Lord Tedric 02 - Raumpiraten
zu sprechen.«
Er nahm seinen Rundgang, den er bei ihren verletzenden Worten unterbrochen hatte, wieder auf.
»Ich sehe keinen Sinn in dieser Reise. Ich bin so viel herumgekommen wie kein anderer Privatmann vor mir. Glaub mir, der Raum selbst ist trostlos und Öde. Ein Planet ist wie der andere, auch wenn er bewohnt ist. Du würdest auf dieser Reise nichts anderes sehen als hier auf Milrod auch.«
»Vater, ich kann ja gar nichts sehen. Hast du das vergessen? Ich bin stockblind.«
Wieder zog er tief die Luft ein. Sie wußte, daß sie ihn quälte, doch ihrer Meinung nach hatte er sie dazu gezwungen. Sobald Matthew zu Hause war, würde die Eintönigkeit unerträglich. Sie mußte einfach weg, oder sie würde verrückt. Und der einzige Ort im ganzen Empire, wohin man ausweichen konnte, war der Weltraum.
»Nein«, sagte er nach längerem Schweigen. Er trat wieder zu ihr und berührte sie sanft. »Ich kann das nicht zulassen. Wegen deiner Sicherheit, Alyc, und wegen deines guten Rufes.«
Sechs Monate brauchte Alyc, bis Melor Carey nachgab. In den Jahren zuvor hatte sie seine Weigerung als unabänderlich akzeptiert, doch in der Zwischenzeit waren ihr Trotz und ihr Eigensinn gewachsen. Sie bearbeitete ihren Vater bei jeder Gelegenheit, die sich ihr bot. Glücklicherweise war er wegen Matthew jetzt häufiger zu Hause. Sie verbrachte mehr Zeit in seinem Büro als die ganzen fünf Jahre zuvor. Und schließlich siegte sie, wie sie es vorausgesehen hatte, und erreichte ihr Ziel.
Auf dem Linienschiff Oceania wurde eine Passage für sie gebucht, und mit dem Kapitän vereinbart, sie während eines Zwischenstops bei Milrod 11 an Bord zu nehmen. Die Oceania war das größte und luxuriöseste Schiff der Reichsflotte. (Ihr Besitzer war Melor Carey). An Bord dieses Schiffes sollte Alyc ein Reise durch das gesamte Reich machen, die etwa neun Normalmonate dauern würde. In dieser Zeit flog die Oceania etwa 18 bewohnte Welten an. Vergeblich versuchte Melor Carey, seine Tochter zu überzeugen, eine Reisebegleiterin mitzunehmen. Er benannte mehrere unverheiratete Töchter von befreundeten Familien, doch Alyc lehnte mit der Begründung ab, sie wolle nicht den guten Ruf eines unschuldigen Mädchens ruinieren. Dann schlug Melor ihr vor, in Begleitung eines Ehepaares zu fahren. Wieder nannte er eine Reihe von Namen, doch auch diesmal hatte Alyc Einwände. An allen Bekannten hatte sie etwas auszusetzen, sie waren entweder zu dumm und eingebildet oder zu eitel und verdorben.
Melor Carey gab es schließlich auf. Alyc würde also nur in Begleitung ihrer persönlichen Dienerin Kisha reisen. Sie hatte zwar gebeten, ihr noch Kuevee, den Roboter, mitzugeben, doch Melor Carey wies sie auf die Reichsgesetze hin, die den Transport eines Roboters in einem Linienschiff verboten. Außerdem wurden Kuevees Dienste im Garten mit den Fremdkulturen dringend benötigt.
Alyc zeigte Verständnis.
Zwei Tage, bevor sie ihre Reise antrat, verließ ihr Bruder Matthew Milrod 11 an Bord eines anderen Schiffes. Er kehrte zur Erde zurück, um das Kommando einer Abteilung im Kaiserlichen Korps der Einhundert zu übernehmen. Lady Alyc benutzte diese Zeit dazu, um sich von Kuevee und den vertrauten Blumen, Pflanzen, Bäumen und Palmen in ihrem Garten zu verabschieden.
Dann kam der Tag, an dem sie die Fähre von Milrod 11 zur Oceania im Orbit hinauftragen sollte. Ihr Vater begleitete sie. Alyc redete unaufhörlich, um ihn etwas aufzumuntern. Sie ahnte, daß ihn jetzt ähnliche Gefühle bewegen mußten wie einen Mann, der ein Monster geschaffen hatte und nun feststellen mußte, daß es sich seiner Kontrolle entzog. (Kisha hatte ihr irgendwann einmal aus einem alten Buch etwas über einen solchen Mann vorgelesen). Im Innern bedauerte Alyc ihren Vater, doch dieses Gefühl wurde verdrängt durch ihre eigene Erregung und Freude. Endlich geschah etwas. Das langweilige Gleichmaß ihres bisherigen Lebens hatte einen Riß bekommen. Sie hatte das Gesetz der Wahrscheinlichkeit überlistet.
Daran glaubte sie auch noch während des ganzen ersten Teils ihrer Reise. Doch als die Oceania in einen Orbit um die neunte bewohnte Welt einschwenkte, wußte sie, daß sie sich geirrt hatte. Melor hatte recht gehabt. Die Welten waren alle gleich, es gab keinen erkennbaren Unterschied. Alyc war krank vor Langeweile, müde und unlustig. Sie wollte nach Hause. Die meiste Zeit verbrachte sie in ihrer Kabine, wo sie sich, wenn sie nicht gerade etwas anderes tat, mit Kisha unterhielt oder den
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