Liliths Kinder
hatte ihren Bikini gegen ein durchsichtiges Etwas eingetauscht, das man kaum noch als Kleidung bezeichnen konnte. Ich wurde nervös! Ich wußte genau: Wenn es zum Äußersten kam - dem ich ansonsten nicht abgeneigt war - würde ich womöglich meine Triebe nicht mehr steuern können! Und das hieß: Ich würde mich verraten!
Raus hier! Das war mein erster Gedanke, als das Glas Wasser kam: in der Hand einer verführerisch lächelnden Frau, die unter dem Neglige nicht mal ein Höschen trug! Schnell schob ich mir zwei AB-Pillen in den Mund und zwang sie herunter.
Schon war die Schöne heran.
»Miß Moulder, ich möchte .« Das Jucken in meinen Eckzähnen war kaum noch auszuhalten. Aber noch wurden sie nicht länger!
»Was möchten sie denn?« gurrte Miß Moulder. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen!« Sie sank neben mir auf das Polstermöbel, ihre schneeweiße Hand tastete sich an meinem Oberschenkel entlang -und plötzlich bemerkte ich eine seltsame Veränderung in ihrem Gesicht!
Ihre vollen roten Lippen blähten sich auf, als würde etwas sie von innen aufwerfen. Eine Zahnspitze lugte über die Unterlippe, und Speichel begann sich auf ihren Lippen zu sammeln.
Moment mal! dachte ich, während ich den Rand der Couch suchte. Das kenne ich doch! Oh, nein ...
Sie bekam lange Zähne!
Bevor ich den Anblick richtig verarbeiten konnte, war sie schon an meinem Hals und versuchte sich festzubeißen!
»Aufhören!« kreischte ich, wand und drehte mich in ihrer Umklammerung, um mich loszureißen, aber Miß Moulder hing an meinem Hals wie festgewachsen.
Und dann kam der Biß! Und das große Würgen! Jeder weiß, daß Vampirblut ekelhaft schmeckt und für Artgenossen absolut ungenießbar ist. Mein Blut war da keine Ausnahme!
Zu diesem Zeitpunkt hoffte ich noch, daß nicht alles verloren war. Aber Miß Moulder zischte mich spuckend an: »Du Drecksack, du bist ein Eastend-Boy! Ich laß' dich einsperren!«
»Aber sie sind doch selbst .«
»Was bin ich?« keuchte sie, während ihre Lippen wieder schmal wurden. Zu schmal für meinen Geschmack!
»Ein Vampir!« versuchte ich als Argument einzubringen - und was dabei herausgekommen ist, wissen sie ja schon: Ich sitze hier und warte auf meine Abschiebung!
Moment mal, höre ich Sie sagen. Warum wurde die Frau nicht auch verhaftet, sie ist ja schließlich auch ein Blutsauger?
Tja, wissen Sie, die eine schafft es, der andere nicht. Das weiß ich, seitdem ich den Namen des Richters kenne, dem ich vorgeführt werden soll.
Er heißt Moulder!
ENDE
© Rudolf Gebhardt, Obere Bayerische Gasse 4, 91320 Ebermannstadt
Nächste Folge
Ich, die Chronik
von Adrian Doyle
Als die Erde von der großen Flut gereinigt war und die Geschichte der Menschen und Vampire neu begann, wurde auch ich erschaffen. Auf Pergament aus Menschenhaut, mit Blut verfaßt, zeichnete ich all das auf, was sich gegen den Willen Gottes wandte. Ich sah die Blüte und den Niedergang der Vampire, und die Geburt des Zwitterwesens, das beide Welten verändern sollte: Lilith Eden. Meine Seiten füllten sich mit Wissen, das in ferner Zukunft den Grundstein legen sollte für die Niederwerfung des Menschengeschlechts und die Herrschaft der Hohen Herren.
Doch es kam anders. Die Halbvampirin zerstörte den Dunklen Dom und riß die schlafenden Götter in den Untergang. Nur einer überlebte. Und nun griff er allein - und vor der Zeit - nach der Macht .
1 siehe VAMPIRA T25: »Inkarnationen«
2 siehe VAMPIRA T31: »Tempel der Unsterblichen«
3 siehe VAMPIRA T32: »Der Fluch des Blutes«
4 siehe VAMPIRA T32
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