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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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man innerhalb einer halben
Stunde an Aktenbergen beseitigen kann?«
    »Und
wieso bist du nicht einfach eine halbe Stunde später gegangen, wenn es doch
keine feststehenden Arbeitszeiten gibt?«, fragte ich. Nicht, dass mich die
Antwort wirklich interessiert hätte.
    Ich
bekam auch keine. Stattdessen sah mich mein Vater mit einer Mischung aus
Verwirrung und langsam dämmerndem Begreifen an. Diese Idee war ihm scheinbar
noch gar nicht gekommen.
    Endlich
setzte das erlösende Knattern und Plätschern der Kaffeemaschine ein, und wir
beide konnten unser erzwungenes Gespräch beenden. Ich setzte gerade dazu an,
mich abzuwenden und zum Gehen fertigzumachen, als mich mein Vater plötzlich
zurückrief.
    »Laura?«
    Mit
hochgezogenen Augenbrauen wandte ich mich um.
    Im
verhärmten Gesicht des Mannes war ein Ausdruck leiser Verwunderung aufgetaucht,
und seine Augen wanderten fragend an mir herab. »Du siehst so … verändert aus.«
    »Ach,
meinst du?« Ich konnte den leisen Sarkasmus in meiner Stimme nur schwer unterdrücken.
    »Ja,
tatsächlich. So … weiblich.« Er räusperte sich unwohl. »Hast du heute noch
etwas vor?«
    »Nichts
Besonderes. Nur eine Schulveranstaltung.«
    Mein
Vater nickte langsam. »Ah ja.«
    Ich
nickte zurück, dann wandte ich mich ab und setzte zur Flucht an. Mit einem Mal
wirkte die Küche viel zu eng und zu heiß.
    »Du
siehst gut aus, Mäuschen«, hörte ich noch eine hastig stotternde Stimme, ehe
ich die Tür hinter mir ins Schloss knallte.
     
    Irgendwie war es
mir gelungen, mich an meinem Vater vorbeizuschleichen, ohne erneut mit seinem
ungewöhnlichen, blamierenden Versuch konfrontiert zu werden, mich so zu
behandeln, als wäre mein Leben für ihn von irgendeiner Bedeutung. In meinem
viel zu engen, viel zu bunten Kleid war ich die Treppen des Gemeindebaus
hinuntergestolpert, meine abgewetzte Tasche aus braunem Stoff dicht an mich
gepresst, als wäre sie der Rettungsring, der mich davon abhielt, in den Fluten
meiner eigenen Gedanken zu ertrinken.
    Nun
stand ich vor dem eisernen Tor des Schulgebäudes, das auf mich herabschielte
wie ein misstrauisches Auge. Einige Schüler in Anzügen und Abendkleidern
tummelten sich noch auf dem Gelände und rauchten genüsslich, im Großen und
Ganzen wirkten die Straßen um mich herum jedoch verlassen und irgendwie
trostlos.
    Niemand
beachtete mich, als ich durch die Qualmwolke der rauchenden Gäste tauchte und
das Schulgelände betrat. Ich durchquerte den Vorgarten aus Asphalt, die Augen
starr nach vorne gerichtet, nichts und niemanden sehen wollend. Längst war mir
bewusst geworden, dass ich einen schweren Fehler begangen hatte, doch es war zu
spät, um ihn rückgängig zu machen.
    Schon
als ich die breite Marmortreppe in der Aula hinaufstieg, drangen gedämpfte
Stimmen und leise Musik an meine Ohren. Schließlich erreichte ich die doppelflügelige
Tür, die in den Festsaal führte, hielt inne und atmete tief ein. Hinter dem aus
Milchglas gefertigten Fenster, das im Türblatt eingelassen war, tanzten einige
Dutzend verwaschene Schemen einen verwirrenden Reigen, dessen bloßer Anblick eine
bohrende Unruhe in mir wachrief. Waren das wirklich Menschen jenseits dieser
Tür, oder verbargen sich doch andere, schlimmere Dinge dahinter …?
    Wütend
fegte ich diese irrationalen Gedanken beiseite und stieß die Tür auf.
     
     

Kapitel II
     
    Im Festsaal
herrschte ausgelassene Stimmung. Die Anlagen waren auf volle Lautstärke gedreht
und spuckten einen schwer verdaulichen Bass, der die zahlreichen leeren Gläser
auf dem Buffet klirren ließ. Überall wurde getanzt und gelacht. Jugendliche
versuchten, die dröhnende Partymusik mit ihren eigenen Schreien zu übertönen,
um sich mit ihren Nachbarn zu unterhalten, und Gliedmaßen wurden im Takt des
harten Rhythmus´ durch den Saal gewirbelt.
    »Let´s
rock«, murmelte ich mit wenig Überzeugung und tauchte in die lärmende Masse
ein.
    Zwischen
schwitzenden Körpern kämpfte ich mich zur Bar durch und orderte bei dem
pickelgesichtigen, langhaarigen Kellner – wahrscheinlich ein Exschüler – ein
Glas Wein. Für gewöhnlich trank ich keinen Alkohol, aber heute war schließlich
auch kein gewöhnlicher Tag.
    Ich
bezahlte mit einem schiefen Lächeln und nahm einen tiefen Schluck, als wäre die
rote Substanz Medizin, die ich wie ein artiges Kind zu mir nahm. Augenblicklich
wurde mir etwas schwummrig im Kopf, was wohl auch daran lag, dass ich heute
noch nicht viel gegessen hatte.
    In
diesem Moment legte sich eine schmale

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