Meditation
Vorwort
Vorwort
WER EIN JEMAND SEIN MÖCHTE, liest dieses Buch besser nicht. Es wird ihn zu einem Niemand machen, zu Nicht-Ich.
Ich habe dieses Buch nicht geschrieben. Es handelt sich um transkribierte und redigierte Vorträge, und die schlimmen Witze wurden alle gestrichen. Sie sind sowieso nicht von mir erzählt worden. Das haben die fünf Khandhas gemacht, die sich erdreisten zu behaupten, sie seien ich. Ich habe das perfekte Alibi: Mein Ich war nicht am Tatort.
Dieses Buch sagt Ihnen nicht, was Sie tun müssen, um Erleuchtung zu finden. Es ist kein Buch der Anleitungen wie Im stillen Meer des Glücks – noch so ein Buch von diesen lästigen fünf Khandhas , die sich als Ajahn Brahm ausgeben. Anleitungen befolgen – dergleichen macht Sie nur immer mehr zu einer Person. Dieses Buch erzählt Ihnen dagegen, wie es trotz Ihrer Bemühungen zu einem Verschwinden kommen kann. Und dann ist es auch nicht bloß das Äußere, was da verschwindet. Alles Innere – alles, wofür Sie sich halten – verschwindet ebenfalls. Und das macht so viel Spaß, wirklich, es ist die reine Wonne.
In Wahrheit geht es bei der buddhistischen Praxis um das Loslassen von allem , nicht um das Anschaffen von noch mehr, beispielsweise von Errungenschaften, die man seinen Freunden vorzeigen kann. Wenn wir etwas lassen, wirklich loslassen, verschwindet es. Es geht uns verloren. Alle, die mit Erfolg meditieren, sind in diesem Sinne Verlierer. Sie verlieren ihr Haften an den Dingen. Erleuchtete verlieren alles. Sie sind die Großen Verlierer . Wenn Sie dieses Buch lesen und auch nur ein bisschen verstehen, könnte es passieren, dass Ihnen aufgeht, was Freiheit ist, und womöglich büßen Sie dann Ihr Haupthaar ein …
Dankbar bin ich einigen anderen Niemanden für ihre freundliche Mithilfe, insbesondere Ron Storey für die Transkription der Vorträge, Ajahn Brahmali für die redaktionelle Bearbeitung und schließlich all den Leere-Wesen im Verlag Wisdom Publications, die das Buch veröffentlichten.
Mögen sie alle verloren gehen.
Eigentlich nicht Ajahn Brahm
Perth, Juli 2011
1 Das große Ganze
1 Das große Ganze
EINERLEI, WO IHR WOHNT, in einem Kloster, mitten in der Stadt oder an einer stillen, von Bäumen gesäumten Straße, von Zeit zu Zeit wird es in eurem Leben Schwierigkeiten geben. So ist das Leben nun einmal. Sollte es also mit eurer Gesundheit nicht zum Besten stehen, gebt nicht der Versuchung nach, zu eurem Arzt zu sagen: »Herr Doktor, irgendetwas stimmt nicht mit mir, ich bin krank«; sagt lieber: »Es ist alles, wie es sein soll – ich fühle mich heute krank.« Es liegt in der Natur des menschlichen Körpers, dass er hin und wieder krank wird. Es liegt auch in der Natur der Klärgrube, dass sie ausgerechnet dann ausgepumpt werden muss, wenn es besonders ungelegen kommt, und es liegt in der Natur des Wasserkochers, dass er irgendwann einfach durchschmort. Das Leben ist seiner Natur nach so. Wir geben uns zwar alle Mühe, das Leben für uns selbst und andere möglichst glatt laufen zu lassen, aber wir können nie sicher sein, dass es gelingt.
Wenn Ihr also mit Schmerzen und Schwierigkeiten zu kämpfen habt, denkt immer daran, was Leid in der Tiefe eigentlich bedeutet: etwas von der Welt zu verlangen, was sie nicht bieten kann. Wir erwarten Unmögliches von ihr. Wir möchten das perfekte Heim und den perfekten Job, und alles, was wir so mühsam aufbauen und einrichten, soll zur rechten Zeit und am rechten Ort perfekt laufen. Damit ersuchen wir natürlich um etwas, das nicht gewährt werden kann. Wir wollen hier und jetzt tiefe Meditation und Erleuchtung. Aber so geht es in dieser Welt einfach nicht zu. Machen wir uns also klar: Wenn wir etwas verlangen, was die Welt nicht liefern kann, ersuchen wir eigentlich um Leiden.
Ob ihr also arbeitet oder meditiert, stellt euch einfach darauf ein, dass ab und zu etwas nicht wie gewünscht laufen wird. Fordert nicht von der Welt, was sie nicht geben kann, seht nur sehr genau hin! Es ist nicht eure Aufgabe, dieser Welt Beine zu machen oder sie so hinzubiegen, wie ihr sie gern hättet. Verstehen, annehmen und loslassen, das ist eigentlich eure Aufgabe. Je mehr ihr gegen euren Körper, euren Geist, eure Familie und die Welt ankämpft, desto mehr »Kollateralschaden« verursacht ihr und desto mehr Schmerz handelt ihr euch ein.
Manchmal gelingt es uns, einen Schritt von unserem alltäglichen Leben zurückzutreten, und dann sehen wir das große Ganze. Wir sehen: Es trifft nicht zu, dass
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