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Burke 3 - Bluebelle

Burke 3 - Bluebelle

Titel: Burke 3 - Bluebelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Vachss
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Der Mittelsmann war in der Lotusposition – gelassen thronte er auf einer Armeeplane, die er ordentlich zum Quadrat gefaltet hatte, bevor er seine Gerätschaften aufbaute und Posten für den Tag bezog. Ein Schwarzer mit schimmernder Bronzehaut, dessen Haar glatt und glänzend vom Kopf hing und wie ein Helm das Gesicht einfaßte, das hauptsächlich Haut und Knochen war.
    Er hatte einen dicken Block Millimeterpapier offen auf dem Schoß liegen und bedeckte ein Blatt mit fein schraffierten Zeichen – eine geheime Kalligraphie nur für ihn allein. Er gab sich keine Mühe, sein Werk vor den Passanten zu verstecken. Sein leichtes Lächeln sagte alles – die biederen Bummelanten hielten ihn für geisteskrank; sie sahen nicht den Unterschied zwischen dem Boten und der Botschaft.
    Eine hellblaue Decke lag über seinen Schultern. Er stellte drei identische blaue Porzellanschalen um sich auf die Plane. Die zu seiner Rechten präsentierte ein reichliches Sortiment dünner Filzstifte in den verschiedensten Farben. Die Schale zur Linken enthielt ein schweres Zippo-Feuerzeug und etliche lose Zigaretten – alle möglichen Sorten. Unmittelbar vor ihm war eine Schale mit einigen Münzen, mit denen er die Passanten ermutigen wollte, ihren Beitrag zu seiner mystischen Sache zu leisten.
    Seine langen, spitzen Finger waren sauber und elegant, die Nägel manikürt und mit farblosem Lack überzogen. Tags zuvor konnte ich einen Blick auf seine Hände werfen, als ich haltmachte, um ihm über die Schulter zu blicken und bei der Arbeit zuzusehen. Er bedeckte eine Viertelseite mit Symbolen, benutzte nie zweimal dasselbe, arbeitete mit fünf verschiedenen Farben, nahm meine Anwesenheit gar nicht zur Kenntnis. Ich genehmigte mir eine seiner Zigaretten, zündete sie mit seinem Feuerzeug an. Er rührte sich nicht mal. Ich schmiß ihm ein paar Münzen in die Porzellanschüssel und zog, seine Zigarette rauchend, weiter. Sie schmeckte, als wäre sie in etwa so alt wie ich.
    Auch ohne die polierten Nägel hätte ich gewußt, daß er der Mittelsmann war. Die Gegend ist voller offener Anstalten für entlassene Psychopatienten – jeden Morgen entlassen sie ihre Fracht auf die Straßen, doch dieser Kerl gehörte nicht zur Herde. Er redete nicht mit sich selber, und er hatte nicht versucht, mir seine Geschichte zu erzählen. Und er wirkte nicht ängstlich.
    Das bißchen winterliche Frische, das im April noch in der Luft lag, schien ihn nicht zu stören. Er arbeitete jeden Tag die gleiche Schicht – fing morgens gegen elf an und blieb bis zirka drei bei der Sache. Der Mittelsmann hatte einen Vorzugsplatz. Stets baute er seinen Laden am Rand eines winzigen Dreiecks aus Dreck am West Broadway auf, zwischen Reade und Chambers Street. Auf dem Stück Dreck standen ein paar kaputte Bänke ohne Lehnen und ein verschrumpelter Baum, der von der jahrelangen Zuwendung durch Tauben, Hunde, Eichhörnchen und Schlucker gebonsait worden war. Eine Gasse ohne Mauern. Hier unten in diesem Teil der Stadt nennt man das einen Park.
    Um elf saß er noch im Schatten, aber nach Mittag zog die Sonne ihre Bahn vom East River rüber zum Hudson, und die Szenerie erwärmte sich. Der Mittelsmann nahm die Decke nie von den Schultern.
    Sein Flecken Dreck war Grenzgebiet: Von der Spitze Manhattans zog sich die Wall Street bis hier hoch, auf Kollisionskurs mit den Lofts bewohnenden Yuppies aus Soho. Jeder Quadratzentimeter Raum war für irgendwen irgendwas wert – und für irgendwen anders ein paar Monate später mehr. Die kleinen Fabriken wurden allesamt in Supermärkte umgemodelt. Sogar der Fluß war am Verschwinden, da die Gier nach Land die Bauherren weiter und immer weiter aufs Wasser trieb; die Ableger der Battery Park City wucherten in das Vakuum, das geblieben war, als man die Überführung für den West Side Highway abgerissen hatte. Die Kneipen am Fluß kapitulierten vor Nouvelle-Cuisine-Bistros. Die Elektroläden, die dir alles verkauften, was du brauchtest, um dir dein eigenes Dampfradio zu bauen oder das Telefon deiner Nachbarn anzuzapfen, machten Platz für Sushi-Bars. Antiquitätenläden, und handtuchgroße Kunstgalerien drängelten sich neben Schuppen, die einem irgendwelche Vitamine verkauften oder Videos verliehen.
    Schon immer haben Menschen hier unten gewohnt. Früher war die Gegend eine gottverdammte Künstlerkolonie – sie töpferte mehr Keramik als das gesamte Volk der Navajos. Die Hippies und die Künstler dachten, die Schlucker brächten grade den richtigen

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