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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Sie trat zu dem Tischchen neben der Bettcouch, auf dem ihre Sachen
lagen, und träufelte sich 20 Tropfen auf die Zunge — aus einem kleinen Fläschchen
mit gelbem Etikett.
    „Kein Ersatz für Schokolade“, meinte
Klößchen und sah argwöhnisch zu.
    Gaby hockte sich neben ihren Freund. „Was
ist denn Schreckliches passiert?“
    „Hast du noch nicht mit deinem Vater
gesprochen?“
    „Er war heute mittag nicht zu Flause.“
    „Willi“, forderte Tim seinen Freund
auf, „erzähl mal! Danach brauchen wir deine Hilfe, Alice! Stimmt doch, daß du
Porträts zeichnen kannst? Bei der Polizei hat’s mit dem Phantombild nicht
geklappt. Willi und der Zeichner verstanden sich nicht. Aber wir brauchen ein
Konterfei ( Abbild ) für die Suche nach dem Täter.“
    Alice strahlte. „Ich soll nach Willis
Beschreibung ein Porträt zeichnen? Toll! Werde mir größte Mühe geben.“
    Während Klößchen berichtete, trat Tim
ans Fenster und sah auf die Straße hinunter.
    Der Himmel war grau geworden, Wind
fegte durch die Altstadt-Straße, und vorn an der Ecke, wo die städtischen
Verkehrsbetriebe eine neue Haltestelle eingerichtet hatten, wartete ein Bus.
    Offenbar wartete er schon lange auf
seinen Einsatz, auf besseres Wetter oder einen Mechaniker. Jedenfalls waren die
Türen geschlossen, und niemand war eingestiegen. Immerhin saß der Fahrer
hinterm Lenkrad, biß mit starken Kiefern von einem großen Butterbrot ab und las
Zeitung. Also hatte er Pause.
    Gaby stellte sich neben Tim, und er
legte den Arm um sie. Ihre Blauaugen lächelten, aber ihre Ohren waren Klößchen
zugewandt, das heißt, sie hörte zu, wie er von dem räuberischen Penner
erzählte.
    Diesmal schmälerte Klößchen seine
Schuld beträchtlich. Das Wochenende in Kopenhagen hätte auch einen Weltmeister
total überanstrengt, meinte er: nach zwei Nächten ohne Schlaf, der endlosen
Familienfeier und dem Walzermarathon mit Tante Prisnella. Nur deshalb hätte er,
Klößchen, den Bordcase unzulänglich bewacht.
    „Da ist er ja“, Gabys Blick richtete
sich auf den Bus, „der Herr Weidrich, der Busfahrer. Ich habe den Kuchen schon
eingepackt. Ich laufe schnell runter.“
    „Ich komme mit“, sagte Tim.
    Klößchen erzählte noch. Alice hörte
aufmerksam zu. Karl hatte sich zu Oskar niedergelassen und kämmte dessen Ohren
mit seinem Taschenkamm. Allerdings führte Karl neuerdings zwei Kämme bei sich:
einen für sich und einen — bei Bedarf - für andere, auch für Hunde.
    Aus der Küche holte Gaby einen
mittelgroßen Karton, in dem sich ihr Backwerk befand: eine Schokoladentorte für
den Busfahrer Weidrich.
    „Morgens und mittags fährt er den
Schulbus“, erklärte Gaby, als sie die Treppe hinunterliefen. „Aber damit ist er
natürlich nicht ausgelastet. Nachmittags wird er dann meistens auf den Linien
19 und 21 eingesetzt. Ein sehr netter Mann, immer freundlich. Er rastet nicht
gleich aus, wenn man mal das Fahrgeld vergißt. Ich glaube, er war noch nie in
einen Unfall verwickelt.“
    „Wie alt wird dieser Wunderknabe?“
    „Keine Ahnung. Ich schätze ihn auf 40.“
    Sie traten auf die Straße.
    Gaby trug zu ihren Jeans nur einen
dünnen Pullover und begann zu frösteln. Aber lange würde es ja nicht dauern.
    Sie überquerten die Straße, und Tim
bemerkte einen knallgelben Porsche, der hinter dem Bus parkte.
    Der Fahrer war ausgestiegen, ein
schlanker Mann mit einem rötlichen Kurzbart, der nahezu das ganze Gesicht
bedeckte, jedenfalls hochreichte bis an die Tränensäcke. Dort hing die Haut
tatsächlich sackartig schlaff, obwohl der Mann eher jung war.
    „Guck dir den an!“ meinte Tim. „Der
könnte im Horrorfilm auftreten. Als Werwolf.“
    „Als was?“
    „Ein Werwolf ist eine Art Zombie, der
sich dann und wann in einen Wolf verwandelt und seine Mitmenschen anknabbert.
Jedenfalls einer mit schnell wachsendem Fell. Wenn ich der Porsche-Typ wäre,
würde ich mich rasieren.“
    Der Mann stand jetzt neben Weidrichs
Tür und klopfte an die Scheibe.
    Der Busfahrer schreckte auf. Dann
erkannte er den Bärtigen und öffnete die Tür.
    Wortlos — Tim hörte nichts, obwohl sie
schon nahe waren — reichte der Bärtige ein Kuvert zu Weidrich hinauf.
    „Da...danke!“ stotterte der. „Vielen...
vielen Dank!“
    Der bärtige Porsche-Fahrer nickte,
wandte sich um und bemerkte das TKKG-Pärchen.
    Für einen Moment starrten eishelle
Augen Tim an. Es war kein zufälliger Blick. Der Mann schien Tim zu kennen.
    Woher? überlegte der TKKG-Häuptling.
Muß ich den Typ

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