Lob der Faulheit
nehme, der über Faulheit schreibt. Manche vertreten Konzepte, die mir überhaupt nicht gefallen. Aber Laurence Englemohr Morehouse (1913–1995) hat es sofort in die Reihe meiner Allzeit-Lieblinge geschafft. Er war Professor für Sportphysiologie an der UCLA sowie Gründer und Leiter des Laboratoriums für Menschliche Leistung. Darüber hinaus schrieb er die entsprechenden Artikel über Körperübungen und Körpertraining in der Encyclopedia Britannica und anderen renommierten Lexika. (Übrigens weiß ich, dass »Encyclopedia« eigentlich mit diesem albernen »ae« geschrieben wird, aber Sie glauben doch nicht, dass ich dieses Sonderzeichen, das irgendwo in den Tiefen des Computers versteckt ist, jetzt suche!)
Morehouse war jedenfalls jemand, der mich aufhorchen ließ. Eine Autorität auf seinem Gebiet, der für amerikanische Astronauten eine Maschine erfunden und ein Fitnessprogramm entwickelt, mit Weltklasse-Athleten und Vorständen von Weltkonzernen gearbeitet hatte – und dabei anstrengende Gymnastik und schmerzhafte Ausdauerübungen verabscheute. Das hatte was!
Dieser Experte nahm sich heraus, viele Fitness-Lehrer als »Ergomanen«, also von Arbeitswahn Besessene, zu bezeichnen. Sie seien von einem »geradezu widerlichen Enthusiasmus für Körperübungen« beherrscht und gehörten überwiegend dem mesomorphen Körpertyp an. Es handele sich um Menschen, die gerne schwitzten und denen es nichts ausmache, wenn sie bluteten. Diese Leute hätten es auf die Schmalen, Zarten, Rundlichen, Weichen, Schlaffen und Bequemen abgesehen.
Mit solchen Äußerungen war Morehouse endgültig mein Mann. Ich dachte: Wenn er es geschafft hat, die Astronauten im Weltall fit zu halten, und ein Gegner anstrengender Körperübungen ist, dann könnte sein Programm genau das Richtige für mich sein. Im Weltraum kann man nicht kilometerweit joggen. Dort gibt es kein Fitness-Studio mit Kraftmaschinen.
Was Morehouse vorschlug, war denkbar einfach: Man brauchte nur dreimal in der Woche für zehn Minuten ein paar simple Kraftübungen sowie ein Ausdauertraining zu machen, das sich an der Pulsfrequenz orientierte. Tatsächlich, es funktionierte! Nach ein paar Wochen konnte ich auf den Fahrstuhl verzichten und stattdessen zügig und ohne zu japsen die Treppe bis in den zehnten Stock eines Hochhauses hinaufsteigen, wenn ich meinen Schwager und seine Frau besuchte. Das reichte mir für das Leben im Großstadtdschungel.
Für meine Bedürfnisse habe ich Morehouses Programm sogar noch weiter vereinfacht. Da ich keine Lust hatte, andauernd meinen Puls zu überprüfen und die zehn Minuten mit der Uhr zu stoppen, richtete ich mich beim Training danach, ob ich leicht atmen, mich unterhalten oder unbeschwert singen konnte. Ich achtete stets darauf, dass ich mich hundertprozentig
wohlfühlte und hörte auf, sobald die ersten Anzeichen von Unlust auftraten. Das Ergebnis blieb dasselbe.
So und jetzt kommt ein wichtiger Hinweis: Ich schreibe ausschließlich über meine Erfahrungen. Weder ich noch der Verlag haften dafür, wenn Sie mir nacheifern und dabei gesundheitliche Schäden erleiden. (Wenn Sie mich richtig verstehen, werden Sie sowieso jegliche Form von Eifer in Zukunft unterlassen.) Lassen Sie sich von einem Arzt beraten, bevor Sie ein Körpertraining beginnen.
Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Überall findet man heute Warnhinweise. Selbst auf Spielzeug, das so groß ist wie ein Pflasterstein, steht, dass man sein Wohlbefinden ernsthaft beeinträchtigen könne, wenn man es verschlucke. Auf Tüten, die niemand über den Schädel bekommt, steht, dass man ersticken könne, wenn man sie unsachgemäß verwendet. Und so weiter und so weiter. Mark Twain war es wohl, der gesagt hat, dass alles außer dem Trinken eines Glases lauwarmen Wassers gesundheitsgefährdend sei. An seiner Stelle hätte ich das nicht gesagt; denn gerade in lauwarmem Wasser können sich lebensbedrohliche Bakterien rasend schnell vermehren. Passen Sie auf! Es sind schon Menschen in einem Wassereimer ertrunken! Sie erinnern sich vielleicht an die tragische Meldung über einen Epileptiker, der dabei war, einen Raum zu wischen, als er einen Anfall bekam und mit dem Kopf in den Wassereimer stürzte.
Wenn schon Warnhinweise, dann richtig. Ich sagte: Lassen Sie sich von einem Arzt beraten, bevor Sie ein Körpertraining beginnen. Aber Vorsicht! Der Besuch bei einem Arzt kann lebensgefährlich sein. Sie haben wahrscheinlich von den Unglücklichen
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