Lost Vampire - Das Ende der Welt
können. Dann würde James das Ritual – ein Zauberspruch aus einem alten Almanach der Wächter – sprechen und Linestras Essenz in ein antikes Gefäß bannen.
„ Gleich einem Djinn in der Lampe?“, fragte Sam ironisch, doch james ging nicht darauf ein.
„ Wenn wir zusammenarbeiten, dann sind wir in der Lage, eines der größten Übel zu verhindern, von dem die Welt auch nur träumen kann“, schloss der Wächter über die vielen Bücher gebeugt, die über seinem Schreibtisch ausgebreitet lagen, seine lange Erklärung.
Das Treffen hatte nur etwas mehr als eine Stunde gedauert, doch selbst für George fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. Er war viel mehr um Ever besorgt, als dass er sich Gedanken machte über seine gefährliche Schlüsselrolle in der ganzen Situation. Als sie sich zum Gehen aufmachten, wollte James noch alleine mit George sprechen.
„ Ich warte draußen auf dich“, seufzte Ever und verließ mit Sam das Museum.
An der frischen Luft lehnte sich Ever erschöpft gegen ihren Wagen. Sam stand neben ihr und machte nicht den Anschein, sie alleine lassen zu wollen. Entgegen seiner sonst üblichen Manier versuchte er auch nicht, sie mit frechen Sprüchen zu ärgern.
„ Alles in Ordnung mit dir, Sam?“, fragte Ever und machte sich ernsthaft Sorgen um den Dämon. Er wirkte noch angeschlagener als vor einigen Stunden.
„ Das hat bis nach dem Weltuntergang Zeit, Ever“, antwortete er knapp und lehnte sich neben sie an den Wagen. Tatsächlich tobte ein Gefühlschaos in Sam. Eine Dämonin – seinesgleichen – tauchte auf. Doch anstatt mit ihr reden zu können und vielleicht mehr über seine eigene Herkunft zu erfahren, sollte sie vernichtet werden. Und trotz alledem wollte Sam Linestras Zerstörung. Weil sie das bedrohen würde, was auch Sam längst nicht mehr gleichgültig war: Ever.
George stand noch immer in James Büro, während dieser bereits damit beschäftigt war, seine Bücher zurück in die jeweiligen Regale zu räumen.
„ Was gibt es noch zu besprechen?“, fragte er sehr direkt.
„ George“, setzte der Wächter an und fuhr ohne Umschweife fort: „Es erscheint mir wichtig, einige meiner Absichten mit dir zu teilen, die in der Runde zu direkt gewesen wären.“
„ In Ordnung“, erwiderte der Vampir mit einer gewissen Überraschung.
„ Ich will niemandem mit diesem Plan oder meinem Handeln schaden, in den ich dich und Sam hineinziehe“, erklärte er mit einem freundlichen Lächeln. „Aber ich bin natürlich bereit, aufs Spiel zu setzen, was nötig ist, um das Gleichgewicht aller Kräfte zu wahren.“
„ Das klingt nach einer Enthüllung, die besser verschwiegen bleibt, wenn man strategisch an die Situation geht.“ George kräuselte die Stirn.
„ Wir, das heißt der Wächter Lukas Drake und ich, haben vor langer Zeit einen Fehler gemacht, als wir uns um die Rolle des letzten Gestaltwandlers kümmerten“, brachte James mit plötzlich bitterer Miene hervor. Die Aussage schien ihn schwer zu belasten. „Lukas kam zu der bedenklichen Überzeugung, dass der Gestaltwandler tot eine weniger unberechenbare Variable in unserer Kalkulation sei. Ich kann nicht gänzlich seiner Logik widersprechen, doch ich schäme mich für unser damaliges Handeln. Ich werde Ever diesmal nicht einfach opfern.“
„ Lukas Drake ist ein Mann, der an die Einsicht in die eigene Verfehlung geglaubt hat, als ich ihn zuletzt getroffen habe. Er würde Fehler nicht wiederholen.“ George kam in diesem Moment keine bessere Antwort als sein eigenes Erlebnis mit Lukas Drake in den Sinn. Der Wächter hatte George quasi einen Spiegel vorgehalten und ihn jede Empfindung seiner Opfer nachempfinden lassen. Der Schock über sich selbst hatte gereicht, um Georges Leben komplett zu wenden.
„ Lukas ist heute ein anderer als damals“, sinnierte James. Der Blick des Wächters verfinsterte sich. „Die Zeit hat eine Seite an ihm hervorgebracht, die mir fremd ist und Sorgen macht. Du bist vielleicht der Letzte gewesen, dem seine Worte die Augen für einen neuen Lebenssinn geöffnet haben. Lukas ist finster geworden, George.“
George schaute James ratlos an. Ein Wächter, der nicht mehr rational das Gleichgewicht hielt, sondern sich der dunklen Seite zugewandt hat, wäre wohl ein größeres Problem für die Menschheit als Linestra und der Höllenschlund.
„ Das war alles, was ich dir zu sagen habe.“ James drehte dem Vampir den Rücken zu.
„ Ich danke dir für deine Offenheit, James.“ George
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