Lust de LYX - Gesandter der Sinne (German Edition)
Als sie die Männer erreichte, erkannte sie den mit dem Brustpanzer aus der Arena wieder. Er hatte in der Nähe der Tore gestanden und den Kampf mit scharfen Augen verfolgt. Er trat vor und nahm ihre Hand.
Seine Haut war warm und um mehrere Schattierungen dunkler als ihre. Seine Augen blickten freundlich. »Mein Name ist Malik. Ich werde dich zu deiner Prüfung bringen.«
Meiner Vergewaltigung . Kavin wünschte, sie alle würden das Kind einfach beim Namen nennen, war jedoch klug genug, es nicht laut auszusprechen.
Sie nickte knapp – mehr brachte sie nicht zustande –, dann trat sie von Hana weg und ließ sich von dem Fremden mit dem Brustharnisch hinaus auf den Korridor führen.
Das Geschnatter der Frauen im Salon flaute ab, als sie mit widerhallenden Schritten die prächtige, von einer Gewölbedecke überspannte Freitreppe mit ihren hoch aufragenden Säulen hinabschritten. Zwei Wachen gingen ihnen voraus, eine bildete die Nachhut. Malik hielt ihre Hand und duldete nicht ein einziges Mal, dass Kavin sie ihm entzog, während sie Zayds protzigen Palast verließen und in den Sonnenschein traten.
Das gleißende Licht blendete Kavin so stark, dass sie die Augen mit der Hand abschirmen musste. Die Wärme, die der Staub unter ihren Füßen reflektierte, pulsierte gegen ihre Haut, doch sie nahm die Hitze des späten Nachmittags kaum wahr, als man sie in die Kutsche setzte. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, und ihr Puls begann zu rasen, während Malik hinter ihr einstieg und die Tür einrasten ließ. Die Kutsche ruckelte los, dann bahnte sie sich ihren Weg durch die betriebsamen Straßen von Jahannam.
Freie Dschinn konnten sich durch die Luft teleportieren, doch Sklaven war dies nicht möglich. Darum wusste jeder, an dem sie vorbeikamen, was Kavin war. Anhand von Zayds pompöser Kutsche ließ sich leicht erahnen, wohin sie unterwegs war und aus welchem Anlass.
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Jede Umdrehung der Räder, die sie ihrem Verhängnis näher brachte, trieb ihren Herzschlag weiter in die Höhe. Der Schweiß brach ihr aus allen Poren, rann über ihren Rücken und sammelte sich an ihrem Kreuz.
Früher hatte sie die imposanten Gebäude und altehrwürdige Architektur der Stadt charmant gefunden. Nun sah sie nur noch die auf den Dächern postierten Wachen, die Mauer, die die Stadt umringte und ihre Einwohner in Gefangenschaft hielt, den krassen Unterschied zwischen dem gemeinen Volk auf den Straßen und den Hochgeborenen wie Zayd, die in verschwenderischen Palästen wohnten und andere dazu zwangen, sich ihren Wünschen unterzuordnen.
»… denk daran, dann wird dir nichts geschehen.«
Maliks Stimme durchdrang ihre fieberhaften Gedanken. Unfähig, ihre hektische Atmung zu beruhigen, drehte sich Kavin zu ihm um. »W-was sagtest du?«
Er drückte ihre Hand. Sein Haar war kurz und dunkel, sein Körper schlank und muskulös. Aus dieser Nähe erkannte Kavin, dass er kein Hemd unter seinem Brustpanzer trug. Unter dem Rand des Leders, das seine linke Schulter und den Oberarm bedeckte, lugten die schwarzen Flammen der Sklaven-Tätowierung hervor.
Er war gar kein Bürgerlicher. Ihr Blick zuckte erneut zu seinem Gesicht. Er war ein Sklave, genau wie sie, dazu abkommandiert, den Willen eines anderen durchzusetzen. Und obwohl seine Augen freundlich blickten, verbargen sich in ihnen Geheimnisse, die sie nicht erfahren wollte. »Ich sagte gerade, dass der Marid in der Arena einschüchternd wirkt, doch in seiner Zelle tut er das umso mehr. Schwäche ist dein größter Feind. Bleib stark, dann kannst du unbesorgt sein.«
Unbesorgt . Ja, genau. Kavin war so weit von unbesorgt entfernt, dass es schon nicht mehr zum Lachen war.
Sie hielt die Augen stur auf den Sitz ihr gegenüber gerichtet, während die Kutsche über die Kopfsteinpflasterstraßen holperte und schließlich zum Stehen kam.
Der Schlag wurde geöffnet. Kavins Magen machte einen Satz wie ein fliegender Fisch, als Malik nach ihrem Arm fasste und sie auf die Füße zog. Blinzelnd trat sie ein weiteres Mal in den allmählich fahler werdenden Sonnenschein. Die Stein- und Holzwände der Arena reckten sich dem Himmel entgegen, aber anders als in den hektischen Straßen hinter ihnen, tummelten sich hier keine Zivilisten. Keine Krämer, die ihre Waren feilboten, keine Imbissverkäufer, die ihre dampfenden Speisen anpriesen, denn für diese späte Tageszeit waren keine Kämpfe mehr angesetzt. Stattdessen sah man überall noch mehr Wachen, noch mehr Rüstungen und
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