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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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ist. Wir sprachen oft darüber, während ich wieder zu Kräften kam, und was Crys mir erzählt, ist nicht das, woran ich mich erinnere. Sie sagt, wir hätten das Weibchen überhaupt nicht gesehen, bis es zu spät gewesen sei; daß es lautlos auf meinen Nacken herabgefallen sei, gerade, als ich den Pfeil abschoß, der das Männchen tötete. Dann habe sie, so sagt sie, das Weibchen mit der Stablampe zerschmettert, die Gerry ihr zum Halten gegeben hatte, und ich sei hinabgestürzt ins Netz.
    Ich habe tatsächlich eine Wunde an meinem Nacken, und keine an meinem Knöchel. Und was sie sagt, klingt wahr. Denn ich habe die Traumspinnen in den langsam verrinnenden Jahren seit jener Nacht kennengelernt, und ich weiß, daß die Weibchen verstohlene Mörderinnen sind, die sich auf ihr ahnungsloses Opfer herabfallen lassen. Sie stürzen nicht wie wutentbrannte Eisenhörner über umgestürzte Baumstämme; es ist nicht der Spinnen Art.
    Und weder Crystal noch Gerry haben irgendeine Erinnerung an ein blasses, geflügeltes Wesen, das im Netz gezappelt hätte.
    Dabei erinnere ich mich genau daran ... so, wie ich mich an die weibliche Spinne erinnere, die während der endlosen Jahre, in denen ich erstarrt dort stand, auf mich zuhuschte ... aber es heißt, daß der Biß einer Traumspinne seltsame Auswirkungen auf das Gemüt hat.
    Das könnte es natürlich sein.
    Manchmal, wenn Squirrel hinter mir die Treppe heraufkommt, die rußigen Mauersteine mit seinen acht weißen Beinen streifend, geht mir plötzlich auf, wie verkehrt das alles ist, und ich weiß, daß ich zu lange in den Träumen verweilt habe.
    Und doch sind die Träume oft besser als das Erwachen, die Geschichten um so vieles schöner als das Leben.
    Crystal kehrte nicht zu mir zurück, damals nicht und nie. Sie verließen mich, als ich gesund war. Und das Glück, das ich ihr mit der Entscheidung gebracht hatte, die keine war, und dem Opfer, das keines war, mein Geschenk an sie für immer – es hielt weniger als ein Jahr. Korbec berichte mir, daß sie und Gerry im Bösen auseinandergegangen sind und sie inzwischen Jamisons Welt verlassen hat.
    Ich denke, das ist Wahrheit genug, wenn man einem Mann wie Korbec glauben kann. Ich mache mir nicht allzuviele Gedanken darüber.
    Ich töte weiter Traumspinnen, trinke Wein, streichle Squirrel. Und jede Nacht ersteige ich diesen Aschenturm, um zu den fernen Lichtern hinüberzublicken.
     
    This Tower of Ashes«
Copyright, ©, 1976, by The Conde Nast Publications, Inc.
From Analog Annual (Pyramid, 1976).
     

Patrick Henry, Jupiter und das kleine Raumschiff aus Ziegelsteinen
     
     
    Die ›Flycaster‹ hatte mit nichts soviel Ähnlichkeit wiemit den Überresten eines Fisches, nachdem alles Eßbare entfernt worden war. Der Kopf war übriggeblieben; die kleine, abgekapselte Kabine. Und die Traube von Fusionsmotoren sah einem Schwanz ähnlich. Dazwischen befand sich nur das lange Skelett, ein wirres Gitter von Duralträgern und Instrumentenanlagen, der Kälte des Weltraumes geöffnet.
    Und dazu Vito, in der Nähe des Harpunengeschützes auf das Skelett geschnallt, damit er nicht davonschwebte, während Jan ihre Kreisbahn dem des alten Satelliten drunter anpaßte.
    Er betrachtete ihn durch die Sichtscheibe seines Helmes, während sie die Steuerung justierte. Dunkel vor dem blaugrünen Hintergrund der Erde sah er aus wie ein metallener Vogel, der die Sonnenzellen-Doppelpaddel wie silbrige Flügel hinausstreckte, fand Vito.
    Aber dieser Vogel flog leblos. Jan hatte eine Energiemessung vorgenommen, als sie nah genug herangekommen waren. Null.
    »Wir sind parallel«, sagte sie über den Helmfunk. »Gehört ganz dir.«
    »Verstanden«, erwiderte Vito. Er ließ die Zahlen schnell durch den Armbandcomputer laufen, der in seinen Raumanzug eingebaut war. Dann nickte er zufrieden und drehte die Kanone herum. Langsam und vorsichtig im Schwerelosen zog er sie zentimeterweise hinunter, bis die Zahlen im Visier mit denen übereinstimmten, die ihm der Computer geliefert hatte. Der Satellit war vom Fadenkreuz erfaßt.
    Wie immer zögerte er, als er die Finger im Handschuh um den Abzug legte. Er hatte Vertrauen in den Computer, aber bei der Harpunenkanone war er seiner Sache nicht so sicher. Sie stammte von einem abgewrackten Walfänger und war auf seine Anforderung von der Erde hochgeschossen und durch Jan auf der ›Flycaster‹ verschweißt worden. Vito hielt sie für noch klappriger als den Rest des Schiffes.
    So schloß er die Augen und drückte

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