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Lucy kriegt's gebacken

Lucy kriegt's gebacken

Titel: Lucy kriegt's gebacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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sein, dass mein Haltbarkeitsdatum schneller abläuft, als ich zugeben mag. Verdammtes Barthaar.
    Jimmy hätte gewollt, dass ich weitermache, dass ich glücklich bin. Natürlich hätte er das gewollt. „Was meinst du, Jimmy?“, frage ich laut. „Ich glaube, es wird Zeit, einen Mann kennenzulernen. Einverstanden, Liebling?“
    Ich warte auf eine Antwort. Seit seinem Tod hat es immer wieder Zeichen gegeben. Zumindest glaube ich das. Im ersten Jahr tauchten zum Beispiel Zehncentstücke an den unmöglichsten Stellen auf. Manchmal erhaschte ich einen Hauch seines Geruchs - Knoblauch, Rotwein und Rosmarin … Er war Chefkoch im Gianni‘s, dem Restaurant seiner Eltern. Ab und zu träume ich von ihm. Aber heute, als es um mein Liebesleben geht, geschieht nichts.
    Die Hintertür geht auf, und meine Tanten und meine Mom kommen herein. „Es war schön auf dem Friedhof!“, verkündet Iris. „Wunderschön! Wenn ich allerdings die Typen erwische, die so nah am Grab von meinem Pete Gras mähen, erwürge ich sie mit meinen bloßen Händen.“
    „Ich weiß. Das habe ich der Friedhofsverwaltung auch schon gesagt“, trällert Rose. „Letztes Jahr haben sie die Geranien abgemäht, die ich für Larry gepflanzt habe. Ich hätte am liebsten geheult!“
    „Du hast geheult“, betont Iris.
    Mom kommt in eine Wolke Chanel No. 5 gehüllt zu mir. „Dieses Baby ist wirklich wunderhübsch, oder?“, fragt sie lächelnd.
    Ich grinse sie an. „Absolut. Gratuliere, Oma.“
    „Mmm. Oma. Das klingt gut“, sagt sie selbstzufrieden.
    Iris nickt zustimmend - sie ist bereits Oma, dank der beiden Kinder, die ihr Sohn Neddy und seine Exfrau gezeugt haben. Rose hingegen schmollt.
    „Das ist einfach nicht fair“, sagt sie. „Du bist so viel jünger als ich, Daisy. Ich hätte als Erste Oma werden sollen.“ Rose und Iris sind weit über siebzig, meine Mutter ist fünfundsechzig, und Roses einziger Sohn hat sich bisher noch nicht fortgepflanzt (was bei seinem Hang zu Dummheiten vermutlich eine gute Sache ist).
    „Oh, Stevie wird schon noch ein Mädchen schwängern, keine Sorge“, meint meine Mutter milde. „Allerdings frage ich mich, ob er jemanden zum Heiraten findet, wenn sie befürchten muss, auch jung zu sterben.“
    Als ihnen klar wird, wie heikel das Thema ist, drehen sich die schwarzen Witwen alle auf einmal zu mir um und sehen mich an.
    Wissen Sie, der Schwarze-Witwen-Fluch hat in meiner Generation bisher nur mich getroffen. Meine Schwester lebt in der ständigen Angst, dass Chris ebenfalls jung sterben könnte, aber bisher ist alles in Ordnung. Anne, die Tochter von Iris, ist lesbisch, und aus irgendeinem Grund gehen die schwarzen Witwen davon aus, dass Laura (seit fünfzehn Jahren Annes Partnerin) wegen ihrer sexuellen Orientierung von dem Fluch verschont bleiben wird. Neddys Exfrau wird auch als ungefährdet betrachtet. Sowohl Ned wie auch Stevie sind gesund, wobei Stevie ein Wackelkandidat sein könnte (er hat mal bei einer Mutprobe giftigen Efeu gegessen, da war er zweiundzwanzig). Die biologischen männlichen Nachkommen in unserer Familie bleiben bisher verschont - es scheinen nur die Ehemänner von einem frühen Tod ereilt zu werden. Mein Großvater, meine Großonkel, mein eigener Dad, die Männer meiner Tanten - alle sind jung gestorben.
    Außerdem hat keine schwarze Witwe jemals wieder geheiratet. Aus den verstorbenen Ehemännern sind Heilige geworden, aus den Ehefrauen stolze Witwen. Auf die Idee, sich einen neuen Mann zu suchen, sind sie nie gekommen. Das geht dann ungefähr so: „Pah! Wofür brauche ich einen Mann? Ich hatte doch schon meinen Larry/Pete/Robbie. Er war die Liebe meines Lebens.“
    Bevor ich selbst Witwe wurde, dachte ich, dass die schwarzen Witwen es geradezu genossen , allein zu leben. Ich hielt sie für unabhängige Frauen, die stolz darauf waren, was sie erreicht hatten. Ich dachte, ihre Weigerung, noch einmal zu heiraten, wäre der Beweis für ihre Selbstsicherheit, für ihre Freiheitsliebe, ja sogar für ihre Macht. Als ich dann selbst Witwe wurde, kapierte ich es. Man kann sich einfach nicht vorstellen, sich noch einmal im Leben zu verlieben.
    Die Hintertür öffnet sich erneut. „Freitagabend, die Happy Hour ist da!“, erklingt eine vertraute Stimme.
    „Ethan!“, ruft der Chor der schwarzen Witwen Überraschung vortäuschend.
    Ethan Mirabelli, der jüngere Bruder meines verstorbenen Mannes, kommt mit einer Kühltasche herein.
    Er küsst jede einzelne schwarze Witwe, umarmt meine Mutter

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