Lilith - Wunschlos gluecklich
Gramm auf ihren wohlproportionierten Hüften ablagerte.
Nachdem Lilith vier weitere öde Schulstunden hinter sich gebracht hatte, saß sie bei Camille im Wagen und starrte, ihre Schläfe an die kalte Scheibe gelehnt, auf den Wald, der in den unterschiedlichsten Brauntönen an ihr vorbeizufliegen schien.
»Tee? Im Cadillac?«, fragte Cam unvermittelt.
Lilith nickte dankbar für diese Idee. Die Mädels trafen sich oft im Cadillac, es war ihr Stammlokal. Aber nicht nur ihres, die halbe Schule traf sich dort an den Wochenenden. Das Cadillac war einfach der It-Laden schlechthin. Den Namen verdankte der Club seiner ebenso genialen wie funktionalen Einrichtung. Motorblöcke mit Plexiglasauflagen als Tische, Rückbänke alter Autos als Sitzgelegenheiten, die Bar bestand aus einer irrsinnigen Menge aufgestapelter, alter Reifen. Die Wände glänzten in den unterschiedlichsten grellen Neonfarben, sie waren mit unzähligen Bildern von den verschiedensten Wagen gepflastert. Aus der Wand über der kleinen, wirklich minimalistisch wirkenden Tanzfläche ragte die Front eines rosafarbenen Cadillacs.
Es war nicht viel los am Nachmittag. Der Tag war noch jung, zum Abend aber würde es bestimmt wieder brechend voll werden, so viel war sicher. Camille zog sie hinter sich her in die entfernteste Ecke des Lokals, etwas abseits ihres sonstigen Tisches. Hier gab es einige abgetrennte Nischen, in denen man sich ungestört unterhalten konnte, und das war genau das, was Lilith nun brauchte – Ruhe, nur Camille und sie. Ohne den Rest der Welt. Camille nahm Lilith ihre Jacke ab und schubste sie etwas unsanft auf die Bank. Dann nahm sie ihr gegenüber Platz und musterte sie vielsagend … oder besser vielfragend.
Bevor Lilith loslegen konnte, kam schon Stacy angerauscht. Sie war die Stammbedienung der Mädels im Cadillac. In den vergangenen zwei Jahren hatte Stacy wohl die Vorzüge von Mercedes’ lockerer Geldbörse zu schätzen gelernt. Bei dem geringen Aushilfslohn, den die Angestellten hier bekamen, war gutes Trinkgeld eben gern gesehen. Stacy zwinkerte ihnen zu und stellte zwei Jasmintees in die Tischmitte.
»Weitere Wünsche?«, fragte sie mitten in ihrer Kehrtwendung. Sie schüttelten die Köpfe. »Einfach rufen, wie immer«, ergänzte sie und verschwand.
»Also?« Camille lehnte sich kokett über den Tisch hinweg und lächelte Lilith verführerisch an. Sie dachte wohl, Lilith hätte irgendeine scharfe Neuigkeit in petto. Vielleicht einen neuen Lover oder so was in der Art, aber da musste Lilith sie enttäuschen.
Nach zwei Stunden, in denen Camille mit ihr geweint und gelitten hatte, sie getröstet und gedrückt, sie aufgemuntert und wieder zum Lachen gebracht hatte, bezahlte sie die Rechnung und fuhr sie nach Hause.
»Also, ich komm morgen bei dir vorbei. Mach dir keine Sorgen, Süße. Wir schaukeln das schon.« Sie entließ Lilith aus der Umarmung.
»Danke Cam.«
Die folgenden Tage kamen und gingen und Lilith wurstelte sich mehr schlecht als recht durch ihr Leben. Alles lief irgendwie wie ein Film an ihr vorbei. Die Schule genauso wie die außerschulischen Aktivitäten, Familientreffen, Einkäufe und ihre Freunde, aber sie hatte sich täglich besser im Griff. Nur abends und in der Nacht wurde es stetig schlimmer. So allein in ihrem Schmerz, ohne Ablenkung, ohne Freunde, nur umhüllt von Finsternis und ihren düsteren Gedanken … In den frühen Morgenstunden kamen die Albträume und rissen sie regelmäßig aus dem Schlaf.
Eine Woche nach dem Tod ihrer Großmutter nahte der zweitschlimmste Tag ihres Lebens.
Die Beerdigung.
Lilith und ihre Familie saßen schon den ganzen Morgen über in der Kirche, so hatten sie genügend Zeit für den endgültigen Abschied. Als es so weit war, und sie durch eine Verbindungstür in die Friedhofskapelle eintraten, war diese eigentlich recht große Halle schon brechend voll. So voll, dass trotz des eisigen Windes, der sich draußen selbst um die Bäume hetzte, sogar die drei Haupteingangstüren geöffnet bleiben mussten. Trauernde, in Schwarz gehüllte und vermummte Menschen jeden Alters standen bis weit draußen vor der Kapelle, nur um von Liliths Großmutter Abschied nehmen zu können.
Sie saßen als die nächsten Angehörigen in der ersten Reihe. Lilith zählte die Klinkersteine an der Wand. Sie hörte dem Pfarrer nicht zu, sah den Sarg nicht an, auch musterte sie die Blumen nicht oder las irgendwelche Inschriften auf den Kränzen und Gestecken. Nein. Ihr Blick war von ihren
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