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Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe

Titel: Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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der alte Marquess gebrüllt: »Der Wind und die Brandung höhlen den Fels aus. Glaubst du, ich lasse es zu, dass das verdammte Meer dich mir auch noch wegnimmt?«
    Soweit Jermyn sich erinnern konnte, war dies das einzige Mal gewesen, dass sein Vater auf das tragische Verschwinden seiner Frau angespielt hatte. Damals hatte Jermyn für einen Moment gesehen, wie viel Kummer und Schmerz diese Frau dem Marquess bereitet hatte.
    »Sollte es Schwierigkeiten geben, so werde ich für alles die Verantwortung übernehmen«, sagte die alte, leicht brüchige Stimme. »Wenn Seine Lordschaft erfährt, dass ich meine Herde in steinige Weidegründe geführt habe, wird er gewiss ...«
    »Glauben Sie, er wird Sie anstatt uns hängen?« Das war wieder Mertles Stimme. »Das werden wir nicht zulassen, Vikar.«
    Aha, Vikar Smith war also derjenige, der die Verantwortung für alles übernehmen wollte.
    »Wir stecken da gemeinsam drin«, meinte Mertle. »Wir haben das getan, um Miss Victorine und uns selbst zu helfen und um ein großes Unrecht aus der Welt zu schaffen ...«
    »Und um die Seele Seiner Lordschaft zu retten«, ließ sich wieder die tiefe Männerstimme vernehmen.
    Um meine Seele zu retten? Jermyn konnte kaum glauben, was er da Unerhörtes belauschte.
    »Ja, Pom, auch das wollten wir«, stimmte Mertle ihm zu.
    »Ich würde sagen, wir haben auch versucht, die Seele von Mr. Edmondson zu retten, aber ich fürchte, das ist vergebens«, merkte der Vikar trocken an.
    »Ja, und ich glaube, die meisten von uns machen sich mehr Sorgen um die Seele Seiner Lordschaft als um die von Mr. Edmondson.« Allgemeines Lachen folgte auf Mertles Feststellung.
    Demnach mochte keiner hier Onkel Harrison. Nach dieser Woche musste Jermyn sich eingestehen, dass selbst er seinen Onkel in einem anderen Licht sah, und das behagte ihm gar nicht.
    »Ich habe noch nie gehört, dass gleich ein ganzes Dorf gehängt wurde, und daher sollten wir Gott vertrauen, dass Seine Lordschaft uns gnädig sein möge«, sagte sie mit gezwungener Fröhlichkeit.
    Jermyn rechnete damit, dass jemand aus der Runde bestätigen würde, dass er als Marquess tatsächlich Gnade vor Recht ergehen ließe.
    Stattdessen sagte Mrs. Kitchen: »Er ist nicht wie sein Vater. Er kommt nach seiner Mutter und läuft vor den ermüdenden Pflichten davon, denen er nicht nachkommen will. Er wird keine Gnade zeigen. Es wird ihn nicht einmal interessieren, was aus uns wird.«
    Als Jermyn sich wieder durch das enge Fenster in den Keller zwängte, lag die gebrochene Fußfessel noch auf dem Boden. Die Bettstatt war zerwühlt von dem leidenschaftlichen Zusammentreffen mit Amy, der Ofen spendete noch Wärme, und das Schachbrett schien nur darauf zu warten, eine neue Partie zu erleben.
    Alles war so, wie er es zurückgelassen hatte. Miss Victorine und Amy hatten noch gar nicht bemerkt, dass er geflohen war. Im Kellerraum hatte sich nichts verändert.
    Und doch sah die Welt mit einem Mal anders aus.
    Seine Mutter.
    Er ließ sich in einen Stuhl sinken, zog die Stiefel aus, an deren Sohlen verräterische Spuren von Gras und Dreck klebten, und warf sie unter die schmale Bettstatt. Dann ging er zu der Kommode und beseitigte sämtliche Spuren seiner Flucht.
    Er hängte den langen Mantel wieder über den Stuhl, langte nach einem der Handtücher, die für die morgendliche Wäsche bereitlagen, und trocknete sein vom Nebel feuchtes Haar.
    Nun saß er im Stuhl und spürte, wie die höhnische Bemerkung ihn erneut bestürmte.
    Er kommt eher nach seiner Mutter und rennt vor den ermüdenden Pflichten davon , denen er nicht nachkommen will.
    Abrupt stand er auf und schritt aufgebracht im Keller auf und ab.
    Wie konnte diese Frau es wagen, ihn mit seiner Mutter zu vergleichen? Wieso hatten die anderen zugestimmt? Er war wie sein Vater! Warum sah das denn keiner? Er sah doch schon wie sein Vater aus. Er ritt wie Vater, und er war auf den Namen der Edmondsons ebenso stolz wie auf den Titel Northcliff.
    Aber die Dorfbewohner glaubten, er komme nach seiner Mutter.
    Wieso behaupteten sie das?
    Doch er brauchte seinen Verstand nicht anzustrengen, um sich diese Frage selbst zu beantworten.
    Die Dorfbewohner hatten ihren Lehnsherrn achtzehn Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen und wussten gar nicht, wie er eigentlich aussah und worauf er stolz war. Alles, was die Leute im Dorf wussten, war, dass der Marquess von Northcliff seine Pflichten vernachlässigt hatte.
    Das war sein Versäumnis, nicht das seines Onkels. Jermyn hatte versagt.

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