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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gefährlich und unbekümmert – was sonst? Was ist ein Motorrad und eine schwarze Lederhose, wenn nicht die Uniform eines wilden, gefährlichen und unbekümmerten Mannes?
    Natürlich war ich überzeugt gewesen, bei ihm nicht die Spur einer Chance zu haben. Nie im Leben würde sich ein Mann, der aussah wie er und um den sich die Frauen bestimmt rissen, für ein so alltägliches Geschöpf wie mich interessieren.
    An mir war wirklich nichts Besonderes. Jedenfalls sah ich ziemlich durchschnittlich aus, hatte ganz gewöhnliche dunkelbraune, gelockte Haare und gab so viel Geld für dubiose Anti-Kraushaar-Mittel aus, daß es wahrscheinlich die Verwaltungskosten ungeheuer vermindert hätte, wenn ich mein Gehalt gleich an die Drogerie in der Nähe meiner Arbeitsstelle hätte überweisen lassen. Ich hatte ganz gewöhnliche braune Augen und als Strafe dafür, daß ich als Kind irischer Eltern zur Welt gekommen war, etwa acht Millionen Sommersprossen  – eine für jeden Iren, der bei der großen Hungersnot im 19. Jahrhundert umgekommen war, wie mein Vater immer sagte, wenn ihn der Alkohol rührselig gemacht hatte und er von der »alten Heimat« anfing.
    Doch trotz meiner Durchschnittlichkeit war Steven mit mir ausgegangen und hatte so getan, als gefiele ich ihm. Anfangs hatte ich kaum verstanden, warum so ein knackiger Typ wie er mit mir etwas zu tun haben wollte.
    Natürlich hatte ich ihm kein Wort geglaubt. Wenn er sagte, daß ich die Einzige in seinem Leben sei, nahm ich an, daß er log; wenn er behauptete, ich sei hübsch, suchte ich gleich nach dem Haken und überlegte, was er bei mir damit wohl erreichen wollte.
    Es machte mir nicht mal was aus, denn ich hielt es für normal, wenn man mit einem Mann wie Steven zusammen war.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis ich herausgefunden hatte, daß er es tatsächlich ernst meinte und nicht allen Frauen dasselbe sagte.
    Also hatte ich mich versuchsweise dazu durchgerungen, mich darüber zu freuen, war aber in Wirklichkeit verwirrt gewesen. Ich war eigentlich sicher, daß er insgeheim ein Doppelleben führte und ich von seinem anderen Leben nichts wissen durfte. Vielleicht fuhr er mitten in der Nacht mit dem Motorrad ans Meer, um am Strand wildfremde Frauen zu vernaschen, und dergleichen. Er sah danach aus. Ich hatte eine kurzlebige Affäre erwartet, bei der es voll Leidenschaft wie auf der Achterbahn auf und ab ging; eine Affäre, in der ich mit zum Reißen angespannten Nerven auf seine Anrufe wartete und vor Begeisterung außer mir sein würde, wenn er tatsächlich anrief.
    Aber er hatte immer genau dann angerufen, wenn er es versprochen hatte, und er hatte auch immer gesagt, ich sähe toll aus, ganz gleich, was ich anhatte. Doch statt darüber glücklich zu sein, hatte ich mich unbehaglich gefühlt. Obwohl ich genau das bekam, was ich mir gewünscht hatte, kam es mir sonderbarerweise so vor, als wäre ich zu kurz gekommen.
    Er fing an, mich zu sehr zu mögen.
    Eines Morgens, als ich aufwachte, sah er, auf die Ellbogen gestützt, auf mich herab. »Du bist wunderschön«, murmelte er. Es hörte sich so falsch an.
    Wenn wir miteinander im Bett waren, wiederholte er voll Leidenschaft und wie im Fieber Millionen von Malen: »Lucy, Lucy, o Gott, Lucy.« Ich versuchte mitzumachen und auch wie im Fieber und voll Leidenschaft zu sein, kam mir dabei aber nur blöd vor.
    Je mehr er mich zu mögen schien, desto weniger ertrug ich ihn, bis ich schließlich in seiner Gegenwart kaum noch atmen konnte.
    Seine Hymnen und seine Bewunderung erstickten und erdrückten mich. Unwillkürlich dachte ich, daß ich so gut nicht aussah, und wenn er das behauptete, konnte das nur bedeuten, daß mit ihm irgend etwas nicht in Ordnung war.
    »Warum magst du mich?« hatte ich ihn immer wieder gefragt.
    »Du bist schön« oder »Du bist sexy« oder »Du bist eine tolle Frau« waren seine widerlichen Antworten gewesen.
    »Bin ich nicht«, hatte ich verzweifelt zurückgegeben. »Wie kannst du so was sagen?«
    »Man könnte annehmen, daß du dich mit Gewalt herabsetzen willst«, hatte er mit zärtlichem Lächeln gesagt.
    Vermutlich hatte mir diese Zärtlichkeit den Rest gegeben. Sein zärtliches Lächeln, seine zärtlichen Blicke, seine zärtlichen Küsse und Liebkosungen, all diese Zärtlichkeit waren der reinste Alptraum.
    Und immer fummelte er an mir herum – es war zum Verrücktwerden.
    Wo wir gingen und standen, hielt er mit mir Händchen, stellte stolz zur Schau, daß ich »seine« Freundin war. Im Auto

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