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Lorettas letzter Vorhang

Lorettas letzter Vorhang

Titel: Lorettas letzter Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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wie ich schon sagte, ich glaube nicht, daß diese Muster   …»
    «Wenn Ihr erlaubt, Monsieur, vielleicht kann ich helfen.»
    Claes sah sich nach der leisen Stimme um. Er hatte die junge Frau, die gleich nach seiner Ankunft das Musterbuch gebracht hatte, völlig vergessen. Sie war nicht groß und nicht klein, trug ein unauffälliges, grau-weiß gestreiftes Kleid, und das streng zurückgebundene, fast schwarze Haar unter ihrer offenen, leichten Haube ließ sie noch blasser erscheinen, als sie ohnedies war.
    «Ja, ganz trefflich. Ein guter Vorschlag», rief Schwarzbacherleichtert. «Freda, Mademoiselle Blank, ist meine beste Musterzeichnerin und hatte im Frühjahr die Ehre», er machte eine kleine Verbeugung, «Eure Gattin bei der Wahl der Muster für die neue Ausstattung Eures Harvestehuder Gartenzimmers zu beraten. Schnell, Freda, Monsieur Herrmanns ist ein beschäftiger Mann.»
    Schwarzbach gab sich große Mühe, streng und angemessen herrisch zu klingen, was ihm allerdings nicht recht gelang. Er trat zur Seite, um seiner Musterzeichnerin Platz zu machen, und die Weise, in der er sie dabei betrachtete, ließ Claes ahnen, warum Schwarzbachs Westen seit einiger Zeit so bedenklich jugendliche Farben zeigten.
    Seit Claes Herrmanns nicht nur wieder verheiratet, sondern in seine Frau auch geradezu beunruhigend verliebt war, sah er Dinge, die er früher nie wahrgenommen hatte.
    «Wenn Ihr erlaubt?» Freda schob das dicke Buch ein wenig näher zum Fenster und blätterte mit sicherem Griff einige Seiten zurück. «Für den Januarball, habt Ihr gesagt», murmelte sie, aber es war keine Frage. Ihr Blick war konzentriert, als sähe sie anstelle der Muster Madame Herrmanns auf dem Parkett des großen Saales im Baumhaus im Licht der hundert Kerzen, als hörte sie das Orchester, klirrende Gläser und gedämpftes Lachen.
    «Dieses», sagte sie dann, «oder das nächste.»
    Auch das klang nicht wie eine Frage.
    Claes erwartete, daß sie nun einige höfliche Sätze über den erlesenen Geschmack ihres Herrn murmeln würde, der nur in diesem speziellen Fall vielleicht ein wenig fehlgegangen sei. Aber das tat Freda nicht. Sie sah nur schweigend auf das aufgeschlagene Blatt.
    «Madame Herrmanns», erläuterte sie dann, «liebt zartere Muster, und die kleiden sie auch am besten. Dassanfte Grün dieser Ranken unterstreicht die Farbe ihrer Augen, das helle Ziegelrot der kleinen Blüten gibt dem Muster die Heiterkeit, die auch Eurer Gattin zu eigen ist. Und diese gefiederten Tulpen sind wohl üppig, aber dennoch ganz leicht.»
    Claes starrte verblüfft auf das Blatt. Natürlich, warum hatte er das nicht selbst herausgefunden? Sein Blick war immer nur an den stärksten, an den leuchtendsten Farben haftengeblieben, diese sanften hatte er dabei übersehen, sie waren ihm schwach und viel zu schlicht erschienen.
    Er blickte Freda an, dann Schwarzbach. Der rieb seine Hände inzwischen äußerst nervös.
    «Wunderbar», sagte Claes, «Ihr habt vollkommen recht. Ich bin Euch sehr dankbar. Und ich wäre Euch noch dankbarer, wenn Ihr Euren Rat das nächste Mal gleich geben würdet.»
    Er blätterte die nächste Seite auf. «Dieser, sagtet Ihr, würde meiner Frau auch stehen?»
    Freda nickte lächelnd.
    «Aber gewiß.» Schwarzbachs Stimme und Blick waren nun wieder ganz spröde Würde. «Wenn Ihr allerdings bedenkt – für den großen Ball wirkt dieser Kattun mit den delikaten Goldmalereien doch sehr viel kostbarer. Nicht nur modischer, auch kostbarer als Seide.»
    Claes blickte nachdenklich aus dem Fenster, aber tatsächlich sah er Freda an, die wieder ihren Platz an der Tür eingenommen hatte, sah ihr kaum merkliches Kopfschütteln und spitzte scheinbar abwägend die Lippen.
    «Nun, mein lieber Schwarzbach, das mag sein. Aber ich glaube, meine Frau mag diese goldbemalten Stoffe zur Zeit nicht so sehr. Vielleicht zu den Karnevalsmaskeraden im Februar. Dann kleiden wir uns ja alle gern ein wenig extravaganter.»
     
    Endlich konnte Schwarzbach seinen Kunden hinausbegleiten. Als die beiden Männer aus der Tür traten, rumpelte ein Fuhrwerk über das Pflaster in den Hof. Es war mit dicken Kattunballen beladen. Schwarzbach seufzte.
    «Auf dem Wagen», sagte er, «sind auch Eure beiden Ballen. Sie sind schon gewaschen, auch mit Vitriolöl-Wasser gekocht und immer wieder geklopft, um Flecken, Schmutz und die Schlichte der Weber herauszulösen, und mehr als drei Wochen auf der Bleichwiese gewesen. Sie sind auch mit Pottaschewasser gekocht, was den Stoff

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