Lindberg, Ich spiel mit Dir
Beklemmungen …
Mit viel Geschick habe ich bei der Zeitung eine besondere Vergütung ausgehandelt: Ich liefere dem Chefredakteur den Kopf von Luca, dafür bekomme ich zwei Jahre lang garantierte Aufträge, die meine Geldsorgen zu Schnee von gestern machen werden. Luca und TakeUs haben genug Zeit gehabt, Teenieherzen und -körper zum Beben zu bringen – nun müssen sie meine Kasse klingeln lassen.
Der Plan ist so einfach wie genial: Ich werde über die Zeitung bei einem ganz besonders hochkarätigen Presseevent des TakeUs-Managements eingeschleust. Dort kann ich mich an Luca heranwanzen und ihn freundlich mit der Drohung, die Telefonnummer meines sehr aussagefreudigen Bruders an die gesamte deutsche Klatschpresse weiterzugeben, davon überzeugen, mir ein Exklusivinterview zu geben. Die Überschrift: Luca – Mein Geständnis . Olga, bald werden wir uns wiedersehen. Es läuft gut!
„This bomb’s made for lovin’” , knödelt Tom Jones aus dem Radio, als ich im Taxi sitze, „and you can shoot it far” . Und wie far ich mich heute schießen werde, Tiger! Es ist der perfekte Abend. Ich spüre, dass etwas Großes auf mich zukommt, und dass ich nur zugreifen muss, um es mir zu schnappen. Ein Schauer rieselt über meinen Rücken, und das Kribbeln in meinem Bauch fühlt sich fast so aufregend an wie vor anderthalb Stunden unter der Dusche …
Der Taxifahrer mustert mich mehrfach anzüglich im Rückspiegel, was mich normalerweise dazu bringt, die Arme vor der Brust zu verschränken und mit trotzigem Blick aus dem Fenster zu schauen. Heute aber ist das anders. Ich straffe die Schultern, sodass der Ausschnitt meines Jacketts noch ein bisschen mehr aufspringt und der Spitzenansatz meines neuen LaPerla -BHs aufblitzt. Ich lächle mit vollen, Viva-Glam-glänzenden Lippen und streiche mir spielerisch durch meine langen, schwarzen Haare. „Sexbomb, sexbomb, you’re a sexbomb“ , erkennt Tom Jones. Und wer weiß – vielleicht wartet nach getaner Tat ja noch irgendein knackiger Journalist in der Lobby, mit dem ich meinen Triumph bei einem prickelnden Glas Champagner feiern kann? Immer nur Shampoo kann nicht glücklich machen.
Drei
Der Presseempfang findet auf der Dachterrasse eines Münchener Nobelhotels statt. Ich fühle mich inzwischen selbst ein bisschen wie ein Star, denn vor dem Eingang versperrt mir zunächst eine hysterisch „TakeUs, TakeUs!“ skandierende Teenagermeute den Weg, bis der Doorman mir energisch einen Weg bahnt.
Vor dem Aufzug zur Dachterrasse hakt eine Pressebetreuerin meinen Namen auf ihrer Liste ab. „Es ist uns ein besonderes Vergnügen, Sie heute Abend bei uns begrüßen zu dürfen, Frau Lindberg!“, sagt sie lächelnd zu mir.
„Danke!“ Ich strahle zurück. Ach, es läuft gut!
„Wenn Sie mich dann bitte noch kurz einen Blick in Ihre Handtasche werfen lassen?“
Sie lächelt immer noch. Und ich frage mich, ob ich mich verhört habe. „Wie bitte?“
„Reine Formsache“, versichert sie mir. „Sie wissen doch – das heutige Treffen wird im kleinen, intimen Rahmen stattfinden. Sie sollen Gelegenheit bekommen, TakeUs ganz aus der Nähe kennen zu lernen und einen unbeschwerten Abend zu verbringen. Da wären Tonbandgeräte oder Minikameras doch sehr hinderlich.“ Der Mund lächelt, darüber strahlt – nein, stahlt – mir ein harter Blick entgegen.
Natürlich habe ich davon in der Einladung gelesen. Aber es ernst genommen? Nein, wirklich nicht! Seufzend öffne ich meine kleine Gucci -Tasche und ziehe das Diktiergerät heraus. „Entschuldigen Sie. Reine Gewohnheit.“
„Entschuldigen Sie. Reine Routine“, echot sie und nimmt das Gerät entgegen. „Ich lasse es auf Ihren Namen an der Garderobe hinterlegen. Und nun: Genießen Sie den Abend!“ Sie gibt dem Wachmann neben dem Aufzug ein Zeichen, er drückt auf einen Knopf, und wenige Sekunden später bin ich auf dem Weg nach oben. Statt der üblichen Fahrstuhlmusik schmeicheln die Stimmen von TakeUs durch die kleine Kabine. „We’re your Private Dancers“ , versichern sie mir in ihrer sehr erfolgreichen Tina-Turner-Coverversion, „we are Dancers for money, we’ll do what you want us to do“ . Nun, das hoffe ich!
Es! Läuft! Gut!
Das Buffet ist fantastisch, der Blick über die Stadt, über der die Sommersonne gerade in dramatischen Rottönen untergeht, atemberaubend, und auch den Kellner, der mir ununterbrochen hervorragenden Prosecco nachschüttet, könnte ich spontan ins Herz schließen. Außerdem hat bereits
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