Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
hochwirksames Gift hatte sich direkt durch die Projektorlinse des Holos gebrannt, was dem Eigentümer des Unternehmens einige Kosten verursacht hatte. Während Pip in der Nähe Wache hielt, hatte der erwischte Witzbold den Schaden in voller Höhe bezahlt.
Flinx schlenderte auf den einzigen besetzten Tisch zu. Der Mann, der ihm gegenübersaß, trug stolz seinen Knebelbart, den er sorgfältig gewichst hatte, so daß er zu glitzern schien. Die Bartenden zitterten wie die Nadeln eines Praxilisokops, wenn er lachte. Sein Name lautete Jebcoat, und er stammte von Hivehom, ein Mensch, der auf einer Hauptwelt der Thranx aufgewachsen war. Ihm waren Hitze und Feuchtigkeit nicht fremd. Soweit Flinx nach ihrer ersten kurzen Begegnung vor einigen Wochen sagen konnte, als er zum erstenmal nach Mimmisompo gekommen war, hatte Jebcoat überall ein bißchen mitgemischt. Wenn man ihm eine Frage stellte, bestand eine Chance von fünfzig zu fünfzig, daß man auch eine Antwort erhielt. Die Chancen, daß die Antwort auch richtig war und der Wahrheit entsprach, lagen allerdings niedriger.
Flinx kannte die weiblichen Begleiter nicht. Jebcoat sah ihn herankommen und unterbrach das Gespräch mit den Damen und begrüßte den jungen Mann mit breitem Lachen. Eine der Frauen wandte sich neugierig um und betrachtete den Neuankömmling. Sie war knapp unter zwei Meter groß und trug Implantate, die den Pupillen einen silbernen Glanz verliehen.
»Ist dieser Junge ein Freund von dir?« fragte sie Jebcoat, ohne den Blick von Flinx zu wenden.
Er versteifte sich kurz, bis er erkannte, daß sie ihn zu provozieren versuchte. Das war die Art, wie man sich auf Alaspin mit einem Fremden bekanntmachte.
»Er ist kein Junge.« Jebcoat kicherte verhalten. »Ich will aber auch nicht behaupten, daß er ein Mann ist. Offen gesagt, weiß ich nicht, was er ist, aber du solltest in seiner Nähe lieber genau überlegen, was du sagst. Er trägt den Tod als Schoßtier bei sich.«
Wie auf ein Stichwort schob Pip ihren Kopf aus Flinx’ Kragen heraus, und Scrap schüttelte sich an seinem Handgelenk. Die Blicke der Frau glitten von dem erwachsenen Minidrach hinunter zu dem Jungtier. Flinx nahm bei ihr keine Angst wahr, was bedeuten konnte, daß sie entweder so mutig und selbstsicher war, wie sie erschien, oder daß seine verdammenswerten Talente ausgerechnet in diesem Moment wieder einmal nicht funktionierten.
Die andere Frau war ebenfalls groß, allerdings nicht eine solche Riesin wie ihre Gefährtin. »Geh ein bißchen behutsam mit ihm um, Lundameilla! Er ist richtig süß, allerdings ein bißchen mager, würde ich meinen.« Sie lachte, ein knappes Kichern, das jeden in ihrer Umgebung grinsen ließ. »Ihr beide würdet nebeneinander durch jede Tür passen. Willst du dich nicht zu uns setzen?«
Flinx schüttelte den Kopf. »Nur ein oder zwei Fragen. Ich war draußen im Ingrewald, und ich muß etwas über jemanden in Erfahrung bringen, dem ich dort begegnet bin.« Die Augenbrauen der Riesin hoben sich.
»Hast du was gefunden, als du draußen warst?« Jebcoat sah ihn fragend an.
»Das, wonach ich gesucht habe.« Flinx sah, daß sein Ansehen um einiges gestiegen war. Es wurde auf Alaspin nicht als unhöflich angesehen, wenn man einem Fremden Fragen stellte, doch es galt als geradezu närrisch, darauf direkt zu antworten. Manchmal war es sogar noch schlimmer als närrisch.
»Ich habe auch etwas gefunden, wonach ich nicht gesucht habe. Etwa so groß« - er hob die Hand in Schulterhöhe -, »schlank, weiblich, zweiundzwanzig bis fünfundzwanzig, hellblond mit einer seltsamen Frisur und blauen Augen, obgleich die vor kurzem durchaus gefärbt worden sein können. Sehr hübsch.«
»Wie hübsch?« fragte der andere Mann am Tisch und ergriff zum erstenmal das Wort. Er war breitschultrig und stämmig und hatte sich seit Tagen nicht enthaart.
»Außerordentlich. Sie trug Shorts und eine dünne Bluse, von beidem nur ein Stück.«
»Im Ingredschungel?« Die Riesin verzog das Gesicht.
»Millimilben und Bohrkäferbisse am ganzen Körper.« Flinx sah den anderen Mann an. »Außerdem hat jemand sie sorgfältig und profimäßig bearbeitet.«
Das Lächeln des Schwergewichts verflog, und er ließ sich auf seinem Stuhl nach hinten sinken. »Gottheit, was für eine Welt!« Er wandte sich an Jebcoat. »Setzt das bei dir etwas in Gang?«
Jebcoat dachte nach, wobei sein Schnurrbart kurzfristig zur Ruhe kam. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich kenne niemanden, der sich in
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