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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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verblaßte, wenn er in die graue Ferne hineinstach. Das einzige Geräusch stammte vom Wind.
    »Und?« sagte er schließlich.
    »Befühlen Sie den Staub«, sagte ich. Diesmal gedachte ich mich nicht zu bücken. »Und wenn Sie wieder am Turm sind, zerdrücken Sie einen von meinen Mauersteinen und befühlen Sie das. Es ist dasselbe, eine Art pulvriger Asche.« Ich holte weit mit dem Arm aus. »Ich würde meinen, daß hier einmal eine Stadt gestanden hat, die nun ganz zu Staub zerfallen ist. Vielleicht war mein Turm ein Vorposten der Leute, die sie gebaut haben, verstehen Sie?«
    »Die verschwundenen Intelligenzwesen der Wälder«, sagte Gerry, immer noch lächelnd. »Nun, ich gebe zu, daß es auf den Inseln nichts dergleichen gibt. Aus einem guten Grund. Wir lassen Waldbrände nicht ungezügelt rasen.«
    »Waldbrand? Kommen Sie doch nicht damit ! Waldbrände verwandeln nicht alles in dünnen Staub, es gibt immer ein paar geschwärzte Stumpfe oder etwas in dieser Art.«
    »So? Vermutlich haben Sie recht. Aber alle die verfallenen Städte, die ich kenne, haben wenigstens noch ein paar Steine aufeinander liegen, damit die Touristen Aufnahmen machen können«, sagte Gerry. Der Lichtstrahl zuckte über den Staubhaufen hin und her und tat ihn als belanglos an. »Alles, was Sie haben, ist eine Menge Kehricht.«
    Crystal sagte nichts.
    Ich trat den Rückweg an, und sie folgten mir schweigend. Ich verlor mit jedem Augenblick an Boden; es war Idiotie gewesen, sie hierher zu führen. In diesem Augenblick beschäftigte mich nichts mehr als der Gedanke, so schnell wie möglich zu meinem Turm zurückzukehren, sie nach Port Jamison zurückzuschicken und mein Exildasein wieder aufzunehmen.
    Crystal hielt mich auf, als wir über den Hügel in den Blaumoos-Wald zurückgekehrt waren.
    »Johnny«, sagte sie.
    Ich blieb stehen, sie holten mich ein, Crys deutete mit dem Finger.
    »Machen Sie das Licht aus«, sagte ich zu Gerry. Im schwächeren Licht vom Moos war es leichter zu erkennen: das verschlungene, schillernde Netz einer Traumspinne, das von den tiefhängenden Ästen einer Pseudoeiche schräg herabführte. Die moosigen Stellen, die rings um uns sanft leuchteten, waren nichts dagegen; jede Netzfaser war so dick wie mein Kleinfinger, ölig und hell, überströmend von den Farben des Regenbogens.
    Crys trat einen Schritt darauf zu, aber ich griff nach ihrem Arm und hielt sie zurück.
    »Die Spinnen sind hier irgendwo«, sagte ich. »Geh nicht zu nah heran. Papa Spinne verläßt das Netz nie, und Mama klettert nachts in den Bäumen herum.«
    Gerry blickte ein wenig sorgenvoll nach oben. Seine Lampe blieb dunkel, und plötzlich schien er nicht mehr alles zu wissen. Die Traumspinnen sind gefährliche Raubtiere, und ich nahm an, daß er außerhalb eines Schaukastens noch nie eine gesehen hatte. Auf den Inseln gab es sie nicht.
    »Ziemlich großes Netz«, sagte er. »Die Spinnen müssen ordentlich groß sein.«
    »Ordentlich«, sagte ich und hatte sofort einen Einfall. Ich konnte es ihm erheblich unbehaglicher machen, wenn ein gewöhnliches Netz wie dieses ihn schon beunruhigte. Und er hatte mir den ganzen Abend Unbehagen bereitet.
    Wir gingen vorsichtig um das Netz herum, ohne einen seiner Bewacher zu sehen. Ich führte sie zur Spinnenkluft.
    Diese war ein großes V im sandigen Boden, früher vielleicht einmal ein Bachbett, aber jetzt trocken und überwuchert. Die Kluft ist bei Tag kaum sehr tief, aber bei Nacht sieht sie eindrucksvoll genug aus, wenn man von den bewaldeten Hängen auf beiden Seiten hinunterblickt. Der Grund ist ein dunkles Gewirr von Gestrüpp, belebt von kleinen, flackernden Phantomlichtern; höher hinauf neigen sich alle möglichen Bäume in den Einschnitt, um einander in der Mitte beinahe zu berühren. Ein Baum überbrückt die Spalte sogar. Ein uralter, verfaulender Dornpfeil, durch Mangel an Feuchtigkeit verdorrt, war vor langer Zeit umgestürzt und bildete eine natürliche Brücke. Die Brücke ist von Blaumoos überwuchert und leuchtet.
    Wir gingen hintereinander auf den schwach beleuchteten, gewölbten Stamm hinaus, und ich deutete hinunter.
    Mehrere Meter unter uns hing ein glitzerndes, vielfarbiges Netz von Hang zu Hang, jeder Strang des Geflechts war so dick wie ein Kabel und schimmernd von klebrigen Ölen. Es schnürte die unteren Bäume zu einer verkrümmten, verflochtenen Umarmung zusammen und bildete über der Schlucht ein glänzendes Zauberdach. Wunderschön; am liebsten hätte man die Hand ausgestreckt und

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