Lob der Stiefmutter
Ich hab dich nämlich …«
Das Mädchen spürte, wie sich überraschend der Mund des Kindes auf den ihren preßte.
»Mein Gott, mein Gott.« Sie befreite sich aus seinen Armen, stieß es fort, schüttelte es ab. Während sie aus dem Zimmer stolperte, rieb sie sich den Mund und bekreuzigte sich. Ihr war, als würde ihr das Herz vor Wut platzen, wenn sie nicht an die Luft käme. »Mein Gott, mein Gott.«
Als sie draußen im Flur war, hörte sie Fonchito abermals lachen. Nicht sarkastisch, auch nicht spöttisch angesichts ihrer Scham und Empörung. Mit unverfälschter Fröhlichkeit, wie belustigt über einen Scherz. Frisch, entschieden, gesund, kindlich überdeckte sein Lachen das Geräusch des Wassers im Waschbecken, erfüllte die ganze Nacht und schien bis zu den Sternen emporzusteigen, die endlich einmal sichtbar waren am lehmfarbenen Himmel Limas.
Bildnachweis
1. Jacob Jordaens, Kandaules, König von Lydien, zeigt dem Minister Gyges seine Frau (1648), Öl auf Leinwand, Staatliches Museum Stockholm.
2. François Boucher, Diana beim Bade (1742), Öl auf Leinwand, Louvre, Paris.
3. Tiziano Vecellio, Venus mit Amor und Musik (um 1545), Öl auf Leinwand, Prado, Madrid.
4. Francis Bacon, Kopf I (1948), Öl und Tempera, Sammlung Richard S. Zeisler, New York.
5. Fernando de Szyszlo, Weg nach Mendieta 10 (1979), Acryl auf Leinwand, Privatsammlung.
6. Fra Angelico, Die Verkündigung (um 1437), Fresko, Kloster San Marco, Florenz.
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