Lilienzucht (German Edition)
lacht leise bei der Erinnerung daran. „Er ist übrigens daraufhin heute Mittag abgereist mit der Entschuldigung, dass es ja nichts mehr zu besprechen gäbe und er sich auch mal wieder mehr um seine Familie kümmern sollte.“
„Wie es scheint, hast du ganze Arbeit geleistet. Ich danke dir, Schwesterlein. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich getan hätte.“
„Ja, ja.“, winkt Josephine ein wenig verlegen ab. „Schon gut. Auch wenn ich nicht sonderlich viel davon halte, wenn du Geschäftliches bei solchen Wohltätigkeitsveranstaltungen abwickelst. Ich finde es irgendwie unangemessen, wenn gleichzeitig für ein Kinderhospiz gesammelt wird.“
„Ich weiß. Darum bin ich dir ja umso dankbarer, dass du mich vertreten hast.“, sagt Justin ernst. „Außerdem war der Treffpunkt tatsächlich nicht meine Idee, sondern die von Lord Durham.“
„Seltsam“, meint Josephine nachdenklich, „dabei hatte ich den Eindruck, dass er heute gar nicht schnell genug hier weg kommen konnte... Aber was anderes: Du hattest Recht, es sind tatsächlich etliche neue Gesichter zu sehen gewesen heute. – Allerdings...“
Ein wenig besorgt registriert Justin das merkwürdige Zögern seiner Schwester. „Was denn?“, fragt er deshalb.
Josephine atmet tief durch und überlegt einen langen Moment, bevor sie schließlich antwortet. „Ich weiß nicht so recht...“ Angestrengt sucht sie nach den richtigen Worten. „Einige kommen mir ziemlich merkwürdig vor. Bei drei der Herren bekomme ich regelrecht Gänsehaut, wenn ich mich mit ihnen unterhalte... Ich...“
„Ist jemand dir gegenüber zudringlich geworden?“, fragt Justin besorgt nach.
Noch einmal atmet seine Schwester durch. „Das kann man so eigentlich nicht sagen.“, versucht sie zu erklären. „Aber... Einer von denen wirft mir Blicke zu, die mir mehr als peinlich sind; jedenfalls dann, wenn er sich unbeobachtet fühlt.“
Justin denkt einen Augenblick lang nach, dann meint er ernst: „Vielleicht solltest du doch besser wieder nach Hause fahren.“
„Ich denke nicht.“, seufzt sie leise. „Wenn ich jetzt schon abreise, würde das Lady Amalfia sicher ziemlich vor den Kopf stoßen; ich glaube sogar, sie wäre schwer beleidigt. Immerhin hatte ich gestern wegen der Gespräche mit deinen Geschäftpartnern praktisch keine Zeit für sie. – Außerdem mag ich die alte Dame, sie ist geradezu ein Lichtblick hier.“
„Bist du sicher, dass du zurecht kommst?“, hakt ihr Bruder noch ein Mal nach.
„Ich denke schon“, beruhigt ihn Josephine, „ich werde mich halt so viel wie möglich in Lady Amalfias Nähe aufhalten und ansonsten die Zeit auf dem Zimmer verbringen.“ Leicht genervt stöhnt sie auf. „Falls dieser Backofen hier noch mal abkühlt... Die dunkle Vertäfelung in meinem Zimmer hier hat sich heute derart aufgeheizt, dass es kaum auszuhalten ist. – Der Raum liegt nämlich auf der Südseite. - Ich hoffe einfach mal auf ein Gewitter...“
„Oh, ich glaube, die Chancen dafür stehen ganz gut.“, konstatiert Justin fröhlich. „Sagt jedenfalls der Wetterbericht. Und meiner holden Gattin wird es dann auch wieder etwas besser gehen, hoffe ich.“
„Ich drück dir die Daumen.“, lacht Josephine.
„Tu das. Wenn du es machst, wird es wahrscheinlich sogar helfen.“ Plötzlich ernst setzt er noch hinzu: „Schließ dein Zimmer wenigstens heute Nacht ab; das würde mich jedenfalls ungemein beruhigen. Und ruf mich an, wenn du deine Meinung änderst. Mir fällt dann schon eine passende Entschuldigung für deine Abreise ein.“
Josephine lacht leise. „Danke, großer Bruder, mach ich. Das ist sehr lieb von dir.“
„Das ist ja wohl das Mindeste; immerhin war ich es ja, der dich dazu genötigt hat, überhaupt zu diesem Turnier zu fahren.“
Josephines Lächeln wird weich. „Schon gut. Dafür darf ich mich ja auch meistens von den anderen gesellschaftlichen Pflichtveranstaltungen fern halten. – Bestell deiner Frau liebe Grüße und gute Besserung.“
„Gern, Josie. – Versuch trotz allem ein wenig Spaß zu haben. Vielleicht triffst du ja doch noch jemanden in deinem Alter, mit dem du dich nett unterhalten kannst. Soweit ich weiß, hatten sich für heute und morgen noch Leute angesagt, die gestern noch nicht anreisen konnten.“
„Du bist ein unverbesserlicher Optimist.“, grinst die junge Frau in den Hörer. „Geh und kümmere dich um deine Liebste!“
„Aye, Aye!“, kommt es lachend zurück. „Ruf mich an, wenn du wieder zu Hause
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