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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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ruhig pulsierenden Ausstrahlung seiner Aura konnte Eloin
erkennen, dass er sich nicht in unmittelbarer Gefahr befand und seinen Teil des
Planes korrekt ausgeführt hatte. Ihr Sohn war in Sicherheit.
    Eloin hatte sich
gerade entschieden, Andreas eine geistige Warnung zuzurufen, als seine Energie
deutlich unruhig wurde, flackernd wie eine Kerzenflamme im Wind. Noch bevor
Eloin die Bedeutung dieses Gefühlsumschwungs wirklich begreifen konnte, ereilte
sie die Wirklichkeit.
    Ein gedämpfter
Schlag traf ihre Brust. Etwas Kleines, glühend Heißes wühlte sich erbarmungslos
durch ihr Fleisch, fraß sich bis tief zu ihren Organen durch. Der Aufprall
presste ihr alle Luft aus den Lungen und würgte den erschrockenen Schrei ab,
der über ihre Lippen dringen wollte.
    Und dann ... nichts
mehr.
    Das goldene Band,
das sie soeben mit ihrem Mann verbunden hatte, war mit einem einzigen, brutalen
Ruck gerissen, und dort, wo sie jahrelang seine Nähe gespürt hatte, war nur
noch eine saugende, alles verschlingende Leere, die keinen Zweifel daran ließ, was
der Schmerz bedeutete, den Eloin während ihrer geistigen Verbindung gemeinsam
mit Andreas gespürt hatte: Eloins schlimmster Albtraum hatte sich erfüllt. Sie
waren gescheitert.
    Andreas würde nicht
zurückkommen.
    Diese Erkenntnis
traf sie noch heftiger als die Kugel, die seinen Brustkorb durchschlagen hatte.
    Aus weiter Ferne drang
das dumpfe Läuten der Turmglocke an ihr Ohr. Der Sturm war vorüber, oder stand
noch bevor. Sie wusste es nicht, konnte das Signal nicht deuten, und es war ihr
auch gleich. Die Zukunft, die Gegenwart, all das hatte auf einen Schlag seine
Bedeutung verloren. Rötliches Sonnenlicht schimmerte durch die Ritzen der
morschen Bretter des Lagers und erleuchtete den bisher stockdunklen Raum. Sie
spürte, wie Tränen glitzernde Spuren über ihre Wangen zeichneten und die
Sonnenstrahlen des jungen Tages einfingen.
    Wenn das so ist , sagte Andreas Stimme in ihrem Kopf, dann wird mich nichts davon
abhalten, zu dir zurückzukehren. Nicht einmal der Tod. Sie wollte seine
Stimme nicht hören, wollte sein Gesicht nicht länger sehen.
    »Warum nur,
Andreas?« hauchte Eloin. »Warum nur hast du mich belogen?«
    Und mit einem Mal
war der Schmerz da. Er brach ganz unerwartet über sie herein und war so
furchtbar, dass ihr fast übel davon wurde. Sie schwankte gefährlich hin und
her, und einen Moment war sie sicher, die Besinnung zu verlieren. Das Lagerhaus
drehte sich um sie, schneller und schneller, ohne zur Ruhe zu kommen.
    » Du Mistkerl,
komm zu mir zurück! «, schrie Eloin. »Bitte ... komm zu mir zurück …«
    Ihre Stimme
versagte, sie schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte haltlos. Blut sickerte
ohne Unterlass aus der Wunde an ihrer Hüfte auf den staubbedeckten Boden,
bildete schillernde Pfützen im Licht der Dämmerung.
    Rot füllte die
winzige Kammer aus, füllte sie bis an den Rand, und Eloin war, als müsse sie
darin ertrinken – ertrinken in Rot und Schmerz.

Teil 1
    Erwachen
     
    »Feind,
du lügst, heb´ dich von hinnen«, schrie ich auf,
    beinah
von Sinnen,
    »Dorthin
zieh, wo Schatten wallen unter Winseln und Gewimmer,
    Kehr´
zurück zum dunklen Strande, laß kein Federchen zum Pfande
    Dessen,
was du prophezeitest, daß du diesen Ort entweihtest,
    Nimm
aus meiner Brust die Kralle, hebe dich von hinnen!« - »Nimmer!«,
    Krächzte
da der Rabe, »nimmer!«
     
    Der
Rabe, Edgar Allan Poe

Kapitel I
     
    Achtzehn
Jahre später
     
    Der kleine
Kanarienvogel auf meiner Hand sang so leicht und unbeschwert, als würde er in
einer Welt aus Zuckerwatte leben. Sein gelbes Gefieder schimmerte im Licht der
Abendsonne beinahe golden, und ich hatte das Bedürfnis, dem Tier über den zierlichen
Kopf zu streichen. Natürlich tat ich es nicht, denn obwohl der Vogel nun schon
so lange bei mir lebte, wie ich zurückdenken konnte, ließ er sich niemals greifen.
Bei jedem Versuch, ihn zu hätscheln oder festzuhalten, entzog er sich und
flatterte davon. Zwar hatte er mich noch nie angegriffen, aber ich akzeptierte
die von ihm gesetzten Grenzen. Er war frei und ungezähmt. So wie ich.
    Und
nicht anders als meine Freiheit war auch die seine nur Schein. Ich setzte den
Kanarienvogel zurück in seinen Käfig, wo das Licht die Schatten der Gitterstäbe
auf sein wunderschönes Gefieder warf. Als ich den Riegel vor die Tür der
Voliere schob, schien es mir, als wären seine Augen voller Trauer.
    Isis
– so hatte ich den Vogel genannt, denn der Name schien mir zu seiner

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