Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
eingeladen worden, um die Hochzeitsfotos zu bewundern. Auf den Fotos sah Cecilia glücklich und hübsch aus, und sie hatte dem Anlass zu Ehren darauf verzichtet, giftige Bemerkungen von sich zu geben, sobald sie Claes erblickte. Die große Katastrophe hatte sie zu jenem Zeitpunkt noch nicht heimgesucht.
Veronika betrachtete Cecilias entspannte Gesichtszüge. Ihr strahlendes Lachen. Gelassen hielt sie das Foto in der Hand und gewöhnte ihre Augen an den Anblick. Bisher hatte sie es vermieden, sich die Hochzeitsfotos anzusehen.
Natürlich verschwamm das Bild vor ihren Augen. Sie fuhr mit ihrem Zeigefinger über das glänzende Fotopapier und schluckte. Aber sie wappnete sich, fuhr in ihrer Betrachtung fort.
Mein großes Mädchen, hoffentlich bist du jetzt genauso stark und stur wie sonst!
Der Groll lag weit in der Vergangenheit. Die dunklen Wolken, die bereits aufgezogen waren, als Veronika Claes das erste Mal mitgebracht hatte. Die Tochter hatte sich geweigert, ihm die Hand zu schütteln, und Veronika in ihrem egozentrischen Liebesrausch war erschüttert gewesen. Sie könnte sich doch ruhig ein wenig für mich freuen, hatte Veronika damals gedacht. Aber die Hochzeit hatte die Wende gebracht. Als hätte Cecilia einfach nicht mehr genug Kraft zur Eifersucht besessen. Sie hatte sogar hingenommen, dass Claes ganz freundschaftlich den Arm um ihre Schultern gelegt hatte, als Mona fotografierte.
Janne und Mona hatten viele Fotos gemacht. Mona war die Fotografin. Es waren richtig gute Bilder geworden. Beide hatten betont, wie sehr sie die Einladung geehrt habe.
»In unserem Alter geht man nicht mehr so oft auf Hochzeiten. Es ist nur traurig, was dann geschah«, sagte Janne und deutete auf das Foto mit Cecilia.
Wohlweislich wich er Veronikas betrübtem Blick aus.
Es ist anders geworden, dachte Charlotte Eriksson.
Früher hatten sie sich bei ihren Treffen immer mit irgendetwas beschäftigt, einer Strickarbeit, einer Stickerei oder einem Rock, der gekürzt oder verlängert werden musste. Inzwischen waren sie längst nicht mehr so fleißig. Recht oft legten sie die Handarbeiten beiseite oder nahmen sie gar nicht erst mit. Alles zu seiner Zeit. Nur Alena Dvorska nähte immer. Charlotte selbst hatte keinen Spaß an Handarbeiten. Alena hatte ihr an diesem Abend wiederholte Male prüfende Blicke über ihre Stickerei, pastellfarbene englische Rosen auf dunklem Wollstoff, zugeworfen. Die beiden Frauen kannten sich gut.
Sie merkte plötzlich, dass der Weg vor ihr gesperrt war. Die Stengatan hatte sich in einen Graben verwandelt. Vielleicht wurden neue Leitungen für Fernwärme, Wasser, Strom oder Gas verlegt. Selbst ein Stück von der Friedhofsmauer war entfernt und der Erdboden davor ausgehoben worden. Die Steine der Friedhofsmauer lagen zu einem kleinen Hügel aufgetürmt.
Wieder hörte sie ein Auto hinter sich. Es überholte sie langsam. Sie sah ihm hinterher, konnte aber nicht erkennen, wer am Steuer des rostigen Volvo Kombi saß, der wie eine Rakete klang. Defekter Auspuff, dachte sie.
Sie sehnte sich nach ihrem Bett. Manchmal saß sie in der Diele im ersten Stock und las, um Harald nicht zu stören, der immer sofort einschlief. Jetzt wollte sie aber schnell unter die Decke kriechen und würde wohl auch gleich einschlafen, ohne noch lange in die Dunkelheit zu starren.
Sie runzelte die Stirn.
Kannte sie den Fahrer des Volvos? Er war extrem langsam vorbeigefahren.
Harald Eriksson schloss auf. Er fand nur mit Mühe das Schlüsselloch, da die Außenbeleuchtung nicht an war. Alle Fenster gähnten schwarz. Charlotte war also noch nicht zu Hause.
Es war immer ein wenig unbehaglich, zu einem dunklen Haus zurückzukehren. Er schaltete die Außenbeleuchtung ein, zog sich dann den Mantel aus, einen Burberry klassischen Schnitts, und hängte ihn auf einen Kleiderbügel. Noch hatte er das ebenso klassisch karierte Innenfutter nicht eingeknöpft. Er wartete ab. Darin war er ein Meister. Mit dem Mantelfutter war es wie mit den Handschuhen, wenn er sie erst einmal hervorgeholt hatte, war der Spätsommer endgültig vorüber, und Herbst und Winter hatten unwiderruflich Einzug gehalten.
Außerdem wusste er gar nicht, wo Charlotte die Handschuhe versteckt hatte oder wo sich das Mantelfutter befand. Das war sozusagen nicht sein Terrain, aber er ging davon aus, dass die Sachen in dem großen Schrank in der Diele zu finden waren.
Er hatte sich nun seine ochsenblutfarbenen Schuhe mit Ledersohlen ausgezogen, die Schuhspanner
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