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Lilienzucht (German Edition)

Lilienzucht (German Edition)

Titel: Lilienzucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Röbke
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1 Abgründe
     
    Leise seufzend lässt Josephine Mountsimmons sich auf der tiefroten Chaiselongue in ihrem Gästezimmer nieder, streift die beigefarbenen Pumps von den Füßen und legt ihre langen, schlanken Beine auf dem Polster ab.
    „Was für ein vergeudetes Wochenende!“, stellt sie übellaunig fest, während sie nach der Zeitschrift auf dem Beistelltisch greift, um sich ein wenig frische Luft zuzufächeln. „Hätte es nicht wenigstens ein bisschen weniger schwül sein können? Als ob dieses eingebildete Aristokratenpack da unten nicht schon Plage genug wäre...“
    Für einen Moment ärgert sie sich, dass sie sich zum Besuch dieses – ach so exklusiven – Poloturniers hat überreden lassen, doch schon im nächsten sieht sie das bettelnde Gesicht ihres Bruders vor sich und muss sich grinsend eingestehen, dass sie es ihm sowieso nicht abgeschlagen hätte, zumal er sie sonst aus den gesellschaftlichen Verpflichtungen der Familie nach Möglichkeit heraus hält. Gedankenverloren fährt sie sich durch die schulterlangen, kastanienbraunen Haare, die sich aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit inzwischen etwas kräuseln, während sie den Kopf matt auf der Lehne ablegt und tief einatmend die Augen schließt.
    Ein penetrantes Klingeln reißt sie plötzlich aus ihrer trägen Lethargie und lässt sie unwillkürlich aufschrecken.
    „Das kann eigentlich nur Justin sein.“, denkt sie gähnend und setzt sich ein wenig schwerfällig auf.
    Einen kurzen Moment überlegt sie noch, dann geht sie barfüßig zu dem altmodischen Apparat und hebt den für ihren Geschmack deutlich zu verschnörkelten Hörer ab.
    „Mountsimmons.“, meldet sie sich müde.
    „Hier auch, Schwesterchen.“, tönt es sonor am anderen Ende der Leitung. „Na, wie läuft es? Schon vollkommen entnervt?“
    „Es geht.“, antwortet Josephine seufzend. „Es ist nur so entsetzlich schwül; das Poloturnier musste sogar verschoben werden. Sie installieren gerade Flutlicht, sodass es heute Abend weiter gehen kann.“
    „Stimmt“, pflichtet Justin Mountsimmons bei, „die Hitze ist unerträglich. Man sollte meinen, es sei gar nicht möglich, dass es in England überhaupt so heiß werden kann. Eleonora kann sich kaum rühren.“
    „Wie geht es ihr?“, hakt Josephine besorgt nach. „Alles in Ordnung mit den Zwillingen?“
    „Ja, keine Sorge“, beruhigt sie ihr Bruder, „nur die Hitze und die Erkältung machen ihr schwer zu schaffen. Nora ist immer schon nach ein paar Schritten außer Atem und von daher praktisch zur Untätigkeit verdammt; entsprechend schlecht ist also ihre Laune.“
    „Kann ich verstehen. Umarm sie für mich und verwöhn sie ordentlich. – Dieses Wetter kann ja nicht ewig anhalten ... ebenso wenig wie die Schwangerschaft.“
    „Ich werde es ihr ausrichten.“, lacht Justin. „Ich schätze, sie wird froh sein, wenn sie die Geburt hinter sich hat und die Beiden endlich im Arm halten darf.“
    „Als ob es dir anders ginge!“, fügt Josephine grinsend hinzu. „Aber freut euch nicht zu früh, diese beiden süßen Monster werden euch nächtelang wach halten und euch vermutlich auch tagsüber noch terrorisieren.“
    „Woher willst du das wissen?“, stichelt Justin – vermutlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, „du hast doch gar keine Kinder. Nicht mal einen Freund.“
    Genervt schnaubt die junge Frau in den Hörer. „Jetzt fang du nicht auch noch wie Tante Elisabeth an; von wegen ‚schon 34 und immer noch keine passende Partie in Sicht’ und ‚Mädchen, wie sollen wir dich bloß an den Mann bringen?’...“
    „Na ja“, meint Justin trocken, „immerhin hat sie dich noch nicht aufgegeben, so wie der Großteil der restlichen Familie. – Aber nun mal zu der Sache, weshalb ich eigentlich anrufe.“, wechselt er abrupt das Thema. „Wie lief es?“
    „Alles schon geregelt. Die Leute, die du hier treffen wolltest, habe ich informiert, ihnen die Unterlagen übergeben und mich für dein Nichterscheinen ausgiebig entschuldigt. Und der Spendenscheck ist auch bereits abgeliefert.“
    „War irgendjemand verärgert? Ich meine, besonders Lord Durham...“
    „Keine Sorge“, unterbricht ihn Josephine, „alles in Ordnung. Die meisten hatten ohnehin Verständnis, dass du als Ehemann für deine schwangere Frau da bist, wenn sie dich braucht ... und Lord Durham musste ich es eigentlich auch nur erklären. – Es hat mich fast vier Stunden langweiligen Smalltalk gekostet, aber ich glaube, jetzt ist er beinahe ein Fan von dir.“ Sie

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