben und Flutwellen, oder waren es Eindringlinge, die über das Meer oder vom Kontinent kamen, die Dorier mit ihren eisernen Dolchen, die Mykener, die ihre Inseln verließen, denn es mehren sich die Beweise, dass die Zivilisation auf Kreta weiter existierte, auch nachdem Thera von schwammigem, vulkanischem Tuffstein bedeckt worden war. Die Formen der Krüge änderten sich zwar, und es scheint, als hätte sich die Bevölkerung eher der Befestigung als der Kunst zugewandt, dem Schutz der Wasserquellen, doch während sie Menschen opferten, um die Natur zu versöhnen, kamen Eindringlinge und brachten Zerstörung über die reiche, hoch entwickelte Gesellschaft, über den ausgedehnten prachtvollen Palast, über die lebenden und die gemalten Gestalten, und unter ihnen die Pariserin, wehe denen, die am Meer wohnen, dem Volk der Kreter …
    Mittags, als ich den Schulhof betrete, rennt Gili überrascht auf mich zu, ein lausbubenhaftes Lächeln im Gesicht, Mama, warum holst du mich ab, heute bin ich doch bei Papa, hast du das vergessen, du bringst immer alles durcheinander. Es sieht so aus, als würde ihn mein Irrtum amüsieren, und ich muss zugeben, dass ich es nicht vergessen habe, ich bin gekommen, um Jotam abzuholen, weil sein Papa krank ist, und ich bin erleichtert, dass er diese Begründung als ganz natürlich hinnimmt, er bietet sich sogar an, Jotam zu holen, und zieht mich hinter sich her über den Hof. Meine Mama holt dich ab, verkündet er ihm fröhlich, und ich hänge mir Jotams Ranzen über die Schulter und erkläre ihm, dein Papa wartet zu Hause auf dich, er fühlt sich nicht wohl, sein verängstigtes und zugleich dankbares Gesicht rührt mein Herz, ich streiche ihm über die Haare, die wild gewachsen sind, verwische die Spuren der verunglückten Frisur.
    Hand in Hand gehen wir hinauf zu Majas Klasse, wir finden sie, allein in einer Ecke des großen Raums, wie sie nachdenklich ihre Hefte einpackt, keines der anderen Kinder spricht sie an, warum hat sie keine Freundinnen, überlege ich erstaunt, und mir wird bewusst, dass sie noch nie einen Gast mit nach Hause gebracht hat. Was ist passiert, fragt sie sofort, wo ist Papa, und ich sage, Papa wartet zu Hause auf euch, er fühlt sich nicht ganz wohl, mach dir keine Sorgen, und als wir das Schulhaus verlassen, werfe ich einen Blick über den Hof, um zu sehen, ob Amnon schon gekommen ist, und tatsächlich sehe ich ihn neben der Wippe stehen und sich angeregt mit einer der Mütter unterhalten, seine Handbewegungen sind lebhaft, und ich frage mich, wann er so gesellig geworden ist. Warte einen Moment, Mama, Gili rennt auf mich zu, winkt mit einem weißen Blatt, als hielte er eine Fahne in der Hand, und schreit, ich habe ein Bild für Oded gemalt, und ich gehe ihm entgegen, was für ein tolles Bild, verkünde ich, noch bevor ich die Figur erkenne, einen dicken lächelnden Teddy, hastig mit Kreide gemalt, ich weiß, dass Oded keine Teddys mag, sagt er ernst, aber mein Bild wird ihm gefallen, und ich verabschiede mich und verlasse den Hof, ohne Amnon zu grüßen, obwohl ich gern mit ihm gesprochen und ihn gefragt hätte, warum er damals, als wir uns zum ersten Mal trafen, Thera erwähnte, aber was spielt das jetzt für eine Rolle, es gibt keinen Weg zurück, es hat nie einen gegeben.
    Als wir durch das grün gestrichene Metalltor treten, auf dem ich eines Morgens, zu Beginn dieses Schuljahres, festsaß, gefangen zwischen Himmel und Erde, mit Blick auf die ausgeblichenen Rasenflächen und die Mülltonnen, greife ich nach den beiden Kindern, die schweigend neben mir hergehen, sie schmiegen sich dichter an mich, und gemeinsam überqueren wir die Straße zum Rabenpark, und obwohl Gili nicht dabei ist, habe ich das Gefühl einer erstaunlichen und unschuldigen Vollkommenheit, als könnte ich, indem ich diese zwei Scherben einer Familie zusammenfüge, auch meine eigenen Scherben richten, ausgerechnet jetzt, ohne meinen Sohn, ohne Oded, ausgerechnet jetzt, da ich mit diesen fast fremden Kindern allein bin, die die Schwäche ihrer Eltern spüren und sich an mir festhalten.
    Habt ihr Hunger, frage ich und schlage ihnen vor, uns vor den Kiosk auf die warmen Plastikstühle zu setzen, ich kaufe für sie Falafel im Fladenbrot und schaue ihnen vergnügt beim Essen zu, wie sehr Jotam seinem Vater ähnelt und Maja ihrer

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