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Lindberg, Ich spiel mit Dir

Lindberg, Ich spiel mit Dir

Titel: Lindberg, Ich spiel mit Dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Lindberg
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ein erster grober Scan des anwesenden Publikums gezeigt, dass ich mit Abstand zu den attraktivsten Gästen zähle; scheinbar neigen Journalistinnen, die beruflich mit Boybands zu tun haben, zur KKK-Fraktion – dreimal K für Kleinwuchs und Komischer Körperbau. (Ich danke meiner leichten Schilddrüsenüberfunktion und Gerry, meinem sadistisch veranlagten Pilates-Trainer!) Allerdings denke ich für einen Moment, dass ich die Kleiderfrage falsch eingeschätzt habe. Ich trage ein eng anliegendes schwarzes Jackett, dazu eine schmale Hose und ein Paar ultra-hochhackige Manolo-Blahnik-Stilettos, die wie meine Gucci-Tasche aus Thailand stammen („Very good, Missis, won’t nobody never tell difference to real thing!“) . So eben, wie man als knallharte Journalistin mit Erpressungsabsichten auf einen besonderen Presseempfang geht. Die KKKs hingegen tragen schreiend bunte Tops und lässige, weite Hosen, dazu Turnschuhe oder Sandalen. Alles sehr relaxed, während ich zur Not auch noch dem Dalai Lama gegenübertreten könnte. Hmmm … Die Tripple-Ks verdienen außerdem zu einem großen Teil auch noch ein Zusatz-K für kindlich. Bin ich eigentlich die einzige Frau auf der Welt über 30? Andererseits: In diesem Raum voller Mittelklasse-Girlies komme ich mir reif, erwachsen, elegant und sinnlich vor. Nicht die schlechteste Kombination! Ich kann nicht anders, als zufrieden zu lächeln.
    Der Pressechef der Plattenfirma kommt auf die leicht erhöhte Bühne, um den Höhepunkt des Abends anzukündigen – und unter dem tosenden Applaus der Anwesenden springen die drei ins Rampenlicht. Zuerst Mitch, groß und schön und mit einer Haut, die mich plötzlich weniger an Milchkaffee als vielmehr an die lockend-leckere Crema auf einem doppelt starken Espresso erinnert. Und er zeigt viel von dieser Haut, denn er trägt nur eine enge, schwarze Lederhose und eine knappe Weste. Ich trinke hastig noch einen Schluck Prosecco.
    Als Nächster erscheint Luca, von Kopf bis Fuß in karamellfarbenem Samt, wenige Töne heller als seine verwuschelten Haare. Sehr Dandy, sehr sinnlich. Neben mir kreischt sich eine Quatro-K die Seele aus dem Leib. Genieß es , denke ich, solange du noch kannst – nur um im nächsten Moment selbst in Gefahr zu geraten, einen Schrei auszustoßen. Der Grund: Rick!
    Dieser Mann sieht unerträglich gut aus. Seine Augen strahlen, seine kurzen, krausen Haare brüllen geradezu „Streichle uns!“, und zwischen dem Bund seiner verboten tief sitzenden Hose und dem glänzenden Dolce&Gabbana-T-Shirt blitzt ein Millimeter nackte Haut auf, was erregender wirkt als eine ganze Horde strippender Chippendales. „Entschuldigung“, rufe ich einem Kellner nach. Wahrscheinlich sollte ich auf Mineralwasser umstellen.
    „Es ist schön, heute Abend bei euch zu sein!“ Ricks tiefe Stimme dringt warm, weich und mehr als nur ein bisschen aufregend aus den Lautsprechern.
    Wasser? Nein, doch nicht. Prosecco!
    Ich habe schon einige Prominente getroffen, aber die wenigsten wirken in natura so begeisternd wie in ihren Musikvideos oder auf Hochglanzbildern. TakeUs sind eine eindeutige Ausnahme. Sie strahlen, sie scheinen von Innen zu leuchten, und sie sehen fast ein bisschen unwirklich aus. Trotzdem fühle ich mich nicht eingeschüchtert. Im Gegenteil. Der Gedanke, dass sie mir in gewisser Weise ausgeliefert sind, dass ich ihr Geheimnis kenne, dass sie tun werden, was ich von ihnen verlange, lässt ein erregendes Kribbeln in meinem Körper aufsteigen.
    Drei Lieder singen die Goldknaben, ihre großen Hits Just for one moment, We are here for you und Private Dancers . Der Applaus des Publikums will nicht enden. Also setzen sie noch die fetzige Coverversion Relight my fire hinterher, die vermutlich per ungeschriebenem Gesetz zum Boyband-Repertoire gehört. „Your love is my only desire“ , faucht Rick mit unglaublicher Intensität ins Mikrofon, „relight my fire, because I need your love.“ Mir wird bewusst, wie eng mein Jackett und die Hose geschnitten sind, und möchte mich in dieser festen Umarmung winden.
    Wie es sich für eine Boyband gehört singen TakeUs das letzte Lied a capella. „Das ist unser neuer Song“, erklärt Rick. Er ist nach der wilden Tanzeinlage beim Stück vorher hörbar außer Atem. Ein sanfter, feuchter Schimmer glänzt auf seiner Stirn. „Wir werden ihn in zwei Wochen veröffentlichen. Not what you expect heißt er, und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage: Das ist unser bisher persönlichster Song.“
    Die Jungs

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