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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Arnaud
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geschafft; und sofort gab es anderes zu tun: da war vor allem Johnny.
    Gérard hatte kein gutes Gewissen. Behutsam und im voraus mit Geduld gewappnet, begann er Johnnys Bein rings um die Wunde zu reinigen. Das Öl saß fest wie Pech. Er mußte etwas Benzin aus dem Reservetank holen, um es abzuwaschen. Blutvergiftung war nicht gerade das Ideale. Als die Wunde sichtbar wurde, war Stürmer selbst entsetzt.
    Die Haut war überdehnt, rot mit blauen Adern, sie schillerte. Ein Riß mit glatten Rändern lief in einer Zickzacklinie das ganze Schienbein entlang. Eine tiefe Rinne. Der Eiter darin war schon grün.
    Natürlich war kein Verbandskasten im Wagen. Niemand hatte an einen anderen Unfall als an die Explosion gedacht. Ach was, in Ermangelung von reinem Alkohol konnte man Rum nehmen.
    Als Stürmer mit der Klinge seines Taschenmessers den Eiter vom Knochen schabte, stieß Johnny ein lang anhaltendes Gebrüll aus.
     
     
    Der Reifen mußte gewechselt werden. Eine ganz einfache, selbstverständliche Arbeit; aber Gérard war am Ende seiner Kräfte. Er brauchte beinahe eine Stunde, um das Reserverad abzuschrauben, um es vor das Rad zu rollen, das ersetzt werden mußte. Der Wagenheber war schnell an seinem Platz, aber die Muttern loszuschrauben, dazu waren Kraft und Nerven nötig. Und als er die fünfunddreißig Kilo Eisen, Gummi und komprimierter Luft anheben wollte, um sie auf die Radbolzen zu stecken, da mußte er dreimal ansetzen und dabei den Radmutterschlüssel als Hebel zu Hilfe nehmen. Das Blut klopfte in seinen Schläfen, ihm wurde rot vor Augen. Als er endlich fertig war, war es bereits zwölf Uhr.
    Er war entschlossen, sofort weiterzufahren. Trotz der starken Hitze. Er überlegte nicht mehr. Das Blech des Tanks war so heiß, daß er es kaum anfassen konnte. Er fragte sich, bei welcher Temperatur die Suppe überlaufen würde. Und welche Menge Nitroglyzerin bei der kritischen Temperatur wohl nötig wäre, damit das Ganze in die Luft flog. Aber die Erschöpfung hinderte ihn daran, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Schlaftrunken steuerte er auf Johnny zu. Es würde nicht leicht sein, sich ihn auf die Schultern zu laden. Aber hier konnten sie nicht bleiben.
    Die Sonne brannte senkrecht auf ihre Köpfe und auf das Blech des K.B. Die Mode in den lateinamerikanischen Republiken läßt keine Tropenhelme zu. Alles, was an die Kolonialzeit erinnern könnte, ist verpönt; auch ist das Tropenklima leichter zu ertragen als in Afrika. Immerhin, wer von der Hitze so erschöpft ist wie Stürmer, dem wäre wohl auch ein einfacher Filzhut willkommen.
    Das Bein des Verletzten begann brandig zu werden.
    Noch ein Glück, daß der Petroleumgeruch die Moskitos fernhält. Das geschwollene bläuliche Fleisch, der stinkende, wäßrige Eiter wären sonst damit bedeckt gewesen. Als Stürmer dem Verletzten die Hand unter die Kniekehlen schob, drehte sich ihm vor Ekel der Magen um: der andere hatte keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Er schwamm in einem unbeschreiblichen Schmutz. Die Entmutigung überfiel den Franzosen mit solcher Heftigkeit, daß er losließ und sich einige Schritte entfernt auf den Boden setzte.
    Aber er konnte hier nicht sitzenbleiben. Sie mußten außer Reichweite der zu erwartenden Katastrophe. Nur nicht einschlafen ... los, Junge, auf!
    Leicht gesagt. Die Sonne stand nicht mehr allein im Zenit, es gab drei, vier, zehn Sonnen unter seinen Lidern, die nur darauf warteten, daß er die Augen schloß, um sich im Kreise zu drehen; und an dem roten Schleier des Himmels hingen dicke Schattentropfen, die unaufhörlich zur Erde fielen. Der typische Beginn eines Sonnenstichs. Er mußte zum Wagen zurück, sich den Kopf naß machen, sich in den Schatten legen, das heißt unter den Tank.
    Stürmer packte Johnny mit beiden Händen unter den Achselhöhlen; aber seine Muskeln waren schlaff, seine Gelenke steif. Es fiel ihm schwer, den Rumänen festzuhalten. Von seinem verletzten Finger ging ein stechender Schmerz aus, der sich durch den Arm bis in die Schulter und von dort über die ganze Brust zog. Selbst das Herz tat ihm weh.
    Gérard schleifte den nackten Körper rückwärts gehend über den unebenen Boden. Es waren nicht einmal dreißig Meter bis zum Wagen, immerhin genug für das brandige Bein. Es brach wieder auf. Der Eiter floß daran herunter. Trotzdem mußte Gérard weiter; er mußte den Ohnmächtigen vor den sengenden Strahlen schützen, sonst war er ganz gewiß verloren.
    Das Blut brannte Stürmer in allen Adern. Er

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