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Liebhaber der Finsternis

Liebhaber der Finsternis

Titel: Liebhaber der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wäre dann endlich fort und er brauchte nicht länger gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Jedes aufgesetzte Lächeln, jedes unnötige Wort schmerzte und war angesichts seiner wahren Gemütsverfassung unerträglich.
    Wenn er an die vergangene Nacht dachte, konnte er sich kaum zusammenreißen. In ihm tobte ein nie gekannter Sturm. Er fühlte sich wie ein vom Hurrikan entwurzelter Baum, der nie wieder einen geeigneten
Platz fand, um erneut zu gedeihen. Seine Gedanken drehten sich nur um diese eine Sache. Er hatte gegen seinen Bruder verloren. Wenn er geglaubt hatte, sie liebte ihn, hatte er sich gewaltig geirrt. Er hatte sich nie in seinem Leben gewünscht, sterben zu können, aber jetzt dachte er immerzu daran. Gott, wenn sie doch endlich alle weg wären und er sich seiner Wut und Trauer hingeben könnte. Er war bemüht, seine Maske aufrecht zu halten, aber lange würde es ihm nicht mehr gelingen. Sie bröckelte an allen Ecken und Kanten und es genügte ein Windhauch, um sie wie Staub von seinem Gesicht zu wehen. Darunter war er nackt und verletzlich und so wollte er sich niemandem zeigen müssen.
    Das Bild der vergangenen Nacht tauchte immer wieder vor seinem inneren Auge auf. Leah mit seinem Bruder und dem Jungen. Er konnte sich vorstellen, wie sie es miteinander getrieben hatten. Schon einmal musste er es in ihren Gedanken lesen. Das Bild hatte sich für alle Zeiten unauslöschbar in seinem Gehirn verewigt.
    Er schlug die Wagentür zu und stieg die Stufen des Schlosses empor. Der Kies knirschte unter seinen Stiefeln, oder waren es die Zähne, die er so fest zusammenpresste, dass es wehtat? Von geistiger Erschöpfung geschwächt, zog er schwerfällig die Stiefel aus und ging die Stufen zu seinem Quartier hinauf. Das Wasser der Dusche war eiskalt und doch spürte er nicht das Geringste. Selbst als er auf heiß wechselte, regte sich nichts in seinem Inneren. Als er im Bett lag, hoffte er vergeblich, in einen erholsamen Schlaf zu fallen und nie wieder zu erwachen. Er wälzte sich hin und her, und als die Nacht erneut anbrach, hatte er nicht eine Sekunde lang geschlafen. Die Leere in seinem Inneren war so verzehrend, dass sie keinen Raum für etwas anderes ließ. Er hatte keinen Hunger und keinen Antrieb, aus dem Bett zu steigen. Er blieb liegen und starrte die Decke an. Selbst als Sam die Vorhänge aufzog und ihm einen guten Abend wünschte, regte sich nicht ein Hauch Verlangen, mit den anderen auf die Jagd zu gehen. Als er hörte, wie die Autos der Besucher abfuhren, hatte er kein schlechtes Gewissen, sie nicht verabschiedet zu haben. Einzig und allein die Pflicht, seinen Clanmitgliedern zu helfen, brachte ihn schließlich dazu, sich zu erheben. Seine Hände wuschen ihn automatisch und sein Spiegelbild sah ihm dumpf entgegen.
    Das Klopfen an der Tür versuchte er, zu ignorieren, doch Jeqon kam einfach herein und nahm ihn freundschaftlich in die Arme. Die Geste erwiderte er nicht, seine Arme hingen wie zwei Fremdkörper an seinem Leib hinab.
    Weder das Heulen des Windes noch der Schrei des Käuzchens drangen an sein Ohr. Es machte keinen Unterschied, wer oder was ihn umarmte, denn er spürte nichts. Ein lebender Toter, in einem schlechten, nicht endenden Theaterstück. Dabei war der letzte Vorhang längst gefallen, nur die Zuschauer wollten es nicht begreifen und forderten ihn immer wieder zu einer Zugabe auf. Als er die Bühne verlassen wollte, hielt ihn sein Freund zurück und drückte ihn auf einen Stuhl. Er ließ es ohne Gegenwehr geschehen. Corben wusste nicht, woher auf einmal der Brief in seinen Händen stammte. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen und es dauerte, bis er die wenigen Sätze entziffert hatte. In seinem ganzen Dasein hatte er niemals eine Träne vergossen. Es war ihm nicht bewusst, dass er überhaupt dazu in der Lage war. Jetzt aber spürte er etwas hinabtropfen. Blutige Säure verätzte das Papier in seinen Händen, ließ die Tinte in rotschwarzen Bächen vor seinen Augen zerfließen.
    Angewidert ließ er das Blatt zu Boden gleiten. „Wir müssen aufbrechen, Turel wartet auf uns“, sagte er erstickt und verließ den Raum. Er hörte noch Jeqons Seufzen.
    Unten warteten sie schon auf ihn. Er ignorierte ihre mitleidigen Blicke, aber das Grinsen seines Bruders konnte er nicht übersehen. Es riss ihn aus seiner Lethargie und ließ ihn zu einem blutrünstigen Monster mutieren. Als er auf Cian einschlug, war es wie eine Befreiung. Wie ein Flashover, der sich durch plötzlichen Sauerstoffeinbruch

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