Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lisa

Lisa

Titel: Lisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
Vom Netzwerk:
hatten. Obwohl, ich wäre denen mit einer Straßenwalze über ihre niederträchtigen Räuberbirnen gefahren, wenn ich sie erwischt hätte, das muss ich zugeben. Der Moment, in dem du vor der Tür stehst. Kommst vom Urlaub heim und zack. Es ist so hässlich. Es ist so eine Schnüffelei. Jemand steckt seinen blöden Rüssel in deine Sachen.
    Dabei hatten wir Glück, da gibt es noch ganz andere, da gibt es welche, die scheißen dir ins Bett. Kein Witz. Machen angeblich viele. Einbrecher, meine ich. Da hätte man allerdings mordsmäßig DNA. Aber was denkt so ein Lümmel schon groß an die DNA. Wenn es keiner aus dem Osten istvon den organisierten Banden, dann ist es ein Junkie, der hat andere Sorgen als moderne Ermittlungsmethoden, der will einfach schnell an den Zaster. Der Rumäne hockt bereits mit nacktem Hintern auf deinem Bett, da ruft sein Spießgeselle, hey Liviu, nicht scheißen, denk an die DNA! Na, wohl eher nicht.
    Wo war ich? Moment, ich muss nachsehen, ob ich die Tür abgesperrt habe. Ich kann mich nicht erinnern, das ist ja komisch.
    …
    Ich komme mir vor wie Jack Nicholson in diesem Film, wo er durchdreht, allein im Hotel mit der Frau und dem Kind, nur dass hier heißer Sommer ist und keine Frau und ich nicht durchdrehe.
    Ich drehe sicher nicht durch, ich habe überhaupt keine Lust dazu. Deswegen rede ich hier hinein, damit das nicht passiert, damit ich wenigstens das Gefühl habe, noch im Kontakt mit den Menschen zu stehen. Denn ich komme hier nicht weg, das … ich will am Leben bleiben.
    Das ist alles zu wirr, könnt ihr mir folgen? Ich kann mir ja nicht mal selbst folgen.
    Ich hatte allerdings immer schon eine Affinität zum blinden Hinaussprechen in die Welt, ich war früher CB-Funker. Lange Zeit zusammen mit meinem Vater. Einmal haben wir mit König Hussein gesprochen. Also sagen wir, mit jemandem, der sich als König Hussein vorgestellt hat.
    Da war ich noch ein Kind. Kann mich genau an seine Stimme erinnern. Gerasselt hat sie wie bei einem Raucherbeinkandidaten.
    Ich fand es schön, das an Alex weiterzugeben, und ab und zu machen wir es. Funken, meine ich. Und Internetradio,allerdings ist das in gewisser Weise glatter, weniger roh, weniger, na ja, blödes Wort, wenn ich sage, weniger archaisch. Selige Abende, im Freien sitzen, hinauslauschen ins Universum, die Grillen machen grühgrühgrüh, im Funkgerät rauscht es, dann eine Stimme, ein Schwachkopf meldet sich oder ein feiner Kerl, ihr wisst es nie, jedenfalls ist es keine Frau, Frauen funken nicht.
    Gibt ja einige, die beginnen mit dem Funken, weil sie von der schönen Frau träumen, die sie eines Nachts im Funk kennenlernen wollen. Also zunächst mal ist es die Stimme, die sie kennenlernen, und der erzählen sie, was sie für eine lange Antenne haben, und diese Frau wollen sie treffen, und in der draufgängerischen Phantasie solcher Leute ist sie nicht nur wunderschön, sondern auch willig wie eine Straßenkatze und reich wie Paris Hilton.
    Hallo, nicht alle Funker sind so, schönen Gruß, Jungs, falls sich einer von euch ins Internet verirrt hat, ich sage nur, ein paar gibt es. Oder gab es früher. Die sind wahrscheinlich alle hierher abgewandert. Im Internet trefft ihr ab und zu wirklich eine Frau. Ich habe Katha auf die Art kennengelernt.
    Na ja, ein bisschen. Irgendwie.
    Taxifahrer sind übrigens nicht anders, die glauben alle, dass eines Tages die Traumfrau bei ihnen einsteigt. Hört einer zu? Ich habe eine Nachricht für dich: Sie wird nie kommen! Nimms leicht, mein Freund.
    Träume. Taxifahrerträume. Ich will keine Vorurteile verbreiten, aber Taxifahrer, muss ich weiterreden? Sagen wir es so: Es gibt Städte, da sind Taxifahrer wirklich die allerärgsten Kanaillen. Klar, nicht überall. Aber jedenfalls dort, wo sie viel zuwenig bezahlt kriegen, wo es viel zu viele Taxisgibt, wo nur noch diejenigen den Job machen, die sonst nirgends mehr eingestellt werden.
    Reden wir von Wien, ah, ah. Ich steige am Bahnhof aus, setze mich ins Taxi, nenne die Adresse meiner Tante und habe garantiert einen völlig Wahnsinnigen am Hals. Einen, dem die Läuse durch den Bart kriechen, oder einen, der mit leuchtenden Augen von der Hitlerjugend erzählt, oder einen, der einen Fernseher dabeihat und während der Fahrt Pornos schaut, oder einfach nur einen mit einer akuten Psychose und Küchenmesserblock neben sich, jedenfalls ist es sozusagen ein Naturgesetz, dass ich eine unvergessliche Unterhaltung habe während des Transports.
    Gibt es eigentlich so etwas

Weitere Kostenlose Bücher