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Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Titel: Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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nach einem Haus nach Angel Fire gekommen. Sie hatte sich an einem Sonntagmorgen auf den gewundenen Landstraßen verirrt und die Kirche zufällig entdeckt. Die Gemeindemitglieder versammelten sich gerade zur Messe. Lydia hatte, ohne nachzudenken, angehalten, war aus dem Auto gestiegen und in die Kirche gegangen. Sie hatte sich eingeredet, sie nehme nur deshalb am Gottesdienst teil, weil sie sich ein Bild von ihren zukünftigen Nachbarn machen wolle. Dabei hatte sie kaum auf die Gläubigen geachtet, sondern nur auf den schlichten Innenraum aus Stein und Holz. Ein Mann spielte Gitarre, und die Musik bewegte Lydia zutiefst. Sie stand in der Nähe der Eingangstür, und nachdem sie eine Weile zugehört hatte, schlich sie hinaus. Vor der Kirche überreichte ein Mann mit einem Besen Lydia eine religiöse Broschüre, und sie bedankte sich. Einige Stunden später hatte ihr die Maklerin das Haus gezeigt, für das Lydia sich später entschied. Sie wollte es als Zweitwohnsitz nutzen, als Rückzugsort, denn meistens war sie in New York.
    Nach dem Hauskauf hatte sie die kleine Kirche nie wieder betreten. Sie hatte das Haus vor eineinhalb Jahren erstanden und insgesamt drei Monate dort verbracht. So lange wie jetzt war sie noch nie hier gewesen, seit fast fünf Wochen schon. Nun stand sie in der Dunkelheit und fragte sich, ob der Blinde sie bemerkt hatte. Aber offenbar war er zu beschäftigt, seine Gitarre zu polieren, die neben dem Hocker auf einem Tischchen lag. Dann nahm er das Instrument auf die Knie, stimmte es kurz und fing zu spielen an. Obwohl die Musik wunderschön war, fühlte Lydia sich plötzlich wie eine Einbrecherin. Sie drehte sich um und lief davon. Noch lange vernahm sie den Klang der Gitarre, denn in den stillen Wüstennächten ist jedes Geräusch kilometerweit zu hören.
    Als sie die lange, gewundene Einfahrt zu ihrem Haus erreichte, fühlte sie sich schon besser. Sie verlangsamte ihre Schritte und ging furchtlos die stille, dunkle Baumreihe entlang, die die Einfahrt säumte. Obwohl sie mehr als einmal im Leben mit brutaler Gewalt konfrontiert worden war, sorgte sie sich kaum um ihre körperliche Unversehrtheit. Es war, als hätte das Böse seine Macht über sie verloren, weil sie ihm schon zu oft begegnet war – zuerst als Kind, später als Journalistin, Sachbuchautorin und Beraterin für das Detektivbüro Mark, Hanley und Striker. Gewaltverbrechen war ihr Spezialgebiet. Die meisten Leute fürchteten sich vor der Dunkelheit, weil sie nicht wussten, was dort lauerte. Lydia hingegen wusste es nur zu gut.
    Als sie fast am Haus war, ging der Bewegungsmelder an, und bernsteinfarbenes Licht durchflutete den Garten. Etwas raschelte im Gebüsch. Lydia lief ums Haus herum, tippte den Zahlencode an der Tür ein und stieg aus den schlammverschmierten Joggingschuhen, bevor sie das Foyer mit dem hellen Holzboden betrat. Sie schloss die Tür hinter sich und gab einen weiteren Code ein, um den Alarm wieder zu aktivieren. Die Außenbeleuchtung erlosch. Lydia machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten, bevor sie die Wendeltreppe zum Schlafzimmer hinaufstieg, die feuchten Kleider auszog und sich auf dem Bett ausstreckte. Eigentlich hatte sie duschen wollen, aber dann wurde sie von einem tiefen, festen Schlaf übermannt.
    Später im Traum kehrte sie noch einmal in den Garten hinter der Kirche zurück. Normalerweise zog sie sich in den Schlaf zurück wie in einen dunklen, stillen Kokon. Das Alltagsleben verfolgte sie nie, traumatische Erlebnisse nur äußerst selten bis in ihre Träume. Nur nachts war sie unbelastet und frei.
    Im Traum stand sie wieder vor dem Garten und sah den Mann in der Kirche Gitarre spielen. Sie konnte jedoch nichts hören, so als wäre sie durch eine dicke Glaswand von dem Blinden getrennt. Anstatt davonzulaufen, öffnete sie das Gartentor und trat ein. Sie lief den Pfad entlang. Die Blumen hatten sich verändert. Sie wiegten sich geheimnisvoll, fast lauernd in der milden Nachtluft. Die Blüten tuschelten über sie und verbreiteten gemeine Lügen, die jedoch umso glaubwürdiger erscheinen würden, je heftiger Lydia widersprach. Sollten sie doch tuscheln. Vergiss die blöden Blumen , dachte sie.
    Sie lief bis zur geöffneten Tür. Der Blinde drehte den Kopf. Er hat mich gehört . Auf einmal wurde sein Blick klar; er konnte sie sehen.
    »Sie ist hier«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln.
    Lydia strahlte ihn erleichtert an.
    »Oh, Sie können wieder sehen! Das freut mich für Sie.«
    »Wichtig

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